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Politischer Kommentar
Dunkle Wolken über dem Weltklima – Trump schlägt Obamas Erbe aus!

Die Kulisse scheint im Nachhinein fast zynisch: Im prächtigen Rosengarten des Weißen Hauses kündigte gestern US-Präsident Donald Trump an, die USA aus dem Pariser Klimaabkommen von 2014 abzuziehen, dem heute beinahe 200 Nationen angehören.

Bewertete die New York Times Trumps Europareise und Angela Merkels daraufhin geäußerte Zweifel an der Verlässlichkeit der USA noch als „potentiell seismische Verschiebung“ in den transatlantischen Beziehungen¹, folgt mit dem Austritt ein tatsächlicher Tsunami.

Der G8-Gipfel in L'Aquila 2009 setzte das Ziel, die Erderwärmung deutlich zu reduzieren.

Der G8-Gipfel in L'Aquila 2009 setzte das Ziel, die Erderwärmung deutlich zu reduzieren.

White House (Pete Souza) / Maison Blanche (Pete Souza); The Official White House Photostream

„I was elected to represent the citizens of Pittsburgh, not Paris”

Es hatte sich bereits in den vergangenen Wochen abgezeichnet und auch ein internationaler Appell konnte seine Entscheidung nicht umkehren. Getreu seines im Wahlkampf proklamierten Credos „America First“ rechtfertigte Präsident Trump seinen Entschluss, das Pariser Abkommen zur Begrenzung des Klimawandels zu verlassen, mit wirtschaftlichen Argumenten. Er sei in erster Linie dem amerikanischen Volk verpflichtet und das Klimaabkommen stelle einen schlechten Deal für die USA dar. Im Gegensatz zu China und Indien unterlägen die USA durch das Abkommen unfairen Bedingungen, die die amerikanische Wirtschaft, vor allem den Energiesektor und dortige Arbeitsplätze gefährdeten. Mit dem Austritt erfüllte Trump zwar eines seiner zentralen Wahlversprechen, doch bleibt abzuwarten, ob die von der Administration erhofften positiven Effekte für die amerikanische Wirtschaft eintreten werden. Amerikas führende Unternehmen, u.a. auch Vertreter aus dem Energiesektor, bezweifeln dies. Die Tatsache, dass in der Energiegewinnung heutzutage mehr als doppelt so viele Amerikaner im Solar- und Windenergiesektor tätig sind wie im Bereich der fossilen Brennstoffe stützt die Skepsis aus dem Privatsektor – auch, dass der Strompreis für Kohle auf dem US-Markt gegenüber den deutlich billigeren erneuerbaren Energien nicht mehr konkurrenzfähig ist. Ungeachtet der ungewissen wirtschaftlichen Entwicklung müssen negative Folgen für das Klima nicht zwangsläufig eintreten – zumindest noch nicht. Mit sofortiger Wirkung werden sich die USA zwar nicht länger an die ohnehin nicht bindenden Richtlinien des Klimaschutzvertrages halten. Zudem werden sie die Zahlungen an den UN Green Climate Fund einstellen, ein internationales Hilfsprogramm, das ärmeren Ländern bei der Bewältigung des Klimawandels helfen soll. Doch formal können die USA erst im November 2020, symbolträchtig unmittelbar nach der nächsten US-Präsidentschaftswahl, austreten. Ein Wechsel im Weißen Haus könnte Schlimmeres verhindern. Außerdem brachten im föderalen System der USA traditionell Städte und Bundesstaaten und nicht die Bundesregierung amerikanische Initiativen zum Klimaschutz voran. Betrachtet man erste Reaktionen aus Großstädten wie New York und aus demokratisch-geprägten Bundesstaaten wie Kalifornien, kann man gewiss sein, dass sich diese Tradition fortsetzen wird. Zugleich haben einige globale Unternehmen angekündigt, diese unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht einfache Anstrengung freiwillig mitzutragen. Der internationale Klimaschutz muss, ja darf sich also noch nicht gänzlich geschlagen geben. Das innen- und außenpolitische Signal, das die USA unter Trump damit senden, ist jedoch gravierend.

