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Wahlen in Afrika
Wahlen als Chance für politische Veränderungen

„Wer würde sich bei uns in Deutschland in lange Warteschlangen einreihen und teilweise stundenlang anstehen, nur, um seine Stimme abgeben zu können? Wer würde hier spontan auf die Straße gehen, um seiner Freude Ausdruck zu verleihen oder seinem Unmut über einen Wahlausgang – und dabei womöglich sein eigenes Leben riskieren?“

Dass Wahlen in den Ländern Subsahara Afrikas keine Routine sind, in mehrerlei Hinsicht sogar ein existenzielles Thema, darauf wies Dr. Susanne Luther, Leiterin des Instituts für Internationale Beziehungen der Hanns-Seidel-Stiftung, in ihrer Begrüßungsrede zum 10. Entwicklungspolitischen Forum hin.

Und: Wahlen seien nicht nur die Möglichkeit, ein Parlament oder eine Regierung zu wählen. Wählen bedeute letztlich politische Partizipation – „ein Kernanliegen der Arbeit einer politischen Stiftung im In- und Ausland“.

Die Teilnehmer diskutierten darüber, inwiefern Wahlen in den Ländern Subsahara-Afrikas ein Ausdruck demokratischer Verhältnisse sind, und inwiefern Wahlen in diesen Ländern zu mehr Demokratie führen.

Sicherlich musste nicht erst von Dr. Christian von Soest, leitender Wissenschaftlicher Mitarbeiter des GIGA-Instituts für Afrika-Studien, klargestellt werden: „Afrika gibt es gar nicht“. Jeder der 49 subsaharischen Staaten hat seine eigene Geschichte, ein eigenes politisches System, ein eigenes Wahlsystem.

Und dennoch, darin waren sich die Teilnehmer der Podiumsdiskussion einig:

Zustimmung zu Demokratie

In den Ländern Subsahara Afrikas bevorzugt die überwiegende Mehrheit der Bürger die Demokratie als Regierungsform – trotz nach wie vor weit verbreiteter Armut, mangelnder (politischer) Bildung sowie schlechter Regierungsführung und Korruption. Eindeutig ist auch die Unterstützung der universellen Menschenrechte und fundamentaler demokratischer Grundrechte.

Maßgeblich für Demokratisierung: Starke Institutionen, starke Zivilgesellschaften

Während der Parlamentsabgeordnete General Bantu Holomisa (Südafrika) auf die zentrale Rolle von starken Institutionen wie einer unabhängigen Justiz und unabhängigen Medien abhob, verwies Ahmed N. Barry (Burkina Faso) auf die Zivilgesellschaft, die oft genug gefragt sei, für die Einhaltung vorhandener Gesetze zu kämpfen.In Burkina Faso sei der seit 27 Jahren regierende Präsident Compaoré 2014 letztlich durch die Proteste der Bevölkerung an einer erneuten Kandidatur gehindert worden, die durch eine Verfassungsänderung ermöglicht werden sollte. 2015 wurde in Burkina Faso in demokratischen Wahlen ein neuer Präsident gewählt.

Wie wichtig Armutsbekämpfung und Bildung mit Blick auf die Chancen für eine Änderung der politischen Verhältnisse in einem Land sind, darauf wies Dumiso Dabengwa (Simbabwe) hin: Letztlich bedingten in Simbabwe die weit verbreitete Armut und mangelnde Bildung in ländlichen Gebieten starke Abhängigkeitsverhältnisse. Davon profitieren Machthaber wie Mugabe: „Die Menschen müssen ohne ihren Magen denken können, sie müssen mit dem Kopf denken können bei der Frage, wen sie wählen“.

Besorgniserregender Trend: Verfassungsänderungen für „Langzeit-Präsidenten“

Eine von der Verfassung begrenzte Amtszeit und demokratische Wahlen sind in der Realität leider keine Garantie dafür, dass langjährige Machthaber von ihrer Macht lassen. Immer noch versuchen es Präsidenten, mittels einer Änderung der Verfassung ihre Amtszeit auszudehnen.

Eine starke und mutige Zivilgesellschaft kann solche Versuche verhindern, wie Ahmed N. Barry aus Burkina Faso berichtete. Auch das Engagement von Regionalorganisationen wie der ECOWAS für die Förderung freier und fairer Wahlen spiele hier eine wichtige Rolle.

