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Franz Josef Strauß - Staatsmann und Freund

„Es ist erstaunlich, was der Mensch an Lob aushält.“ Wilfried Scharnagl begann seinen Vortrag zum 100. Geburtstag von Franz Josef Strauß mit einem Zitat seines alter egos. Seine kurzweilige Rede am 19. August 2015 im Konferenzzentrum München war gespickt mit Anekdoten, die die Zuschauer schmunzeln ließen.

Hans-Peter Niedermeier und Wilfried Scharnagl

Hans-Peter Niedermeier und Wilfried Scharnagl

Dass jemand wie Wilfried Scharnagl schon vor seiner Rede in höchsten Tönen gelobt wird, überrascht nicht. So begann er bei seinem Vortrag über „Franz Josef Strauß – Staatsmann und Freund“ mit einem Zitat seines alter egos: „Es ist erstaunlich, was der Mensch an Lob aushält.“ Im Rahmen der mehrteiligen Veranstaltungsreihe zu Strauß‘ 100. Geburtstag erzählte Scharnagl einige Episoden, die er mit dem ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten erlebt hatte. Im Mittelpunkt stand die Politik ebenso wie die Menschlichkeit Strauß‘. Die kurzweilige Rede war gespickt mit Anekdoten, die die Zuschauer, vor allem Zeitzeugen und Stipendiaten, schmunzeln ließen. Scharnagl verdeutlichte, wie oft FJS gegen den Strom geschwommen war – und welche politische Weitsicht er dabei gezeigt hatte.

Immer wieder gab es Reibereien zwischen Franz Josef Strauß und seinen Parteikollegen. Scharnagl betonte: „Die CSU ist – und war von ihrer Gründung an – keine Harmonieveranstaltung.“ Ein Beispiel dafür ist in der bayerischen Schulpolitik zu Straußens Zeiten zu finden: Während sich die Landtagsfraktion für Konfessionsklassen ausgesprochen hatte, meinte Strauß: „Wir sind eine christliche Partei, aber wir sind nicht die Partei des Kardinals.“ Schließlich kam es doch zu einer Einigung. Diese Episode zeigt, dass FJS auch immer wieder aus der eigenen Partei Gegenwind hatte, egal ob als Bundesminister oder Bayerischer Ministerpräsident. Zumal ihm „größere Streitkompetenz als Versöhnungskompetenz“ nachgesagt worden war, wie Scharnagl berichtete. FJS‘ Prämisse lautete: „Gegenwind richtet auf, Rückenwind beugt.“ Jedoch zweifelte – oder gar verzweifelte – FJS nie an seiner Partei, die er geprägt hat, wie kein anderer. „Das Leben mit der CSU und für die CSU hat Straußens Leben bestimmt.“ Über 27 Jahre hatte er, die Geschicke der Partei gelenkt. Die Stärke dieser Volkspartei in Bayern war für Strauß auch die Voraussetzung für die bundespolitische Bedeutung der CSU.

Wilfried Scharnagl zitiert Franz Josef Strauß: „Gegenwind richtet auf, Rückenwind beugt.“

Wilfried Scharnagl zitiert Franz Josef Strauß: „Gegenwind richtet auf, Rückenwind beugt.“

Heute wird Strauß in den Medien oft als bulliger, störrischer Politiker dargestellt. Aber: „Strauß war anders, als das von ihm veröffentlichte Bild. Den Franz Josef Strauß, den ich in vielen Jahren und Jahrzehnten kennengelernt habe, habe ich darin nicht gefunden“, sagte Scharnagl. Seine politischen und menschlichen Fähigkeiten würden, vor allem vom politischen Gegner, nicht hinreichend wahrgenommen, befand der ehemalige Chef des Bayernkuriers. So stellte er die Klage gegen die Anerkennung einer Zweistaatlichkeit Deutschlands, die auf Drängen Strauß‘ beim Bundesverfassungsgericht eingereicht wurde, als politischen Meilenstein in FJS‘ Wirken dar. Dadurch erst sei die Tür zur Wiedervereinigung offen gehalten worden. Ebenso die Kritik an der Brüsseler Bürokratie – ein Thema, das heute wie vor 40 Jahren beschäftigt –, die Notwendigkeit der Einhaltung von Verträgen („pacta sunt servanda“) und die Entwicklung Bayerns von einem Agrar- zu einem Industriestaat prägen Strauß‘ politisches Erbe. Dabei war für den Staatsmann kein Problem zu geringwertig oder zu groß: „Wer groß im Großen sein will, muss auch groß im Kleinen sein.“

Doch dass „der größte bayerische Staatsmann der Nachkriegsgeschichte“ (Scharnagl) nicht nur eine politische, sondern auch eine große menschliche Seite hatte – auch das wurde deutlich in Scharnagls Vortrag. Er erzählte von gemeinsamen Männerausflügen in den Alpen und den schweren Stunden, als Strauß vom Tod seiner Ehefrau Marianne erfahren hatte. Eine weitere Eigenschaft, die FJS auszeichnete wie kaum einen anderen, war seine Wissbegierigkeit, die seinen Freund Scharnagl immer wieder faszinierte. So wollte Strauß stets technische Innovationen nicht nur begutachten, sondern verstehen. Ein Beispiel: der Garchinger Forschungsreaktor. Und wusste FJS eine Englischvokabel nicht, so wurde diese in einem großen Wörterbuch nachgeschlagen und anschließend in das Vokabelheft übertragen.

Durch die vielen verschiedenen Episoden, die er mit FJS erlebt hatte, zeichnete Scharnagl ein Bild des ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten nach, das dem Titel der Veranstaltung entsprach: „Franz Josef Strauß – Staatsmann und Freund“.

Thomas Michael Klotz

Leiterin Institut für Begabtenförderung

Dr. Jutta Möhringer