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Zum Runden Tisch Artenschutz
Volksbegehren XXL

Autor: Silke Franke

Am 26. April 2019 hat der Runde Tisch zum Arten- und Naturschutz mit Vertretern der Staatsregierung, Initiatoren des Volksbegehrens und betroffenen Verbänden zum dritten und vorerst letzten Mal getagt und anschließend zu einer Pressekonferenz eingeladen. Alle Beteiligten stimmten dabei überein: Die Arbeitsatmosphäre war sachlich und konstruktiv, es wurden Ergebnisse erzielt, die weit über das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ hinausgehen.

Der Runde Tisch wurde von Ministerpräsident Dr. Markus Söder einberufen und tagte erstmalig am 20. Februar 2019 mit 23 Verbänden und Organisationen. Daran schlossen sich eine Vielzahl von Sondierungsgesprächen, eine Fachtagung, und die Arbeit in Fachgruppen sowie weitere Sitzungen des Runden Tisches an. Der gesamte Arbeitsprozess war durch die rechtlichen Zeitvorgaben für das Volksbegehren recht eng getaktet. Dennoch wurden Ergebnisse erzielt, die Alois Glück als Moderator und Leiter des Runden Tisches in einem Bericht zusammengetragen hat.

Die Pressekonferenz zu diesem Ereignis wurde von der Bayerischen Staatskanzlei live übertagen. Nachfolgend sind hier die zentralen Statements wiedergegeben:

Alois Glück, Landtagspräsident a.D., Moderator des Runden Tisches „Artenschutz und Naturschutz in Bayern“

„Am Anfang war die Atmosphäre vergiftet, aber es hat quasi eine Entgiftung stattgefunden. Wir haben gemeinsam erreicht, dass man sich gegenseitig zuhört. Ziel war, zu Ergebnissen zu kommen, die weit über das Volksbegehren hinausgehen, also ein „Volksbegehren Plus“. Dieses Ziel haben wir erreicht. In den verschiedenen Fachgruppen waren 140 Personen tätig. Viele weitere haben sich über Zuschriften eingebacht.  Dies ist die Basis für einen neuen Gesellschaftsvertrag. Vielen Dank dafür an alle Mitwirkenden. Nun gilt es, gemeinsam die Natur für die Zukunft schützen, statt sich wechselseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben.

Wir müssen unsere Leitbilder überdenken. Ein Thema, zu dem ich mir - als ein Beispiel - eine gesellschaftliche Debatte wünsche, ist das Bild, das wir von unseren Landschaften haben. Ich denke, unsere Landschaften sind zu ausgeräumt und zu lebensarm. Hier müssen wir unser Verständnis ändern.

Die Fachgruppen haben auf sachlicher Ebene diskutiert und Ergebnisse erzielt. Freieilich wurden dabei nicht alle bestehenden Konflikte ausgeräumt – das geht auch nicht auf die Schnelle. Es gibt also noch weiteren Diskussionsbedarf. Maßstab dabei sollte die Frage sein, was dem Gemeinwohl dient. Der Runde Tisch ist kein Beschlussgremium, er kann nur Empfehlungen aussprechen. Jetzt geht es im Landtag weiter.“

 

Ministerpräsident Dr. Markus Söder:

„Die Ausgangslage war schwierig, daher gab es auch Skepsis. Doch es hat sich herausgestellt: Einen Runden Tisch einzurichten, war richtig, und ebenso, Alois Glück als Moderator zu wählen – der es dank seiner Glaubwürdigkeit und seines persönlichen Arbeitsstils geschafft hat, ein gegenseitiges Verständnis aufzubauen. Aus einem Gegeneinander und Streit wurde eine gemeinsame Aktion. Sowohl die Initiatoren als auch der Bauerverband haben sich bewegt und eine bewundernswerte Konstruktivität bewiesen. Das Ergebnis des Runden Tisches ist nicht nur ein Volksbegehren Plus, sondern ein Volksbegehren XXL!

Dies wird in die Beratungen des Bayerischen Landtags am 8. Mai 2019 einfließen. Dies ist auch nicht das Ende, sondern der Anfang eines Prozesses, vielleicht sogar einer Richtungsänderung. Dazu braucht es noch Geduld, aber Bayern könnte hier Pionier werden, ein Vorbild für einen Artenschutz in Versöhnung mit der Landwirtschaft."

Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauerverbands:

„Wir Bauern haben uns konstruktiv eingebracht, denn es war klar: Das Volksbegehren ist erfolgreich. Und es war ebenso klar: Der Gesetzesentwurf des Volksbegehrens enthält Mängel. Für viele Punkte konnten Lösungen gefunden werden, doch bei manchen gibt es noch Diskussionsbedarf, etwa bei den Gewässerrandstreifen oder der Biotopkartierung. Uns ist es auch wichtig, dass das, was die Landwirte schon bisher in freiwilligem Engagement leisten, nicht abgewertet wird. Nun kommt es darauf an, dass der Landtag die Details gut ausgestaltet. Positiv ist, dass die Umsetzung über ein Monitoring begleitet und evaluiert werden soll“.

Dr. Norbert Schäffer, Präsident des Landesbund für Vogelschutz:

„Der Runde Tisch hätte schiefgehen können. Doch das, was wir in den letzten Wochen erarbeitet haben, lässt sich sehen. Es trägt die Handschrift von Alois Glück. Wir freuen uns, dass es ernsthafte Debatten auf Augenhöhe gegeben hat. Nun liegt ein 81-seitiger Bericht vor, der Aussagen macht, die mich persönlich freuen, etwa zu nutzungsfreien Schutzgebieten im Wald, zu Gewässerrandstreifen und zur Rolle der Moore. Für die vorgesehenen Initiativen braucht es allerdings auch mehr Personal. ...

