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Artikel Europa

Deutsch-Französische Beziehungen
Europäische Solidarität liegt im deutschen Interesse

Die für Europa essentielle Partnerschaft Deutschlands und Frankreichs wird durch die Corona-Krise auf die Probe gestellt. Was alles von der guten Zusammenarbeit mit unserem Nachbarland abhängt, erklären zwei französische Experten für Sicherheitspolitik im Interview.

Die Corona-Krise berührt auch die deutsch-französischen Beziehungen, manchmal ganz direkt – etwa hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, aber auch was die Gestaltung ihrer künftigen Beziehungen zu außereuropäischen Staaten angeht. Zwei Experten des Pariser außen- und sicherheitspolitischen Think Tanks IFRI (Institut Français des Relations Internationales) erklären im HSS-Interview, wie es um die zentrale europapolitische Achse der deutsch-französischen Beziehungen bestellt ist.

Freundlich lächelnder Mann mit schütterem Haar im Anzug

Éric-André Martin ist Generalsekretär des Cerfa (Studienkomitee für deutsch-französische Beziehungen) innerhalb des Think Tanks IFRI. Neben deutsch-französischen Fragen umfasst seine Expertise auch Bereiche wie Proliferation, europäische Außenbeziehungen und internationale Sanktionen. Er hat sowohl im französischen Außen- wie auch im Wirtschafts- und Finanzministerium gearbeitet und hatte Stationen u.a. in Deutschland und Polen. Zu seinen EU-bezogenen Tätigkeiten gehört auch die Beratung der Europäischen Kommission.

Eric-Andre Martin

HSS: Herr Martin, Sie sind Generalsekretär des Studienkomitees für deutsch-französische Beziehungen (Cerfa) im Pariser Think Tank IFRI, das Studienkomitee in dem Sie, Herr Maurice, zur deutschen Innen- und Außenpolitik forschen. Fangen wir vielleicht mit einer allgemeinen Einschätzung der aktuellen bilateralen Lage an: Wie steht es derzeit um Frankreich und Deutschland?

Éric-André Martin: Nun, zwei der vielen möglichen Themenfelder, die hier angesprochen werden können, sind die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Sichtweise auf den Umgang mit der Covid-19-Krise mit und innerhalb der EU-Strukturen. Im ersten Bereich stehen die Dinge derzeit (wieder) recht gut, gerade dank der Zusammenarbeit auf subnationaler Ebene, beispielsweise mit der Aufnahme von Patienten aus der Region Grand Est in Krankenhäusern insbesondere in Baden-Württemberg. Dies hilft dabei, die Scharte auszuwetzen, die manche frühere Entscheidungen auf der nationalen Ebene hinterlassen haben, z.B. die weitgehende Schließung der deutschen Grenze zu Frankreich. Hier sollten wir natürlich ausgewogen urteilen: So ziemlich alle Beteiligten mussten improvisieren, und die Mischung von Überforderung und Spontaneität im Umgang mit der ausbrechenden Pandemie hat durchaus zu Schritten geführt, die im Nachhinein einfacher als Fehlentscheidungen zu erkennen sind. Die Symbolwirkung hingegen, die einseitige Grenzschließungen haben, schwächt das nicht ab. Viele Wirtschaftsräume, auch und gerade der deutsch-französische, sind derart integriert, dass Einschränkungen von Personen- wie von Güterverkehr praktisch immer negative Folgen haben – nicht nur in der Statistik, sondern im Alltag der vielen Grenzgänger.

Ein zweiter Aspekt ist derjenige der Zusammenarbeit in der EU. Auf Wirtschaftliches können wir vielleicht noch eingehen; an dieser Stelle möchte ich eher den Diskurs über die EU ansprechen. Wie auch schon in anderen Politikbereichen und in früheren Krisen ist „EU-bashing“ ein probates Mittel, von eigenen Verantwortlichkeiten abzulenken. Legitim ist natürlich fundierte und klar benannte Kritik. In sanitären Fragen hingegen ist die politische Kompetenz stets bei den Staaten geblieben, und die Handlungsmöglichkeiten z.B. des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) sind sehr gering. Im Übrigen hatte man auf der EU-Ebene (und nicht nur dort) im Bereich Katastrophenschutz bisher vielmehr an Erdbeben, Waldbrände o.ä. gedacht, nicht an Pandemien. Gleichwohl ist zu fragen, warum die Informationsgewinnung und -verbreitung – beispielsweise des ECDC – nicht besser funktioniert hat, und wie sie es künftig könnte.

