Print logo

Grundsätzliches auf ein neues Fundament stellen: Quo Vadis Europa?
Chancen und Herausforderungen für die EU

Autor: Dr. Sarah Schmid

Die Europäische Union hat einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, Frieden, Demokratie und Prosperität in Europa zu sichern. Doch gleichzeitig sieht sie sich seit einigen Jahren mit einer Vielzahl an Krisen konfrontiert, zu denen die Schuldenkrise, die Migrationskrise, die Corona-Pandemie und nun auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine zählen.

Der Vorsitzende der HSS, Markus Ferber, MdEP sieht  großes Potenzial in der EU, die Transformationsprozesse des 21. Jahrhunderts zu bewältigen.

Der Vorsitzende der HSS, Markus Ferber, MdEP sieht großes Potenzial in der EU, die Transformationsprozesse des 21. Jahrhunderts zu bewältigen.

HSS

„Nur weil sich Risse im Fundament unseres europäischen Hauses zeigen, dürfen wir es doch nicht einfach niederbrennen, wie das Populisten von rechts und links immer fordern.“

Das betont der Vorsitzende der HSS und Europaabgeordnete Markus Ferber. Statt einer Revolution bedürfe es einer Erneuerung, um den Staatenverbund zukunftsfest aufzustellen und gerade im Bereich seiner Kernkompetenzen weiter zu stärken.

„Es sind die Bürgerinnen und Bürger, die Europa tragen“, bekräftigt der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten im bayerischen Landtag Dr. Gerhard Hopp, der selbst in einer Grenzregion aufgewachsen ist und sich noch an ein geteiltes Europa erinnert. Der Landtagsabgeordnete aus der Oberpfalz resümiert:

„Die deutsche Wiedervereinigung und die europäische Erweiterung haben meine Heimat in die Mitte Europas gerückt, gleichzeitig sind durch den Binnenmarkt neue wirtschaftliche Perspektiven eröffnet worden".

Diese Errungenschaften müssten stärker herausgestellt werden. Um die Vielfalt Europas den Menschen wieder näher zu bringen, setzt er auf den interkulturellen Austausch, die Förderung von Sprachkompetenz und eine Stärkung der europäischen Öffentlichkeit.

Der ehemalige Bundesminister für Finanzen, Dr. Theo Waigel, sieht Handlungsbedarf bei der Fiskalpolitik.

Der ehemalige Bundesminister für Finanzen, Dr. Theo Waigel, sieht Handlungsbedarf bei der Fiskalpolitik.

HSS

Auch Dr. Theo Waigel teilt diesen positiven Blick auf Europa. „Das Negative kann jeder aufzählen, dabei drohen aber die historischen Errungenschaften der EU verschleiert zu werden“, kritisiert er. Gefragt, wo er aktuell besonderen Handlungsbedarf sieht, verweist er auf die Fiskalpolitik. der ehemalige Bundesminister für Finanzen mahnt die politischen Entscheidungsträger wieder zu mehr Haushaltsdisziplin und erläutert:

„Der Euro hat keine Geburtsfehler, wohl aber Erziehungsfehler.“

Damit die EU auch für künftige Generationen auf einem stabilen fiskalischen Fundament stehe, sei eine Einhaltung der Konvergenzkriterien, die ein jährliches Haushaltsdefizit von höchstens drei Prozent und eine maximale Verschuldungsobergrenze von 60 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt vorsehen, zwingend erforderlich. Doch „was lösbar ist, kann man auch lösen“, zeigt sich Waigel zuversichtlich und wünscht sich wieder „mehr Mut, um die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen“.

Dr. Gerhard Hopp (links) möchte den Menschen die Vielfalt Europas  wieder näher bringen und  setzt auf interkulturellen Austausch.

Dr. Gerhard Hopp (links) möchte den Menschen die Vielfalt Europas wieder näher bringen und setzt auf interkulturellen Austausch.

HSS

Chancen nutzen

In diesem Sinne sieht auch Europaparlamentarier Markus Ferber ein großes Potenzial der EU, die Transformationsprozesse des 21. Jahrhunderts zu bewältigen und wirbt für einen europäischen Weg in der Digitalisierung. „In Asien gibt es Staaten, die die Digitalisierung zur Überwachung und Kontrolle ihrer Bürger einsetzen, während in den USA Daten kommerzialisiert werden“, erläutert er. Beide Ansätze sind aus seiner Sicht jedoch problematisch und er spricht sich für ein europäisches Modell aus, das die Chancen der Digitalisierung nutzt, gleichzeitig aber auch die Rechte des Individuums schützt.

Auch im Bereich der Sicherheitspolitik sieht Anja Opitz, die an der Akademie für Politische Bildung in Tutzing den Bereich Internationale Beziehungen und Sicherheitspolitik leitet, Handlungsbedarf. Wenn es um die Außen- und Sicherheitspolitik gehe, müsse die Europäische Union „glaubwürdig, reaktionsfähig und koordiniert“ werden. Nichtsdestoweniger warnt sie vor einer zu negativen Einschätzung des Status Quo. Sie betont:

„Die EU hat weltpolitisches Gewicht und wird gerade im globalen Süden als starker außenpolitischer Akteur gesehen“.

Wichtig sei, zwischen der Außenpolitik, der Sicherheitspolitik und der Verteidigungspolitik genau zu differenzieren und vor allem die divergierenden Erwartungshorizonte der EU-Mitglieder in diesen Bereichen zu berücksichtigen.

Neben der Neuerung brauche es auch das Vertrauen in das Bewährte, argumentiert schließlich Christian Hoferer, der Bundesvorsitzende der Paneuropa-Jugend. In der Subsidiarität sieht er einen wichtigen Ansatz, um die EU effizient und bürgernah zu gestalten. Er veranschaulicht: 

„Subsidiarität ist wie ein Aufzug, der sowohl nach oben wie nach unten fährt“ .

Alles, was auf regionaler und nationaler Ebene politisch bearbeitet werden könne, solle auch in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten verbleiben. Gleichzeitig gebe es jedoch immer mehr grenzüberschreitende Herausforderungen, die sich nur im Staatenverbund lösen ließen. „Hier die richtige Balance zu finden, ist unser zentraler Auftrag für die Zukunft“ appelliert Hoferer.

Kontakt

Leiterin: Dr. Sarah Schmid
Verfassung, Europäische Integration und Gesellschaftliche Partizipation
Dr. Sarah Schmid
Leiterin
Telefon: 
Fax: