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Immersive Journalism
Eintauchen in die virtuelle Welt

Die Akropolis vom eigenen Wohnzimmer aus besichtigen, Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs zuzuhören, als wären sie im selben Raum - all dies ermöglichen immersive Medien wie Virtual, Mixed und Augmented Reality. Nach der Games- und Filmbranche entdeckt auch der Journalismus, dass User damit in die Geschichte tiefer eintauchen können, als wenn sie einen gewöhnlichen Fernsehbeitrag anschauen.

„Immersive Journalism“ – da wusste ich selbst als studierte Medienmanagerin nicht genau, was mich im Seminar erwarten wird. Doch gleich am ersten Abend zur Einführung klärten uns die Referenten auf. Unter ihnen Markus Kaiser, der an der Technischen Hochschule Nürnberg lehrt, und Mario Geisenhanslüke, der als Journalist bei der Verlagsgruppe Rhein Main arbeitet. Beim immersiven (lat. immersio „Eintauchen“) Journalismus lässt man den Nutzer in eine neue Welt eintauchen, die mithilfe virtueller Geräte und einer journalistischen Geschichte umgesetzt wird. 

Junger Mann mit riesigen VR-Brille, der vor sich in die Luft deutet und offenbar gerade etwas bedient.

"HoloLens" zaubert den Computerdesktop in die Luft. Durch Sensoren kann man das Feld ganz einfach mit den Fingern bedienen.

Küfer; HSS

Dabei gibt es die drei Bereiche Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) und 360-Grad-Videos. Diese unterscheiden sich insofern, dass „augmented“ nur die erweiterte Realität betrifft, indem virtuelle Elemente in die reale Welt miteingebunden werden, wie z.B. beim Smartphone-Spiel „Pokemon Go“. Bei VR befindet sich der Nutzer in einer komplett virtuellen Welt, zu der man mit sogenannten VR-Brillen oder auch schon mit dem Do-it-Yourself-Karton, so genannte Card-Boards, Zugang erhalten kann. Im Gegensatz dazu bezeichnet die 360-Grad-Technik die audiovisuelle Abbildung der Realität in alle Richtungen, in der sich der Zuschauer aber nicht bewegen kann.

Nach der theoretischen Einführung, durften wir die verschiedenen VR- und AR-Brillen ausprobieren. Einige Teilnehmer wanderten auf kargen Marslandschaften, andere fuhren virtuell Achterbahn oder besuchten ihre StarWars-Helden im Raumschiff. Am beeindruckendsten fand ich die AR-Brille „HoloLens“ von Microsoft, die wie eine stabile Sonnenbrille mit einem großen Ring auf dem Kopf sitzt. Mit ihr kann der Computerdesktop in die Luft gezaubert werden und man bedient das Feld mit den Fingern durch einen Sensor. Dadurch ist sie auch sinnvoll im Alltag einzusetzen und nicht nur für Entertainment geeignet. Man fühlt sich nicht ganz weit weg von der Realität, da das normale Blickfeld noch sichtbar ist. Andererseits ist es auch noch unheimlicher wie einfach die virtuelle Welt schon in den Alltag integriert werden kann.

Info:

In unserem Seminar „Immersive Journalism“ im Kloster Banz wurde gezeigt, welche neuen Trends es im Bereich der immersiven Medien gibt, worauf beim Storytelling zu achten und welches Equipment für den Dreh nötig ist. Anschließend wurde eine kleine 360-Grad-Geschichte konzipiert und praktisch umgesetzt.

Das Journalistische Förderprogramm für Stipendiaten (JFS) der HSS bietet Studierenden an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) und Universitäten eine studienbegleitende Aus- und Weiterbildung mit praxisbezogenen Seminaren und Fachtagungen in den Sparten Zeitungs-, Bild-, Onlinejournalismus, Hörfunk und Fernsehen sowie Veranstaltungen zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen an. Die Förderung ist nicht an bestimmte Studiengänge gebunden, jedoch sollte bei den Bewerbern als Berufsziel eine spätere Tätigkeit im Bereich der Medien gegeben sein.

Eine runde Plastikkugel auf einem Stecken mit zwei Kameras, die wie Augen wirken.

In 360-Grad-Filmen können Zuschauer selber steuern, in welche Richtung sie schauen wollen.

Küfer; HSS

Journalismus interaktiv

In der Feedback-Runde hab es vor allem Abzüge von den Brillenträgern, die viele VR-Brillen nicht richtig aufsetzen konnten. Zudem wurde einigen auch schwindelig. Allerdings konnten wir uns so noch besser vorstellen, von welchen vielfältigen Branchen Virtual Reality genutzt werden kann: Tourismus, Medizin oder auch Justiz, in dem beispielsweise Tatorte virtuell nachgebaut werden können.

Am nächsten Tag hieß es dann selbst praktisch arbeiten und wir sollten in Gruppen ein 360-Grad-Video produzieren. Besonders herausfordernd war dabei, sich die Einbindung des Zuschauers in die Geschichte zu überlegen und darzustellen, warum eine 360-Grad-Ansicht für dieses Thema Sinn ergibt. Daher ist im Journalismus eher an eine personen- oder ortsbezogene Berichterstattung zu denken, die sich durch erfahrbare Elementen wie in einer Reportage aufbaut. Mit dem Stichwort „Storytelling“ ging es dann an die Arbeit.

Heraus kamen vier unterschiedliche Geschichten, die die Möglichkeiten des aktiven und passiven Einbindens des Zuschauers verdeutlichten. Einmal war er zur Besichtigung der Hochzeitslocation auf Kloster Banz eingebunden, in der anderen Gruppe durfte er bei einer chaotischen Führerscheinprüfung auf der Rückbank des Autos mitfahren.

Junges Mädchen mit VR-Brille vor dem Gesicht. Sieht gespannt aus.

Mit VR-Brillen kann man optisch eintauchen in digitale Welten. Dagegen reichert "AR" (Augmented reality) die normale Welt lediglich mit zusätzlichen Informationen an. Besten Beispiel: "Pokemon Go"

Küfer; HSS

Diese Übung zeigte alle Teilnehmern die Schwierigkeiten aber auch Möglichkeiten dieser neuen Techniken. In der Abschlussdiskussion stellten wir daher fest, dass vor allem der Diskurs in der Gesellschaft über die Chancen und Risiken wichtig ist. Denn die Technik schreitet immer mehr voran und wird in allen Bereichen wie auch der Politik und Gesundheit ihren Platz finden. Wichtig ist nur, dafür die richtigen Parameter zu setzen. Wohin es in der Zukunft noch gehen kann, zeigt das Beispiel von Apple – dort wird schon an einer Kontaktlinse geforscht, die die virtuelle Realität auf die untere Netzhaut bringt.

Autor: Lisa Fritsch

Universitätsförderung MINT und Medizin
Isabel Küfer, M.A.
Leiterin
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