Paul Maurice: Die gerade angesprochene Grenzschließung hat in der Tat Unmut hervorgerufen, wie allerdings auch manche unschöne zwischenmenschliche Szenen an Grenzübergängen oder in grenznahen Supermärkten, für die die Regierungen nicht in der Form verantwortlich gemacht werden können (und trotzdem ihr Bedauern ausgesprochen haben, wie z.B. durch Außenminister Heiko Maaß). Dabei sollten wir nicht vergessen, dass solche Spannungen kein spezifisch deutsch-französisches Problem sind, sondern dass z.B. Grenzschließungen ja vielerorts in der EU vorgenommen worden sind. Dass sie nun gerade hier einen Nachgeschmack hinterlassen, liegt auch an der sonst besonders engen Integration unserer beiden Länder – die ja bestehen bleibt: Wie gerade schon angedeutet, hat die nationale Ebene zwar (aus regionaler Sicht) gelegentlich „dazwischen gefunkt“, aber die Zusammenarbeit der Verwaltungs- oder Regierungsspitzen von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und der Region Grand Est hat insgesamt sehr gut funktioniert. Angestoßen wurde sie von der Vorsitzenden des Rates für das département Haut-Rhin und dem Freiburger Bürgermeister, Brigitte Klinkert und Martin Horn, was die Belastbarkeit und Funktionsfähigkeit der lokalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unterstreicht.

Gemessen blickender Mann ohne Krawatte vor einem Bücherregal

Paul Maurice arbeitet als Wissenschaftler im Cerfa zu Fragen der deutschen Innen- und Außenpolitik, zu den Parteien in Deutschland sowie zur Geschichte der europäischen Integration. Er hat in Paris und Berlin studiert und war vor seinem Eintritt in das Cerfa u.a. Lehrbeauftragter an den Universitäten Paris Est Créteil und Sciences Po in Rennes.

Paul Maurice

HSS: Da wir von nationaler und regionaler Politik sprechen, eine Frage zu den politischen Strukturen: Wie werden derzeit in Frankreich Zentralismus und Föderalismus gesehen, besonders in Bezug auf ihre (wahrgenommene) Funktionsfähigkeit in der Covid-19-Krise?

Martin: Was wohl zu dem besonders zentralistischen Eindruck der Krisenhandhabung in Frankreich beigetragen hat, auch in der deutschen Presse, war der Kommunikationsstil von Präsident Macron – besonders in den ersten Wochen der Krise. Der Ton macht die Musik, und der Diskurs von Bundeskanzlerin Merkel oder Bundespräsident Steinmeier war deutlich gesetzter: Man sieht sich eben nicht im Krieg. Er war auch kooperativer, wenn Sie so wollen – durch den Appell an die Eigenverantwortung – einladender, als gerade die erste Fernsehansprache von Macron [vom 16. März; in dieser Ansprache hatte er u.a. die Ausgangssperre verkündet]. Sein doch etwas martialischer Tonfall hat die Franzosen eher verunsichert als beruhigt; zudem wird die Regierungskommunikation insgesamt seither als nicht so offen und aufklärend angesehen, wie es die Bürger gerne hätten. Aber abseits der Rhetorik und bezogen auf Ihre Frage nach Strukturen: Gegenwärtig scheint es so, als ob Subsidiarität bei der Bewältigung einer gesundheitlichen Krise funktionaler ist als eine zentralisierte Herangehensweise. Das ist offenkundig abhängig vom Politikfeld, wie die Effizienz eines gut koordinierten Zentralismus beispielsweise im Bereich der inneren Sicherheit erwiesen hat.

