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Interview zur Zukunft des Bankwesens
Kryptowährungen und Bitcoins als Zahlungsmittel

Autor: Susanne Hornberger

Der bargeldlose Zahlungsverkehr ist weltweit auf dem Vormarsch, Krypotwährungen werden kontrovers diskutiert, Ende 2018 wird die EU die Ausgabe des 500-Euro-Scheins einstellen. „Bargeld und Bitcoins“ war auch das aktuelle Thema bei einer Veranstaltung mit 130 Teilnehmern der HSS am vergangenen Freitag (siehe Infokasten). Wir haben unsere Veranstaltung als Anlass genommen, den Vorstandsvorsitzenden der Bayerischen Landesbank, Dr. Johannes-Jörg Riegler, Fragen zum Themenkomplex zu stellen.

Info:

Bei unserer Veranstaltung diskutierten Prof. Dr. Florian Matthes, Leiter des Lehrstuhls Software Engineering for Business Information Systems von der TU München und Prof. Dr. Gerald Mann von der Hochschule für Ökonomie und Management München. Die Diskussion beschäftigte sich mit der fortschreitenden Digitalisierung der Finanzmärkte und dem möglichen Ersatz des Bargelds durch Kryptowährungen. Mit "Bargeld vs. Bitcoins" wird sich in der übernächsten Ausgabe der Politischen Studien (Heft 479 - erscheint vor. Anfang Juni) auch unser Generalsekretär, Dr. Peter Witterauf, in seinem Beitrag beschäftigen.

Ein Mann in Anzug lächelt zurückhaltend.

Dr. Johannes-Jörg Riegler (*1964) ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender der BayernLB.

Bayerische Landesbank

HSS: Hat Bargeld überhaupt noch eine Zukunft? Oder werden Krypto- bzw. Digitalwährungen auf lange Sicht das Bargeld komplett verdrängen?

 

Dr. Johannes-Jörg Riegler: "Die Zukunft von Bargeld hängt weiterhin primär von den Präferenzen der Bevölkerung und den Zielvorstellungen der jeweiligen Regierungen und Zentralbanken ab. Im Vergleich zu anderen Nationen haben die Deutschen eine hohe Präferenz für Bargeld. Eine weitgehende Abschaffung von Bargeld würde wahrscheinlich auch hierzulande die Nachfrage nach Kryptowährungen wie Bitcoin erhöhen. Schließlich ist Bitcoins Anspruch, digital zu sein aber dennoch die Eigenschaften von physischem Bargeld aufzuweisen."

 

HSS: Welche Vor- bzw. Nachteile haben Krypto- bzw. Digitalwährungen gegenüber dem bisherigen, traditionellen Zahlungsverkehr?

 

"Bei dezentralen Kryptowährungen wie Bitcoin zeigt sich im Zuge der steigenden Transaktionszahlen, dass die Abwicklung von Zahlungen mittels eines verteilten Netzwerkes, also ohne einzelne Vermittlerstellen, nicht effizient ist. Entsprechend sind die Transaktionskosten mittlerweile beachtlich. Die Nutzung von Bitcoin in der jetzigen Form hat daher Nachteile gegenüber dem traditionellen Zahlungsverkehr. Es wird jedoch derzeit an Anwendungen gearbeitet, die keine globale Verifikation von Bitcoin-Transaktionen vorrausetzen. Auch wenn dieses System, in Fachkreisen „Lightning Network“ genannt, noch nicht ganz ausgereift ist, haben einige Risikofreudige über dieses Zahlungsnetzwerk bereits erste Transaktionen mit realen Gütern getätigt. Das Lightning Network verspricht, wie der Name schon nahelegt, blitzschnelle Transaktionen und ein enormes Transaktionsvolumen per Sekunde zu sehr geringen Kosten. Damit könnten auch Mikrotransaktionen möglich werden. Ein solches System könnte den Zahlungsverkehr in einigen Jahren revolutionieren."

 

HSS: Oder platzt die Blase der Digitalwährungen (siehe Kurssturz Bitcoin am Anfang des Jahres)?

 

"In Ländern mit instabilen politischen Institutionen und Währungssystemen ist die Nachfrage nach einer gut zu transferierenden, zensurfreien, und nicht beliebig vervielfältigbaren Währung hoch. Allein vor diesem Hintergrund erscheint es unwahrscheinlich, dass Bitcoin schlagartig wieder verschwindet. Es bleibt aber abzuwarten, wie umfassend die Adoption von Bitcoin in den nächsten Jahren sein wird, zumal der Gegenwind von Regierungs- und Zentralbankseite in einigen Ländern wächst. Daher dürfte der Bitcoin-Wechselkurs zum Dollar oder Euro sehr volatil bleiben. Die Kursausschläge werden durch die geringe Markttiefe der Bitcoin-Handelsplätze noch verschärft."

 

HSS: Wird es in Zukunft noch Banken mit Filialnetzen und Finanzdienstleistungen geben?

 

"Ja das wird es. Die Präsenz von Banken, wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken wird es natürlich weiterhin auch in der Fläche geben. Diese psychische Präsenz in den Regionen ist auch dringend notwendig, weil nicht jeder Bürger seine Bankgeschäfte ausschließlich online oder per Video machen möchte und dann auf die Filiale und persönliche Beratung angewiesen ist. Aber natürlich wird sich das Bankgeschäft noch stärker als bisher in den digitalen Raum verlagern, weil sehr viele insbesondere junge Menschen es gar nicht mehr anders kennen."

 

HSS: Wie sieht das Bankwesen der Zukunft aus?

 

"Ich bin überzeugt davon, dass es auch in Zukunft Banken, wie wir sie heute kennen, geben wird. Denn Banken bleiben wichtig. Zur Versorgung der Wirtschaft und der Bevölkerung mit Bankdienstleistungen. Das Banking wird sich aber insofern weiter entwickeln, dass es schon heute eine Vielzahl von neuen Anbietern gibt, die gar nicht aus dem Banking kommen. Denken Sie nur an die Googles und Amazons dieser Welt. Wir etablierten Banken haben aber verstanden, dass wir uns an die neue Wirklichkeit – mit neuen Kundenbedürfnissen, digitalen Entwicklungen und neuen Wettbewerbern –anpassen müssen. Wir sind schon mittendrin in einem tiefgreifenden Wandel. Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir das auch in Zukunft ganz gut hinbekommen werden."

Leiterin Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Onlineredakion

Susanne Hornberger