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Erneuerbare-Energie-Projekte in der Praxis
Der Energie-3-Sprung

Der Umstieg von fossiler auf Erneuerbare Energien ist längst noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, gibt es noch große Aufgaben zu bewältigen, zum Beispiel den „Energie-Dreisprung“: 1. Energiebedarf senken; 2. Energieeinsparung durch Verbesserung der Energieeffizienz; 3. nachhaltige Energieerzeugung mittels erneuerbarer Energien.

Die Katastrophe von Fukushima hat nirgendwo auf der Welt zu so eindeutigen politischen Reaktionen geführt, wie in Deutschland. Seit der plötzlichen und nicht unumstrittenen Entscheidung Angela Merkels zum kompletten Ausstieg aus der Kernkraft hat sich die deutsche Energiewende zu einem facettenreichen, gesamtgesellschaftlichen Projekt entwickelt, über das sich viel Wissenswertes lesen lässt. Aber Theorie ist grau und daher bekamen die Teilnehmer des von der Hanns-Seidel-Stiftung organisierten Seminars „Aktuelles zur Energieversorgung“ im Rahmen einer Exkursion direkt vor Ort Einblicke in die verschiedenen Aspekte der Energiewende. Zentrales Thema: Der Energie-3-Sprung:

Holzhäuser im "Passivhausstandart" benötigen keine klassischen Heizungen mehr (Aufnahme bei der Firma "Augsburger Holzhaus")

Holzhäuser im "Passivhausstandart" benötigen keine klassischen Heizungen mehr (Aufnahme bei der Firma "Augsburger Holzhaus")

Peter Holm; HSS

I. Energiebedarf senken

Dass moderne Holzhäuser wenig mit den Trapper-Hütten aus alten Western-Filmen zu tun haben, kann man in Gersthofen bei Augsburg besichtigen. Hier werden seit 20 Jahren Holzhäuser im „Passivhausstandart“ produziert, also Holzhäuser, die so gut gedämmt gefertigt wurden, dass sie keine klassischen Heizungen mehr benötigen. Die Außenwände und -hautelemente sind dabei bis zu 50 cm stark und werden meist mit dem gut isolierenden Wärmedämmstoff "Isofloc" – ein aus Zeitungspapier aufbereiteter Dämmstoff, der ganz hervorragende Wärmedämmeigenschaften aufweist, am Bauort ausgefüllt.

II. Energieeffizienz steigern

In Wessling, einer oberbayerischen Gemeinde zwischen Ammer- und Starnberger See ist der Firmensitz von „BluMartin“, einem derjenigen Unternehmen, die sich, wie unter anderem „Pluggit“, „Neue Wärme“ oder die „Pedotherm GmbH“ mit Frischluftsystemen für energiesanierte Häuser beschäftigen. Angesichts der immer höheren Ansprüche hinsichtlich der Wärmedämmung werden solche Gebäude immer besser isoliert gebaut, so dass eine optimale, energieeffiziente  Lüftung entscheidend ist, um beispielsweise Schimmelbildung vorzubeugen. Die technischen Einrichtungen zur Raumbelüftung müssen so konzipiert sein, dass in den Räumen gesundes und ökologisches Wohnen bei ungestörtem Schlaf und gleichzeitig möglichst geringen Wärmeverlusten möglich ist. Dies wird bei „BlueMartin“ durch einen integrierten Wärmetauscher erreicht, der etwa 90 % der Abluftwärme des Belüftungsapparates wieder in die kühlere Zuluft einspeist und so hilft, Heizkosten zu sparen.

Die Anlage produziert Strom für das Firmengelände, der Rest wird ins Erdgasnetz eingespeist.

Die Anlage produziert Strom für das Firmengelände, der Rest wird ins Erdgasnetz eingespeist.

Peter Holm; HSS

III. Erneuerbare Energien ausbauen

Energieeffiziente Geräte und Passivhäuser leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, aber bis auch die Produktion der Energie ökologisch gestalten wird, bleibt die deutsche Energiewende eine Farce. Biogasanlagen gelten dabei als vielversprechende Technologie für die Energiewende, obwohl sie nicht völlig unumstritten sind. So wird den Betreibern von Biogasanlagen mitunter vorgeworfen durch den Anbau von Energiepflanzen einerseits die Ausbreitung der Monokulturen zu fördern und andererseits durch eine solche Nutzung ihrer Flächen in Konkurrenz zum Lebensmittelanbau zu treten. Die Biogasanlage der Firma Abel-Retec bei Mammendorf zeichnet sich dadurch aus, dass das erzeugte Biogas nur knapp zur Hälfte für den Betrieb eines Blockheizkraftwerkes zur Produktion von Wärme und Strom auf dem Gelände eingesetzt wird, um beispielsweise die Fermenter zu beheizen. Die verbleibende größere Biogasmenge wird in das öffentliche Erdgasnetz eingespeist.

Letzte Station der Exkursion war die Gemeinde Fuchstal am Lech, wo Bürgermeister Erwin Karg über den steinigen Weg zur Errichtung von vier Windrädern berichtete. Ursprünglich waren 20 Windräder in einem Waldstück im Süden der beschaulichen Landgemeinde zwischen Kaltental, Osterzell und Denklingen geplant aber nach dem Rückzug der Nachbargemeinden seien die Ursprungsplanungen nicht mehr zu halten gewesen, wie Karg bedauernd anmerkt. Jedes seiner Windkraftwerke hat eine Leistung von 3 und produziert so Strom auf umweltfreundliche Weise, auch wenn über die optischen Qualitäten der Anlagen mit einer Nabenhöhe von 150 Metern sicherlich gestritten werden kann, die weithin sichtbar aus dem Wald ragen. An diesem Standort weht der Wind mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 5,9 m/s, ideale Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Betrieb.

Landwirtschaft, Umweltschutz, Energie, Verbraucherschutz
Wolfgang Schwirz
Leiter