Maurice: Die Gegenüberstellung von französischem Zentralismus und deutschem Föderalismus ist aktuell ja ein beliebtes Thema, auch in der französischen Presse. Natürlich sind die Strukturprinzipien der beiden Staaten sehr verschieden, doch in der tatsächlichen Funktionsweise nicht so einfach schematisch in zentral und föderal „sortierbar“. Wie gesagt, lokale und regionale Kooperationen haben einerseits früher als die nationalen angefangen, andererseits manchmal auch trotz der politischen Divergenzen auf nationaler Ebene weiter funktioniert. Und das übrigens nicht nur im grenznahen Raum, denken Sie nur an die Unterstützung von Mülhausen durch das hessische Kassel im Rahmen ihrer Städtepartnerschaft. Aber auch die politische Entscheidungsfindung ist in Deutschland – jedenfalls derzeit – sehr koordiniert, wie die Einführung der Mundschutzpflicht nach „dringender Empfehlung“ durch die Bundesregierung zeigt, die binnen weniger Tage in allen Bundesländern eingeführt wurde (wenn sie nicht schon bestand). Umgekehrt hat der Grand Est nicht auf die Pariser Politik gewartet, um beispielsweise die Schulschließungen auf regionaler Ebene anzuordnen. Erst später ist eine solche Anordnung für das gesamte französische Territorium ergangen.

HSS: Wie werden denn gegenwärtig Deutschlands Krisenmanagement und, etwas allgemeiner, die deutsche innenpolitische Landschaft von Frankreich aus wahrgenommen?

Maurice: Beide Aspekte werden hier aufmerksam verfolgt – also nicht nur die Krisenmaßnahmen, sondern auch die Entwicklung der politischen Kräfte und das Verhalten diverser Persönlichkeiten. Momentan sehen wir mit den steigenden Zustimmungswerten zur Großen Koalition so etwas wie einen „Rezentrierungseffekt“, also eine gewisse Stärkung der traditionellen Volksparteien. Umgekehrt scheint mir manches Oppositionsverhalten, z.B. bestimmte Kritiken der FDP, eher eine politische Überlebensstrategie zu sein. Was das langfristig für die Parteienkonstellation bedeutet, steht aber in den Sternen. Was Persönlichkeiten betrifft, so schauen viele politisch interessierte Franzosen ja schon etwas länger auf die „K-Frage“ im Jahr 2021, insbesondere bezüglich des Kanzlerkandidaten von CDU/CSU. Friedrich Merz ist in der hiesigen Wahrnehmung relativ abgestiegen, aber das Verhalten der Ministerpräsidenten Armin Laschet und Markus Söder wird aufmerksam verfolgt. Dabei hat sich das Interesse etwas von Laschet – der als Beauftragter der Bundesregierung für deutsch-französische kulturelle Beziehungen eigentlich über eine höhere Sichtbarkeit in Frankreich verfügen könnte – hin zu Söder verschoben, obwohl dieser mit seiner strengeren politischen Linie eher mit [Österreichs Kanzler] Sebastian Kurz verglichen wird als mit Angela Merkel.

Martin: Gerade mit Blick auf das Wahljahr 2021 sind natürlich viele politisch interessierte Franzosen gespannt zu sehen, wer sich wie als möglicher Nachfolger Merkels positionieren kann. Unionsintern haben Laschet und Söder da insofern einen Vorteil, als Krisen ja die „Stunde der Exekutive“ sind, sie sich also in ihren Rollen – anders als Merz – bewähren (aber natürlich auch scheitern) können. Jedenfalls werden sie jetzt sozusagen qua Amt noch aufmerksamer beobachtet, wobei mit Blick auf eine etwaige Kanzlerkandidatur (so denn beide danach streben) vor allem zwei Fragen für Frankreich wesentlich sind: Wie positionieren sie sich europapolitisch, und wie in Fragen der internationalen Beziehungen? Von hier aus gesehen ist diesbezüglich das Bild sowohl von Laschet als auch von Söder unvollständig. Und im engeren bilateralen Verhältnis ist besonders eine dritte Frage relevant: Welche wirtschaftliche Zusammenarbeit wollen sie zwischen Deutschland und Frankreich?

