Print logo

Heilige Zeiten – Welche religiösen Feste feiern Menschen in Deutschland?
Teil VI: Fronleichnam

Das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens gelingt umso besser, je mehr wir voneinander wissen. In einer kleinen Reihe wollen wir Unwissen mit Wissen begegnen und neugierig machen auf verschiedene Feste, die in Deutschland gefeiert werden. Heute: Fronleichnam.

Von Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., wird der Satz überliefert: „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt.“ Ausdruck dieser vielen Wege ist eine bunte Vielfalt religiöser Feste, die Menschen auf ihren Wegen zu Gott in ihren jeweiligen religiösen Gemeinschaften feiern. Auch bei uns in Deutschland, hier in Bayern.

Nun ist das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens keine Selbstverständlichkeit. Das zeigt ein Blick in viele Länder dieser Erde. Es wird aber auch deutlich, dass das friedliche Zusammenleben besser gelingt, wenn mehr Menschen über den Glauben anderer Bescheid wissen. Denn Unwissenheit weckt Angst und schürt Vorurteile.

Dem will die Hanns-Seidel-Stiftung vorbeugen, in dem sie in loser Folge religiöse Feste vorstellt und erklärt, was und warum es gefeiert wird. Dafür haben wir Vertreter der verschiedenen Glaubensrichtungen gebeten, uns von ihren Festen zu erzählen.

"Die Menschen wollen einen ganz wertvollen Schatz ihres Glaubens in das Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen."

Im sechsten Teil unserer Reihe über religiöse Feiertage geht es um Fronleichnam. Katholische Christen in aller Welt feiern in diesem Jahr am 3. Juni das „Hochfest des Leibes und Blutes Jesu Christi“. Der Ursprung des Festes war die Vision einer Nonne namens Juliana von Lüttich, die im 13. Jahrhundert in Belgien gelebt hat. In einem Wachtraum hatte sie den Vollmond gesehen, dem zur vollen Rundung ein Stück fehlte. Sie deutete dies als Hinweis Jesu Christi darauf, dass seiner Kirche ein eigenes Fest zu besonderen Verehrung der Altarsakramente Brot und Wein fehle. Auf ihre Anregung hin führte Papst Urban IV. das Fronleichnamsfest für die gesamte katholische Kirche ein. Was genau gefeiert wird und wie sich das Fest gestaltet, erklärt uns der katholische Priester und Altstipendiat der Hanns-Seidel-Stiftung Bernd Udo Rochna:

Bernd Udo Rochna ist Jugendpfarrer und leitet die Katholische Jugendstelle Donauwörth. Er ist auch Diözesanseelsorger der Katholischen Landjugendbewegung Augsburg.

Bernd Udo Rochna ist Jugendpfarrer und leitet die Katholische Jugendstelle Donauwörth. Er ist auch Diözesanseelsorger der Katholischen Landjugendbewegung Augsburg.

© Bernd Udo Rochna

Am Fronleichnamsfest, das die Katholische Kirche traditionsgemäß 60 Tage nach Ostern, am zweiten Donnerstag nach dem Pfingstfest feiert, gehen die Gläubigen im wahren Sinne des Wortes „auf die Straße“. Seit der ersten feierlichen Fronleichnamsprozession in Bayern im Jahr 1273 im oberbayerischen Benediktbeuren, ist es gute Tradition, dass man an diesem Hochfest in meist großen und prächtigen Umzügen durch die Straßen und Plätze unserer Städte und Dörfer zieht. 

Auch die grundlegende Motivation kann man mit jener vergleichen, welche früher und heute einer öffentlichen Demonstration zu Grunde liegt. Erfahrungsgemäß gehen Menschen dann auf die Straße, wenn sie sich für ein ganz bestimmtes Anliegen stark machen, wenn sie zeigen möchten, dass ihnen eine Sache ganz besonders am Herzen liegt und sie daher auch keine Gefahr vor möglichen negativen Konsequenzen scheuen.

So verhält es sich auch an Fronleichnam: Die Menschen wollen einen ganz wertvollen Schatz ihres Glaubens in das Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen. Dabei handelt es sich um den Leib Christi, welcher in Form der gewandelten Hostie quasi auf die Straße und damit in das konkrete Alltagsleben gebracht wird. Dies geschieht in einer kunstvoll gestalteten Monstranz, die von einem Priester oder Diakon getragen wird. Auf dem Weg gibt es verschiedene Stationen, geschmückte Altäre, an denen besondere Gebete gesprochen und der Segen mit dem sogenannten „Allerheiligsten Sakrament des Altares“ (der gewandelten Hostie in der bereits erwähnten Monstranz) den Anwesenden gespendet wird.

Während der Prozession wird das Allerheiligste zusammen mit seinem Träger von einem sogenannten Baldachin beschirmt. Dabei handelt es sich um eine Art tragbares Zelt, das meist aus sehr prunkvollem Stoff gestaltet wurde und den Himmel symbolisieren soll. So werden die Frauen und Männer, die dieses Konstrukt tragen, auch als „Himmelträger“ bezeichnet.

Neben den liturgischen Diensten sind meist viele Abordnungen aus dem öffentlichen Leben wie beispielsweise Vertreter der unterschiedlichen Vereine und Verbände mit ihren Fahnen und Bannern an solchen Fronleichnamsprozessionen beteiligt. In der Regel gibt sich auch die politische Prominenz die Ehre. Damit kommt sehr deutlich zum Ausdruck, dass sich der Glaube durch alle Ebenen des Lebens ziehen und diese auch im Alltag prägen soll.   

Der Begriff „Fronleichnam“ entstammt dem Mittelhochdeutschen und setzt sich aus den beiden Wörtern „Fron“ und „Lichnam“ zusammen. Das erste Wort kann mit „Herr“ übersetzt werden – eine Verbindung zu unserem bekannten Adjektiv „froh“, was man zunächst vermuten könnte, gibt es nicht. Das zweite Wort „Lichnam“ bedeutet „Leib“. Wir feiern also an Fronleichnam den Leib des Herrn, weshalb dieses wichtige Ereignis auch als das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“ bezeichnet wird.

Inhaltlich steht das Fest in unmittelbarem Zusammenhang mit den Ereignissen rund um das letzte Abendmahl, an das die Christenheit vor allem an Gründonnerstag gedenkt. Hier hat Jesus seinen Jüngern konkret den Auftrag erteilt, immer wieder sein Gedächtnis zu begehen, indem sie das Mahl mit Wein und Brot feiern. Vor allem innerhalb der Katholischen Kirche besagt einer der zentralen Glaubensinhalte, dass es sich bei den eben genannten Speisen um Fleisch und Blut Christi handelt und er so in dieser Form ganz konkret anwesend ist, wenn im Rahmen der Heiligen Messfeier durch den Priester die entsprechenden Wandlungsworte gesprochen werden. Deshalb nimmt auch die Hostie, also das durch den Priester gewandelte Brot in das Fleisch Jesu, eine so existentielle Stellung ein und wird als ein sichtbares Zeichen der Kirche an Fronleichnam öffentlich gezeigt und in die Welt hinausgetragen. In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich darauf verwiesen, dass es sich dabei um kein magisches Ritual handelt.

In Zeiten von Corona wird sich das Fronleichnamsfest sicherlich ein wenig anders gestalten als üblich. Bereits im vergangenen Jahr wurden alle mit diesem Hochfest in Verbindung stehenden Prozessionen und Umzüge abgesagt. Dennoch ist es gerade in unseren Tagen von sehr großer Wichtigkeit, seinen Glauben öffentlich zu zeigen und die Straßen und Plätze unseres Landes nicht anderen, oft destruktiven Gruppierungen, zu überlassen.

Das Fronleichnamsfest wird weltweit von rund 1,3 Milliarden katholischen Christen gefeiert.

Gesprächspartner: Jugendpfarrer Bernd Udo Rochna, Leiter der Katholischen Jugendstelle Donauwörth und Diözesanseelsorger der Katholischen Landjugendbewegung Augsburg.