Unser Beispiel macht bereits jetzt Schule, wie die zahlreichen Anfragen aus anderen Bundesländern und dem fernen Ausland zeigen. Wir sollten den Schwung mitnehmen!“

Monika Mayer, Biobäuerin, Bayerischer Bauernverband Oberallgäu:

„Der Runde Tisch war geprägt von wertschätzender Kommunikation und einem konstruktiven Miteinander. Dieses gemeinsame Ringen muss nun auch vom Landtag angenommen werden und darf nicht zu einem politischen Machtkampf werden.

Wir Bauern müssen täglich das Kunststück vollbringen, Ökologie und Ökonomie zu vereinen. Wir sind bereit, weiterhin freiwillige Leistungen zu erbringen, wie wir dies zum Beispiel bereits im Rahmen des Kulturlandschaftspflegeprogramms tun, und wir sind auch bereit, weitere intelligente Ideen mit auszutüfteln und umzusetzen. Aber wenn wir die Leistungsträger sind, brauchen wir auch die entsprechende Finanzierungsgrundlage“

Agnes Becker, ödp-Landesvorsitzende und Sprecherin des Volksbegehrens:

„Wir freuen uns sehr, dass Ministerpräsident Söder den Gesetzesentwurf des Volksbegehrens angenommen hat. Im Diskussionsprozess des Runden Tisches konnten viele Vorbehalte und Ängste abgebaut werden und so haben wir gemeinsam ein dickes Papier mit Empfehlungen erarbeitet. Nun hoffe ich, dass der Landtag möglichst viel davon auch umsetzt. Vielen Dank an Alois Glück wie auch an die Moderatoren der Fachgruppen für die tollen Gesprächsrunden“

Aktuelle Informationen

Was fordert das Volksbegehren? Hier finden Sie den Link zur Drucksache Nr. 18/1736 vom 18.04.2019
Gesetzentwurf entsprechend dem Volksbegehren "Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern - Rettet die Bienen!"
inkl. Stellungnahme der Bayerischen Staatsregierung:

"Aus Sicht der Staatsregierung sollte der Gesetzestext des Volksbegehrens unverändert vom Landtag angenommen und damit geltendes Recht werden. ... Vier für die Landwirtschaft kritische Regelungen im Volksbegehren sollen präzisiert werden, um Härten für die Landwirtschaft abzufedern und gleichzeitig fachliche Verbesserungen für den Natur- und Artenschutz zu erreichen.

  1. Mahdzeitpunkt Grünlandflächen: Ab dem Jahr 2020 ist es auf 10 % der bayerischen Grünlandfläche verboten, vor dem 15. Juni zu mähen (Volksbegehren). Dazu wird klargestellt, dass es sich hierbei um eine bayernweite Zielvor-gabe und nicht um eine Vorgabe für den Einzelbetrieb handelt. Das bedeutet: Kein Förderverlust für unsere Landwirte.
  2. Walzverbot Grünlandflächen: Ab dem Jahr 2020 ist es verboten, nach dem 15. März Grünlandflächen zu walzen (Volksbegehren). Durch Allgemeinverfügung kann hier – bei bestimmten Voraussetzungen - ein späterer Walzzeitpunkt zugelassen werden.
  3. Biotopverbund Offenland: Der Freistaat Bayern schafft ein Netz räumlich oder funktional verbundener Biotope (Volksbegehren). Dazu wird Flexibilität bei der Auswahl und Beschaffung der Flächen garantiert. Der Biotopverbund soll bis 2030 mindestens 15 % Offenland der Landesfläche umfassen.
  4. Streuobstwiesen als Biotop: Streuobstwiesen ab 2.500 m² Fläche werden als Biotope gesetzlich geschützt (Volksbegehren). Dazu wird die Pflege für den Erhalt der Biotope ermöglicht und ein Geldausgleich für die Einstufung von Streu-obstwiesen als Biotop eingeführt.


Was hat der Runde Tisch erarbeitet? Hier finden Sie den Link zu dem Bericht vom 26.04.2019
Bericht des Moderators Alois Glück, Landtagspräsident a.D.
Alois Glück erläutert auf 81 Seiten den Prozess, die Organisation und die Schlussfolgerungen des Runden Tisches.
"Im Kern geht es im gesamten Prozess also darum, dass wir Natur besser verstehen lernen, nicht nur Landschaft konsumieren"

Wie sieht das "Versöhnungsgesetz" aus? Hier finden Sie den Link zur Drucksache Nr. 18/1816 vom 02.05.2019
Gesetztesentwurf der CSU und der Freien Wähler - Zweites Gesetz mit Klarstellungen und Ergänzungen zum Gesetzentwurf des Volksbegehrens
In disem Zusatzgesetz finden Sie die o.g. Präzisierungen und die zusätzlichen Maßnahmen: Das Gesamtpaket umfasst 76 Maßnahmen und damit etwa doppelt so viele wie der ursprüngliche Entwurf des Volksbegehrens.

Am 8. Mai fand hierzu die Plenumsdebatte im Bayerischen Landtag statt.
Hier finden Sie das vorläufige Wortprotokoll
Das Volksbegehren und der Gesetzentwurf wurden an den Ausschuss für Umwelt- und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss überwiesen.

Umwelt und Energie, Städte, Ländlicher Raum
Silke Franke
Leiterin