HSS: Stichwort Wirtschaft: Die Pandemie hat zu Einbußen geführt, deren Ausmaße noch schwer abzuschätzen sind. Fast überall sind die Regierungen in die Bresche gesprungen mit Hilfsmaßnahmen, Lohnstützungen (durch Kurzarbeit), Kreditgarantien und ähnlichem. Wir reden hier von hunderten Milliarden €uro, auf der EU-Ebene sogar Billionen. Die Frage, wie das geschultert werden soll, hat auch den alten Streit über die HSS: Vergemeinschaftung von Schulden (zumindest innerhalb der Eurozone) wieder aufkommen lassen. Wie beobachten Sie diese Diskussion und die Rolle der französischen Regierung dabei?

Maurice: Das Tauziehen um etwaige „euro-“ oder „coronabonds“ ist in der Tat nicht neu; was sich im Kontext der Pandemie geändert hat, ist vor allem der Tonfall, nicht so sehr die Konstellation von Proponenten und Opponenten. Präsident Macron hat ja schon vor der aktuellen Krise die Idee eines Budgets für die Eurozone zur Debatte gestellt, womit er bei Angela Merkel und dann bei der neuen CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer auf Granit gebissen hat. Schauen wir mal, welcher Kompromiss sich da – wohl mit der Aushandlung des mehrjährigen EU-Finanzrahmens – herauskristallisieren wird. Mir scheint, dass sich Frankreichs Regierung und Diplomaten völlig im Klaren darüber sind, dass eine Einbindung Deutschlands den künftigen Mechanismus (oder Mechanismen) zur Krisenbewältigung mit dieser roten Linie umgehen muss. Offener ist derzeit die Frage, ob erst die höhe des Schecks entschieden werden soll und dann die damit zu stützenden Wirtschaftssektoren (Frankreichs Standpunkt) oder umgekehrt (Deutschlands Standpunkt).

Martin: Mir scheint, dass jenseits der Inhalte diese Diskussion auch in so etwas wie eine grundsätzliche Schieflage geraten ist. Sie mit Begriffen wie „euro-“ oder sonstigen „bonds“ zu führen, war nicht hilfreich. Alle haben mitbekommen, welche innenpolitischen Folgen das nach 2010 in Deutschland hervorgerufen hat. Übrigens spielt der innenpolitische Kalender auch in der aktuellen Debatte eine Rolle, so in Italien und den Niederlanden, aber das nur am Rande. Problematisch an der diskursiven Schieflage ist, dass dies den Blick darauf verstellt, dass die Bundesrepublik sehr wohl zu europäisch-solidarischem Handeln bereit ist, und das ja auch nicht erst seit heute. Es verstellt außerdem den Blick darauf, dass das Ziel eines wie auch immer gearteten künftigen Instruments nicht die Vergemeinschaftung der Staatsschulden sein soll, sondern die möglichst weitgehende Nivellierung der Anleihezinsen. Wir werden sehen, welchen Weg die Staaten der Eurozone und die EZB finden werden, um künftige Spekulationen gegen ein Währungsmitglied parieren zu können. Jedenfalls habe ich den Eindruck, dass auch die Bundesregierung sehr wohl weiß, welche Rückwirkungen die potenzielle Destabilisierung eines Eurozonenlandes auf die Eurozone als Ganzes haben muss, in die Deutschlands Exportwirtschaft so sehr eingebunden ist. Europäische Solidarität ist für Berlin auch wohlverstandenes Eigeninteresse.

HSS: Die aktuelle Krise hat ja sowohl geopolitische Verwerfungen deutlicher werden lassen, die schon bestanden, sie hat aber vielleicht auch neue geschaffen. Wie sehen Sie Frankreich und Deutschland, aber auch Europa aufgestellt?

