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Bericht aus Berlin
„Mehr Sicherheit ist möglich!“

Vor welchen Herausforderungen steht Deutschland in Punkto innerer Sicherheit? Was sind geeignete Maßnahmen um Straftaten zu verhindern? Der Bayerische Innenminister und CSU-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl Joachim Herrmann, MdL, bezog dazu in Berlin Stellung.

Innere (Un)Sicherheit: Neue Herausforderungen, alte Strukturen? Das war das Thema der hochrangig besetzten Podiumsdiskussion am 29. Juni 2017 in der Bayerischen Vertretung in Berlin. Neben der realen Dimension von Sicherheit – der tatsächlichen inneren und äußeren Sicherheit durch Abwesenheit von Gefahren – spielt die gefühlte Sicherheit, also die Wahrnehmung von (Un)Sicherheit, eine ernst zu nehmende Rolle. Es ist Aufgabe des Staates, beiden Dimensionen der inneren Sicherheit zu begegnen und diese zu gewährleisten. Jüngere Entwicklungen stellen in diesem Kontext eine enorme Herausforderung dar: Kaum greifbare Phänomene wie Terrorismus und Cyberkriminalität lassen sich nicht mehr in die klassischen Kategorie innerer oder äußerer Sicherheit einordnen. Nationale Sicherheit kann es nicht geben, wenn die Welt in Unsicherheit versinkt.

HSS-Vorsitzende Ursula Männle betonte die internationale Dimension der Sicherheitsdebatte.

HSS-Vorsitzende Ursula Männle betonte die internationale Dimension der Sicherheitsdebatte.

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Innere Sicherheit in Bayern – „Die ausgezeichneten Zahlen sind kein Zufall“

Dass innere Sicherheit nicht mehr ohne die zunehmende internationale Dimension von Kriminalität zu denken sei, verdeutlichte Prof. Ursula Männle, Staatsministerin a.D. und Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung in ihrer Begrüßungsrede. Als Beispiele nannte sie die grenzüberschreitende Drogenkriminalität und Gewaltdelikte. Mit Blick auf die deutsche Sicherheitsarchitektur verwies sie auf die zwei Seiten des Föderalismus: Er bringe zum einen Freiheiten und Vielseitigkeit mit sich, zum anderen erfordere er eine bessere Koordinierung, erklärte Männle. In seiner Keynote unter dem Motto „Mehr Sicherheit ist möglich“ betrachtete Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr, verschiedene Aspekte von Sicherheit aus bayerischer Perspektive und zog einen bundesweiten Vergleich. „Das Bestreben muss sein, alles menschenmögliche für die Sicherheit zu tun“, sagte Herrmann. Dass Bayern hierbei eine Vorreiterrolle übernehme, unterstrich der Staatsminister anhand aktueller Kriminalstatistiken vom Bund. Bei der Kriminalitätsbelastung, der  Aufklärungsquote sowie Wohnungseinbrüchen habe  Bayern im Jahr 2016 bundesweit am besten abgeschnitten, wohingegen Berlin das Schlusslicht gebildet habe. Auch hinsichtlich der Kriminalitätsbelastung in Großstädten über 200.000 Einwohner sei Bayern gut aufgestellt: München und Augsburg seien die beiden Städte mit der niedrigsten Kriminalitätsrate im Jahr 2016 gewesen. Die meisten Einbrüche hätte es in Bremen, gefolgt von Hamburg und Berlin gegeben. In diesem Kontext verwies Herrmann auf die Bedeutung des emotionalen Schadens, der entstünde, wenn jemand in die Privatsphäre eindringe. Aus diesem Grund, so Herrmann, habe er sich auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass Wohnungseinbrüche härter bestraft würden. Mit Erfolg: Der Bundestag habe jüngst ein Gesetz verabschiedet, das für Täter eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vorsehe, berichtete der Bayerische Staatsminister.

Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr, zitierte Humboldt: „Ohne Sicherheit keine Freiheit.“

Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr, zitierte Humboldt: „Ohne Sicherheit keine Freiheit.“

