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Familienforschung
Wer sind meine Vorfahren?

Autor: Dr. Birgit Strobl

Wer die eigenen Großeltern nicht gezielt ausfragt, weiß oft wenig über die eigene Familiengeschichte. Welche Möglichkeiten gibt es, um mehr zu erfahren über Herkunft und Geschichte meiner Ahnen?

Familien sind die kleinste Einheit einer Gesellschaft. Hier lernen wir unsere ersten Lektionen, wie Menschen miteinander umgehen. Hier lernen wir Rituale, Traditionen und hören die Geschichten über unsere Vorfahren, vom Uropa und den alten Zeiten. Das vermittelt uns Identität und ein historisches Bewusstsein von uns selber in der langen Kette derer, die uns vorausgegangen sind.

Epitaph eines Adeligen

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Besonders in Deutschland haben sich in den letzten Jahrzehnten allerdings die Großfamilien immer mehr aufgelöst, in denen das Wissen über die Familiengeschichte tradiert wurde. In modernen Kleinfamilien weiß oft keiner mehr Bescheid, sobald die Großeltern nicht mehr berichten können. Dabei wächst das Bedürfnis, zu wissen, woher man kommt, schon seit Jahren. Aber wie komme ich an Informationen über meine Vorfahren?

Ursprünglich war es der Adel, der Familienforschung betrieb. Man benötigte einen Nachweis adeliger Herkunft, um etwa bei Tournieren teilnehmen zu dürfen oder beim Wunsch nach Aufnahme in ein Domkapitel oder einen Ritterorden. Ab dem 16. Jahrhundert sind Stipendien-Stiftungen adeliger Familien belegt. Auch hier musste der Bewerber den Nachweis der Familienzugehörigkeit führen können. Seit dem Laterankonzil von 1215 durften nur diejenigen eine Ehe eingehen, die nachweisen konnten, nicht bis in den 7. Grad miteinander verwandt zu sein. Für Vermählungen des Adels war dies ein wichtiges Kriterium, da es sich dabei auch immer um strategische Bündnisse handelte. Die Kenntnis der verwandtschaftlichen Verflechtungen war daher auch von politischer Bedeutung.

Durch Brände und Kriege sind immer wieder Aufzeichnungen verloren gegangen. Besonders betroffen war etwa Franken während des 30jährigen Krieges.

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Vor 1876 weiß nur die Kirche Bescheid

Der Nachweis der Herkunft musste durch Taufbücher geführt werden. Falls es nicht möglich war, konnten ersatzweise beglaubigte Abschriften von anderen Kirchenbüchern oder auch von Grabdenkmälern vorgelegt werden. Diese Hinweise sind auch für die heutige Familienforschung von Interesse. Ein erster Schritt sollte daher zu den Kirchenbüchern mit ihren Personenverzeichnissen, den sogenannten Pfarrmatrikeln führen.

Ab dem 15. Jahrhundert wurden nämlich allgemein zuerst nur Taufen; später auch Hochzeiten und Sterbefälle dokumentiert. Grundsätzlich gilt: Pfarrmatrikel werden in katholischen Gebieten geführt. In evangelischen Gebieten wird man in Kirchenbüchern fündig. Erst ab der Reformation setzen sich Matrikel in ganz Süddeutschland durch. Diese Verzeichnisse wurden bis Mitte des 19. Jahrhunderts ausschließlich von den Kirchen geführt. Diese handelten dabei im staatlichen Auftrag, denn erst das Deutsche Reich führt 1876 die Zivilehe ein und ließ diese durch Standesämter dokumentieren. Für den Familienforscher heißt das: Eine Recherche über staatliche Archive ist lediglich bis ins Jahr 1876 möglich.

Probleme bei der Recherche gibt es immer wieder – hier in Füssen war zum Beispiel der Friedhof zeitweise geschlossen.

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Verzeichnisse wurden bis Mitte des 19. Jahrhunderts ausschließlich von den Kirchen geführt. Diese handelten dabei im staatlichen Auftrag, denn erst das Deutsche Reich führt 1876 die Zivilehe ein und ließ diese durch Standesämter dokumentieren. Für den Familienforscher heißt das: Eine Recherche über staatliche Archive ist lediglich bis ins Jahr 1876 möglich.

Heute bietet auch das Internet vielfältige Recherchemöglichkeiten. Evangelische Register findet man zum Beispiel über Archion.de, ein Verzeichnis aller digitalisierten Orte, in denen evangelische Kirchenbücher liegen. Katholische Register findet man in den Bistumsarchiven, die teilweise über digitalisierte  Microfiches verfügen. Auch die Bayerische Staatsbibliothek bietet Digitales an.

Hans, Hanns, Johann, Johannes?

Bevor man sich nun auf die Suche nach seinen Ahnen macht, sollte man sich auch auf die Probleme und Fragen einstellen, die sich bei der Suche ergeben können. So sind durch Brände und Kriege viele Archivunterlagen verloren gegangen. In Gebieten, die stark vom 30jährigen Krieg betroffen waren, wie beispielsweise in Franken, sind erst ab den 1630er Jahren wieder Aufzeichnungen vorhanden.

Auf Friedhöfen finden sich oft direkte Hinweise.

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Auch die Ermittlung der zuständigen Pfarrei kann Probleme bereiten. Die Zuständigkeit hängt oftmals von der Mehrheitskonfession ab. Es kann daher vorkommen, dass Katholiken in evangelischen Büchern geführt werden, da sich am Ort keine katholische Pfarrei befunden hat. Auch Namensschreibweisen bergen Fallen. Früher war keine einheitliche Schreibweise festgelegt. Aus „Hans“ konnte „Johann“ oder auch „Johannes“ werden.

Klar zu unterscheiden ist Familienforschung von den Angeboten zur Analyse des eigenen Erbgutes. So kann zwar ein statistisches Bild der genetischen Genealogie entworfen, eine Vaterschaft bestätigt oder das Risiko bestimmter Erbkrankheiten ermittelt werden, die eigene Familie im Detail zu erforschen, dazu taugen die Genanalysen nicht und zwar einfach, weil das genetische Material, mit dem die diversen Anbieter arbeiten nur wenige Jahre zurückreicht.

Ob man den eigenen genetischen Code wirklich einem privaten Unternehmen anvertrauen möchte, das auf der Grundlage eines bislang noch unvollständig geregelten Datenschutzes arbeitet, ist eine Frage, die sich jeder selber stellen muss.

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Leiterin: Dr. Birgit Strobl
Recht, Geschichte, Kultur
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