Erfolgsfaktoren für demokratische Wahlen und demokratische Entwicklung

Dr. Christian von Soest fasste die unterschiedlichen Perspektiven und Beispiele der afrikanischen Gäste zusammen: Letztlich sei es ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren, das dem Machtmissbrauch der Eliten, Wahlmanipulationen, schlechter Regierungsführung oder gewaltsamen Machtwechseln Grenzen setze.

Dazu gehörten sowohl starke Institutionen wie unabhängige Wahlkommissionen und Justiz (jüngstes positives Beispiel sei die Annullierung der Präsidentenwahl durch das Verfassungsgericht in Kenia), eine starke Zivilgesellschaft, aber auch der Einfluss regionaler Organisationen (z.B. ECOWAS, Afrikanische Union). So habe die AU seit dem Jahr 2000 in mehr als 20 Fällen Sanktionen gegen Mitgliedstaaten verhängt, in denen gewaltsame Machtwechsel stattgefunden hatten oder drohten, oder in denen Wahlergebnisse von den Machthabern nicht respektiert wurden. Es zeige sich also eine positive Dynamik der Eigenverantwortung von Regionalorganisationen.

Unterstützung für demokratische Wahlen

In der Diskussion wurden die zahlreichen Akteure sichtbar, die sich in den Ländern Subsahara-Afrikas für freie und faire Wahlen einsetzen, um die demokratische Entwicklung zu stärken. Dazu zählen die unabhängigen Wahlkommissionen und entsprechende regionale oder internationale Netzwerke (z.B. RESAO in Westafrika), Oppositionsbündnisse und weitere Akteure der Zivilgesellschaft sowie die Regionalorganisationen.

Laut Dumiso Dabengwa braucht ein Land wie Simbabwe „echte Hilfe für demokratische Wahlen“. Dazu gehöre auch, die Armut in ländlichen Gebieten zu bekämpfen.Ahmed N. Barry (Burkina Faso) betonte den Nutzen, den zum Beispiel von der Hanns-Seidel-Stiftung organisierte Wahl-Delegationsreisen bieten, bei denen die Teilnehmer nicht zuletzt viel voneinander lernen könnten.Die Bedeutung der Unterstützung demokratischer Wahlprozesse in Subsahara-Afrika sei nicht zu unterschätzen – auch angesichts der Gefahr und der Kosten bewaffneter Auseinandersetzungen:

„Es kostet weniger, die Durchführung eines guten Wahlprozesses zu unterstützen, als militärische Aktionen zur Wiederherstellung des Friedens zu finanzieren“.

Trotz immer wieder zu beobachtender Rückschläge in der demokratischen Entwicklung einzelner Länder, trotz der Frustration über Korruption, Misswirtschaft und politische Stagnation: Mit demokratischen Wahlen verbinden sich für die Zivilgesellschaften und für die Organisationen afrikanischer Staaten – zu Recht, wie sich immer wieder zeigt – nach wie vor Hoffnungen auf eine Änderung der politischen Verhältnisse, auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung und nicht zuletzt auf Frieden und Stabilität. Eine entscheidende Bedeutung kommt hier den Zivilgesellschaften der verschiedenen Länder zu. Das „Empowerment“ von Akteuren der Zivilgesellschaft, das auch die Hanns-Seidel-Stiftung in mehreren afrikanischen Ländern fördert, ist damit hochaktuell.

Delegiertenreise nach Bayern

11 Delegierte aus Ländern südlich der Sahara besuchten bei ihrer Reise neben der HSS-Zentrale in München die CSU-Landesleitung und deren Geschäftsstelle Augsburg-Land. In spannenden Gesprächen und Vorträgen gewannen die Delegierten einen Einblick in Wahlprozesse, die deutsche Parteienlandschaft und die föderale Struktur Deutschlands. Die Erkenntnisse nehmen die Vertreter unterschiedlicher Parteien und Organisationen mit in ihre Heimat. Gute Regierungsführung solle damit erreicht werden können, resümierte ein Teilnehmer aus Uganda. Die HSS wird auch in Zukunft derartige Projekte fördern!