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Portraits jüdischer Persönlichkeiten
Gesichter unseres Landes: Joseph Schwarz

Wir feiern 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland und Bayern und würdigen den essentiellen Beitrag, den jüdische Persönlichkeiten für die Geschichte, Kultur, Wissenschaft und Wesensart unseres Landes geleistet haben. Heute im Portrait: Joseph Schwarz – Geograph des Heiligen Landes.

Aus ärmlichen Verhältnissen in der Oberpfalz stammte Joseph Schwarz. Bekannt wurde er vor allem durch seine geographischen Forschungen in Palästina. Er wanderte 1833 nach Palästina aus, ließ sich in Jerusalem nieder und starb dort am 5. Februar 1865. Die Marktgemeinde Floß benannte 2009 den Platz vor der Synagoge in Rabbiner-Joseph-Schwarz-Platz um.

Joseph Schwarz wurde am 22. Oktober 1804 als drittes von zwölf Kindern von Mendel und Bella Schwarz auf dem Judenberg in Floß geboren. Von seinen elf Geschwistern blieb nur Rachel Schwarz nach ihrer Hochzeit in Floß wohnen. Zwei seiner Brüder wanderten nach Nordamerika aus, einer ließ sich in Baden, ein weiterer in Schwaben nieder. Drei seiner Schwestern verheirateten sich ebenfalls nach Schwaben, zwei weitere in Hessen-Darmstadt.

Schon in seiner Jugend interessierte sich Joseph Schwarz für die Geographie Palästinas. Später reiste er viele Jahre lang durch Palästina und veröffentlichte seine Forschungsergebnisse im Jahr 1845 in einem Buch.

Schon in seiner Jugend interessierte sich Joseph Schwarz für die Geographie Palästinas. Später reiste er viele Jahre lang durch Palästina und veröffentlichte seine Forschungsergebnisse im Jahr 1845 in einem Buch.

https://www.jewiki.net/wiki/Datei:Yosef_Schwartz.jpg 1852;CC-PD-Mark/PD-old-100-expired

Zum Lehrer berufen

Früh am Rabbinerberuf interessiert und für den Lehrerberuf bestimmt, besuchte er die „Präparandenschule“, vermutlich in Schwabach, da er auch seine rabbinischen Studien in Schwabach beim dortigen Rabbiner Abraham Wechsler begann. Die Präparandenschulen waren Anstalten für Volksschulabsolventen zur Vorbereitung auf die Lehrerseminare und stellten vom 18. bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein die untere Stufe der Ausbildung von Volksschullehrern dar. Schwarz setzte seine Studien in Preßburg, einer Hochburg der jüdischen Orthodoxie, fort und studierte anschließend an der Universität Würzburg, um sich wissenschaftlich weiterzubilden, sowie an der Jeschiwa in Würzburg, an der  bereits sein älterer Bruder Samuel Schwarz lernte. Die Jeschiwa in Würzburg, damals unter Leitung von Rabbi Abraham Bing, tendierte ebenfalls zum orthodoxen Judentum. Bing hatte eine große Anzahl bedeutender Schüler, wie die nachmaligen Oberrabbiner Jakob Ettlinger von Altona und Nathan Marcus Adler von London oder die Rabbiner Isaak Bernays, Elieser (Lazarus) Bergmann und Seligmann Bär Bamberger.

1823 arbeitete Joseph Schwarz als Rechnungsführer beim Gutsbesitzer und Rabbiner Mendel Rosenbaum in Unterzell bei Würzburg. Mendel Rosenbaum war 1822 mit seiner Familie ins säkularisierte Kloster Unterzell gezogen und hatte dort mit einigen der wegen der Hep-Hep-Unruhen (gewalttätige Ausschreitungen gegen Juden) 1819 aus Würzburg geflohenen Juden eine neue Gemeinde gegründet. Er errichtete in Unterzell einen Kolonialwarenhandel und eine Nagelschmiede. In den 1840er und 50er Jahren wurde er ein Wortführer der unterfränkischen und bayerischen Juden, der sich bei König Maximilian II. erfolgreich für deren Belange einsetzte. Er beschäftigte in Unterzell Rabbiner Elieser Bergmann als Privatlehrer für seine Kinder. Rabbiner Bergmann wanderte 1834 ebenfalls nach Palästina aus und traf dort wieder mit Joseph Schwarz zusammen.

In Würzburg studierte Schwarz auch die Geographie Palästinas und verfasste eine Karte des Landes, die in drei Auflagen - Würzburg 1829, Wien 1831, Triest 1832 - erschien. Seit seiner frühesten Jugend hatte Schwarz den Wunsch, Geschichte, Geographie, Geologie, Pflanzen- und Tierwelt des Heiligen Landes selbst vor Ort zu erforschen. Zu dieser Zeit gab es dazu nur eine wesentliche jüdische Arbeit, „kaftor wa-ferach“ („Knauf und Blume“) von Estori ha-Parchi (1282–1357), einem mittelalterlichen jüdischen Erforscher der Topographie, der sieben Jahre lang Palästina bereist hatte. Die wenigen christlichen Arbeiten über Palästina widmeten sich spezifisch christlichen Gesichtspunkten.

Forschung in Palästina

1831 brach Joseph Schwarz nach Palästina auf. Er reiste über Wien nach Ungarn. Die Cholera und Quarantäne-Bestimmungen verzögerten seine Weiterreise um ein Jahr. Dann reiste er nach Fiume am Mittelmeer und musste ein weiteres halbes Jahr dort bleiben wegen der Kriegsgefahr im Orient.  Auf dem Seeweg gelangte er am 2. April 1833 nach Jaffa. Am 19. April 1833 erreichte er Jerusalem. Von der berühmten Rabbiner-Familie Luria wurde er aufgenommen und heiratete eine der Töchter.