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Unsicherheiten reduzieren

„Die ausgezeichneten Zahlen sind kein Zufall“, sagte Herrmann, „sondern der Verdienst der Beamten sowie der bayerischen Sicherheitspolitik“. Um eine Angleichung des Sicherheitsniveaus zwischen den einzelnen Bundesländern und damit eine Erhöhung der inneren Sicherheit in Deutschland zu erreichen, forderte der Staatsminister, der wie er selbst sagte, überzeugter Föderalist sei: „Wir sollten enger zusammen arbeiten, aber nicht Landesrechte da ändern, wo es funktioniert“. Neben einem intensiveren bundesweiten und europaweiten Informationsaustausch nannte Herrmann gleiche Befugnisse der Polizei sowie die Datenspeicherung bei radikalisierten Minderjährigen als wichtige Maßnahmen, die es zu ergreifen gelte. Darüber hinaus würden bessere Grenzkontrollen sowie ein europäisches Ein- und Ausreiseregister benötigt, um der Bedrohung durch islamistischen Terrorismus besser begegnen zu können. Als konkrete Maßnahme zur Terrorbekämpfung in Bayern stellte Herrmann das Maßnahmenkonzept „Sicherheit durch Stärke“ und das Sofortprogramm „Innere Sicherheit“ vor. Ersteres beinhalte jeweils 500 zusätzliche Stellen in den Jahren 2017 bis 2020, Ausstattung mit modernster Ausrüstung und Technik sowie die Ausweitung der Rechtsbefugnisse. Das Sofortprogramm setze sich aus der Ergänzung des Polizeiaufgabengesetzes (PAG), besserer Überwachung von Gefährdern und dem Ausbau der polizeilichen Videoüberwachung zusammen. Sicherheit ist mit ihren unterschiedlichen Facetten Thema verschiedener Disziplinen und damit auch Politikfelder. Um verschiedene Aspekte innerer Sicherheit zu beleuchten, diskutierte Staatsminister Herrmann im Anschluss an seine Rede gemeinsam mit Dr. Burkhard Körner, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, und Klaus Kandt, Polizeipräsident der Polizei Berlin. Durch das Gespräch führte Florian Flade, Die Welt.

In seinem Einstieg verdeutlichte Flade, dass innere Sicherheit inzwischen fast jeden lebensweltlichen Bereich einschließe. Daneben würden Extremismus und Hass verstärkt wahrgenommen. In diesem Zusammenhang sehe Kandt erhöhte Anforderungen durch die Zunahme von gewalttätigen Aufständen, Gewaltausschreitungen bei Fußballspielen sowie von Terrorgefahr. Der Polizeipräsident erläuterte wie in Berlin diesen Entwicklungen begegnet werde. Mehr finanzielle Mittel würden neue Einstellungen ermöglichen. Dies gelte es über die nächsten Jahre hinweg fortzusetzen. Aus taktischen Gründen würde ein Teil der Polizei zurückgehalten, um für spontane größere Einsätze zur Verfügung zu stehen. Betonblöcke sollen Menschen vor Anschlägen durch Fahrzeuge schützen. Die Berliner Polizei konzentriere sich auf deutliche Brennpunkte. „Dort sind wir erfolgreich“, betonte Kandt. In anderen Bereichen gebe es noch großes Verbesserungspotenzial.

Klaus Kandt, Polizeipräsident der Polizei Berlin (links): „Wir müssen verstehen, wie die Täter denken“.

Klaus Kandt, Polizeipräsident der Polizei Berlin (links): „Wir müssen verstehen, wie die Täter denken“.

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Einzeltäter schwierig zu entlarven

Am Beispiel der Anschläge durch Einzeltäter wie es in Würzburg und Ansbach der Fall war, erklärte Herrmann, warum es schwierig sei, diese vorher auszumachen. Dies hinge unter anderem mit den Anschlagsvorbereitungen zusammen, die sich bei Tatwaffen wie beispielsweise einer Axt oder eines LKW schwer aufspüren ließen. Körner sieht in diesem Zusammenhang das veränderte Kommunikationsverhalten als Hauptproblem. Netzwerkstrukturen, in denen Täter angeworben werden, gelte es rechtzeitig zu entdecken. Ein Instrument hierfür sei die Online-Durchsuchung - ein Zugriff auf Informationssysteme unter Umgehung der Verschlüsselung des Datentransfers. Darüber hinaus forderte Körner ein „Eintauchen ins offene Netz“ durch Internetscreening, weil es kaum mehr duale Kommunikation gebe. Im Kontext neuerer Technologien ergänzte Kandt, dass die Bedeutung visueller Beobachtung überschätzt würde. Es komme nämlich vor allem darauf an, zu verstehen, wie die Täter denken.
Auf die Frage hin, ob Zuwanderung ein wachsendes Potenzial für die Rekrutierung potenzieller Terroristen bedeute, betonte Körner, dass Migration nicht die Ursache terroristischer Gefährdung sei. „Der IS hätte die Migrationswelle nicht gebraucht“, so Körner. Aber der Islamische Staat würde sich den Flüchtlingsstrom zu Nutze machen, indem er die Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit vieler Migranten versuche auszunutzen. Zur Immunisierung von Migranten gegen Radikalisierung bedürfe es eines anderen Frühwarnsystems. Zu wichtigen Maßnahmen gehöre die Sensibilisierung von Mitarbeitern in Flüchtlingsheimen sowie die Zusammenarbeit mit Eltern. Körner bekräftigte ferner, dass der Gesellschaft bewusst gemacht werden müsse, dass nicht der Islam das Problem sei, sondern der Islamismus.

Abschließend bleibe festzuhalten, so Körner, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen der Polizei, der Staatsanwaltschaft, den Nachrichtendiensten sowie dem Verfassungsschutz entscheidend sei, um den erhöhten Anforderungen durch ein breites Spektrum an potenziellen Gefährdern adäquat zu begegnen.

Autorin: Paulina Conrad

Hauptstadtbüro
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