Will der Welt noch mehr einheizen: Donald Trump

Will der Welt noch mehr einheizen: Donald Trump

Die nächste Errungenschaft Obamas wird revidiert

Trumps gestrige Ankündigung stellt die bislang dramatischste Umkehrung von Präsident Obamas Vermächtnis dar. Innenpolitisch hob er bereits per präsidentiellem Dekret eine Vielzahl von Regulierungen der Vorgänger-Administration auf. Mit Hilfe des republikanisch-dominierten Repräsentantenhauses im Kongress leitete er zudem nach Anlaufschwierigkeiten erfolgreich erste Schritte ein, um Obamas historische Gesundheitsreform abzuschaffen. Außenpolitisch brüskierte er nicht nur Amerikas älteste Verbündete in der NATO, sondern setzte während seiner Reise nach Saudi-Arabien auch Obamas Politik der Annäherung an den Iran zurück, die auf eine ausgewogene Machtbalance zwischen Teheran und Riad abzielte. Iran und Saudi-Arabien konkurrieren im Mittleren Osten um die regionale Vorherrschaft. Dieser Logik folgend konnte zudem durch das Abkommen 2015 der Atomkonflikt mit dem Iran auf diplomatische Weise vorerst beigelegt werden. Glaubt man den Informationen, die gegenwärtig aus dem Weißen Haus durchsickern, ist Obamas Öffnung gegenüber Kuba die nächste politische Initiative, die revidiert werden soll.

Chinas Premier Li Keqiang: Mehr grün als rot.

Chinas Premier Li Keqiang: Mehr grün als rot.

Agência Brasil; Marcelo Camargo/Agência Brasil

Der liberale Hegemon verlässt die Bühne

Für uns Europäer viel schwerwiegender ist allerdings, dass dieser Schritt die bisher vorherrschende und von den USA angeführte liberale Weltordnung zerrüttet. Mit dem Austritt geben die USA in dieser Hinsicht ihre globale Führungsrolle auf und hinterlassen ein Vakuum, das Europa alleine nicht schließen kann und China nur allzu gern füllen möchte. Es ist möglich, dass andere Staaten dem Beispiel der USA folgen und die Bereitschaft, die Richtlinien zur Reduzierung der Treibhausemissionen konsequent umzusetzen, generell abnimmt. Erfreulich ist die geschlossene Reaktion aus Europa. Trotz großer Bestürztheit übten Deutschland, Frankreich und Italien den Schulterschluss und gaben einer erneuten Verhandlung des Klimaabkommens, wie von Trump anvisiert, bereits eine klare Absage. Europa will unbeirrt am Ziel festhalten, die Erderwärmung zu begrenzen – auch wenn dies ohne den liberalen Hegemon deutlich schwerer geworden ist. Mit China bietet sich indes ein eigentlich ungewöhnlicher Partner an. Während Trump offen mit dem Protektionismus liebäugelt, präsentiert sich Peking mehr und mehr als Champion des Freihandels. Nun bietet China auch noch in Sachen Klimaschutz Europa eine starke Schulter an, für die Europäer bietet sich eine verkehrte Welt. Während Präsident Obama noch versuchte, China durch Initiativen wie die inzwischen von Trump aufgekündigte Transpazifische Partnerschaft (TPP) einzudämmen, eröffnet Trumps America-First-Politik dem Reich der Mitte neue Räume. Dies stellt die USA ins Abseits und Europa vor ungewisse Zeiten.

 

Autorin: Andrea Rotter, HSS

[1] Smale, Alison und Steven Erlanger: Merkel, After Discordant G-7 Meeting, Is Looking Past Trump, New York Times, 28.5.2017, https://www.nytimes.com/2017/05/28/world/europe/angela-merkel-trump-alliances-g7-leaders.html?_r=1, Stand: 31.5.2017.

Leiterin Akademie für Politik und Zeitgeschehen

Prof. Dr. Diane Robers
Außen- und Sicherheitspolitik
Andrea Rotter, M.A.
Leiterin