Schwarz war Mitglied einer frommen Sekte, der Watikin. Vom Ölberg aus erfasste er die Zeiten von Sonnenaufgang und -untergang für jeden Tag des Jahres, weil diese die Zeit für das Gebet Schma Jisrael der Watikin bestimmen. In Jerusalem erschien das Ergebnis unter dem Titel Tvu'ot HaSchemesch (Die Zyklen der Sonne) im Jahr 1843.

In der Folge bereiste Schwarz 15 Jahre lang auf eigene Kosten Palästina und erforschte dessen Geographie. Die Kenntnis der Landessprachen half ihm bei der mühevollen und oft gefährlichen Unternehmung. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er in seinem Buch Tvu'ot Ha'aretz, das 1845 in Jerusalem auf Hebräisch erschien. Im Jahr 1849 fuhr Schwarz in die USA und kümmerte sich um die englische Übersetzung seines Buches. Es erschien dort 1850 unter dem Titel “A descriptive geography and brief historical sketch of Palestine, by Rabbi Joseph Schwarz, for sixteen years a resident in the holy land.” Zudem sammelte er Spenden für die von Rabbiner Elieser Bergmann in Jerusalem initiierte Wohlfahrtseinrichtung „Kolel Holland und Deutschland“, die Schwarz 1837 mitbegründet hatte.

Opus magnum über das Heilige Land

Von den USA aus reiste Schwarz über London nach Deutschland, um auch hier die Herausgabe seines Buches zu betreuen. Die deutsche Übersetzung übernahm sein Neffe Isaak Schwarz, der 1865 Rabbiner in Köln wurde. Er war der Sohn seines ältesten Bruders Haium (geboren am 20. Juli 1800 in Floß), Rabbiner in Hürben/Schwaben. 1852 erschien die deutsche Ausgabe mit dem Titel „Das heilige Land: Nach seiner ehemaligen und jetzigen geographischen Beschaffenheit“ im Verlag der hebräischen antiquarischen Buchhandlung von I. Kaufmann in Frankfurt am Main.

Das Buch, „in nüchterner, modern anmutender Sprache geschrieben“, enthält geographische Untersuchungen, die den in Bibel, Talmud und Midrasch vorkommenden Namen von Ortschaften, Bergen, Ländern, Gewässern nicht nur in Palästina, sondern auch in benachbarten Ländern wie dem Libanon, die im 19. Jahrhundert gebräuchlichen Namen zuordnen. Es enthält Erklärungen der Völkernamen, Erläuterungen zum Klima, Tier- und Pflanzenreich, zu Geologie und Klima, sowie Beschreibungen der liturgischen, religiösen und sozialen Gebräuche der Juden in Jerusalem, verschiedene Sagen und Skizzen zur Geschichte der Juden in Palästina, aber auch Beschreibungen der arabischen Bevölkerung Jerusalems. Zwei Ortsregister listen alle Ortsnamen in deutscher und in hebräischer Schrift auf. Das Buch schließt mit einem Bild von Jerusalem und einer Karte von Palästina.

Nach 1852 kehrte Schwarz nach Jerusalem zurück. Er widmete sich dem Studium der  rabbinischen Schriften sowie der Kabbala und trat der kabbalistischen Vereinigung Beth-El bei.

Autorin: Dr. Renate Höpfinger ist Leiterin des Archivs für Christlich-Soziale Politik (ACSP) der Hanns-Seidel-Stiftung e.V. München.

Singer, Isidore/Eisenstein, Judah David: Joseph Schwarz. URL: www.jewishencyclopedia.com/articles/13342-schwarz-joseph (10.12.2021)

N.N.: Joseph Schwarz. URL: www.jewiki.net/wiki/Joseph_Schwarz_(Geograph) (10.12.2021)

Brüll, Adolf: Schwarz, Josef, In: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891), S. 242 [Online-Version]; URL: www.deutsche-biographie.de/pnd138369313.html (10.12.2021)

Literatur zu Josef Schwarz zitiert in Höpfinger, Renate, Floß, S. 92 Anm. 339; im Anhang die Stammtafel Sch* seiner Eltern und Geschwister.

Schriften von Joseph Schwarz

"Tebu'ot ha-Areẓ" 1845, Geographie, Geologie und Geschichte von Palästina

"A Descriptive and Historical Sketch of Palestine" Philadelphia, 1850, die Übersetzung ins Englische von "Tebu'ot ha-Areẓ"

"Das heilige Land: Nach seiner ehemaligen und jetzigen geographischen Beschaffenheit" die Übersetzung ins Deutsche von "Tebu'ot ha-Areẓ", Verlag der hebräischen antiquarischen Buchhandlung von I. Kaufmann, Frankfurt am Main, 1852, Download möglich von der Seite sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/1009765

"Luaḥ" ein Kalender für das Jahr 5604 (Jerusalem, 1843)

"Tebu'ot ha-Shemesh" in vier Teilen, 1843, die Berechnung von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang im Heiligen Land

"Peri Tebu'ah" 1861, biblische und talmudische Bemerkungen über Palästina

"Pardes" 1861, die vier Methoden des Kommentierens

"Teshubot" Responsen

"Shoshannat ha-'Emeḳ" 1862, Zusätze und Korrekturen zu den vorangegangenen Werken

"Luaḥ" 1862, Tafeln über Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in Jerusalem, herausgegeben von Azriel Aaron, dem Schwiegersohn von Joseph Schwarz[4]

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Bildung, Hochschulen, Kultur
Thomas Klotz
Leiter