Martin: Eine Sache, welche die letzten paar Monate deutlich gemacht haben, ist die unsichere Stellung Europas in einem unsicheren Multilateralismus. Das hat die Covid-19-Krise natürlich nicht hervorgerufen, sie hat vielmehr wie ein Katalysator gewirkt – wie auch für die Spannungen zwischen Peking und Washington. Wir Europäer müssen uns mehr Eigenständigkeit erarbeiten, gegenüber den USA wie gegenüber China; nur mit eigener Souveränität können wir die für uns essentiellen Beziehungen über den Atlantik und zum Reich der Mitte gestalten. Kurz gesagt: Wir brauchen sowohl Unabhängigkeit als auch Verflechtung. Nehmen wir das Beispiel der Industriepolitik, das ist auch für den deutsch-französischen Kontext erhellend. Wir kommen dieses Jahr in eine Rezession, welche der Internationale Währungsfonds in seinem World Economic Outlook für die Eurozone auf über 7% des BIP beziffert. Das ist ein tiefer Einschnitt. Die Gestaltung der wirtschaftlichen Wiederbelebung wird daher von erheblicher strategischer Bedeutung sein: Welche Liefer- und Fertigungsketten können (und sollen) reaktiviert werden? Das ist auch eine Frage der nationalen und europäischen Abhängigkeit von Importen für Konsum und Weiterverarbeitung in der eigenen Industrie, aber auch bei der Versorgung. Industriepolitisch wird sich nach der Pandemie nicht so sehr die Frage nach mehr oder weniger Staat stellen als vielmehr diejenige nach den eigenen industriellen Kapazitäten. Um nur ein Beispiel zu nennen: Europa hat keine nennenswerte Industrie für Solarpanele mehr. Die sitzt jetzt in China. Überhaupt gibt Europa nicht bloß die Fertigung, sondern auch Forschung & Entwicklung und damit immer größere Anteile der Wertschöpfungskette insgesamt ab. Ich denke, dass die Frage von Europa als Industriestandort nun etwas „entideologisierter“ geführt werden dürfte, also weniger unter dem Gesichtspunkt von Steuerung vs. laissez-faire und mehr unter dem Gesichtspunkt strategischer Eigenständigkeit.

Was die geopolitische Stellung Deutschlands und Frankreichs betrifft, so gibt es Unterschiede, aber eher hinsichtlich ihrer Handlungsbedingungen als -absichten. China beispielsweise kann wirtschaftlich empfindlicheren Druck auf Deutschland ausüben, da es als Lieferant wie auch als Abnehmer wichtiger ist als für Frankreich. Dafür ist Frankreich wiederum aufgrund seiner Überseegebiete [die „dom-tom“: départements outre-mer und territoires outre-mer] viel direkter chinesischem geographischen Druck ausgesetzt, insbesondere im indischen Ozean. Die Reibungsflächen sind also unterschiedlich, aber die Wahrnehmungen in Berlin und Paris liegen denke ich nicht so weit auseinander, wenn es um die grundsätzlichen Ziele im Umgang mit Peking geht. Was glaube ich schwieriger wird, ist etwas anderes, nämlich das Definieren einer gemeinsamen Haltung gegenüber den USA. Der schrittweise Rückzug der Vereinigten Staaten aus der globalen Ordnung und Verflechtung wird auch nach Donald Trump weiter gehen. Das wird schon in naher Zukunft die möglicherweise entscheidendste geopolitische Herausforderung für die europäischen Staaten und die EU als Ganzes werden. Was mich wieder zum Punkt der Notwendigkeit einer europäischen Eigenständigkeit bringt. Die aktuelle Krise hat es denke ich überaus deutlich gemacht: An der Baustelle der europäischen Souveränität müssen wir dringend arbeiten.

HSS: Herr Martin, Herr Maurice, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Philipp Siegert, HSS-Frankreich

Leiter Institut für Europäischen und Transatlantischen Dialog

Dr. Wolf Krug