In diesem Sinne lud das HSS-Büro in Brüssel vom 9. bis 11. Juli 2017 zehn junge politische Multiplikatoren und Führungskräfte nach Brüssel ein. Ziel war es dabei, den Austausch zwischen Politik, Institutionen und Wissenschaft zu stärken.
In diesem Sinne lud das HSS-Büro in Brüssel vom 9. bis 11. Juli 2017 zehn junge politische Multiplikatoren und Führungskräfte nach Brüssel ein. Ziel war es dabei, den Austausch zwischen Politik, Institutionen und Wissenschaft zu stärken.
Zum Gesprächsprogramm gehörte ein Gedankenaustausch mit dem stv. Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung, Markus Ferber. Der CSU-Europaabgeordnete beschrieb die Lage der Europäischen Union heute als wesentlich besser als noch vor einem Jahr. Befürchtungen, dass sich nach dem Brexit andere Mitgliedsländer von der EU abwenden, bewahrheiteten sich nicht. Die verbleibenden 27 Staaten würden eine einheitliche Linie bei den Austrittsverhandlungen mit dem Vereinigten Königreich vertreten, unterstrich der 1. stv. Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung im Europäischen Parlament.
Daneben bezeichnete Ferber das Wahlergebnis in den Niederlanden und die Wahl Emmanuel Macrons zum französischen Staatspräsidenten als „eindeutiges Signal“ für eine pro-europäische Politik. Nun gelte es, daraus „etwas zu machen“. Ferber warb dafür, Macron bei seinen Wirtschaftsreformen zu unterstützen:
„Es könnte sein, dass Paris im Zuge der Durchführung von Reformen kurzfristig Spielraum bei den Euro-Stabilitätskriterien benötigt. Wir sollten uns genau anschauen, wie wir Emmanuel Macron die Hand reichen können und im Gegenzug Interessen formulieren, die uns als Deutsche besonders wichtig sind.“
Bei den anstehenden Europawahlen im Jahr 2019 wünscht sich der Wirtschaftsexperte mehr Unterschiede bei den Positionen der Parteien: „Die Bürgerinnen und Bürger brauchen Auswahlmöglichkeiten. Wer steht wofür? Als Bayern müssen wir unsere eigenen Visionen aufzeigen.“
Ferber sprach sich dafür aus, mit den Ländern im östlichen Mitteleuropa wie Polen und Tschechien einen intensiven Dialog zu pflegen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hätten diese Länder mit Eiltempo in die EU und in die NATO gestrebt. Heute befänden sie sich in einem schwierigen Selbstfindungsprozess. Der CSU-Politiker warb in diesem Kontext für wohlwollend-kritische Begleitung. Außerdem müsse man jedes Land für sich betrachten. EU-skeptische Töne aus Budapest oder Warschau hätten unterschiedliche Gründe, die es jeweils zu bedenken gebe, so Markus Ferber.
Am zweiten Tag besuchte die Delegation das Europäische Parlament (EP), die Vertretung des Freistaates Bayern bei der EU und das NATO-Hauptquartier. Zwei junge EVP-Europaabgeordnete, Sven Schulze aus Sachsen-Anhalt und der Niederländer Jeroen Lenaers, gaben Einblicke in ihre Aufgabebereiche und in die Agenda der jungen Gruppe in der EVP-Fraktion. Diese möchte ihr Netzwerk in den nationalen Parlamenten kontinuierlich ausbauen und unterhält auch ein Austauschprogramm für junge nationale Abgeordnete. „In Bereichen, in denen die Menschen viel von Europa verlangen, müsste die EU auch mehr Kompetenzen erhalten“, sagte der aus dem niederländischen Grenzland stammende Lenaers mit Blick auf Sicherheits-, Währungs- und Handelspolitik.
Als Zukunftsszenario für die EU sieht er die höchsten Chancen auf Erfolg bei einem Europa verschiedener Geschwindigkeiten, auch wenn das entsprechende Szenario von Kommissionspräsident Juncker noch einiger Anpassungen bedürfe. „Willige Mitglieder könnten die Integration weitervoranbringen und Unwillige keine Entscheidungen mehr blockieren“, sagte der überzeugte Europäer.
Sven Schulze, Diplomingenieur und junger Europaabgeordnete aus Sachsen-Anhalt, hob die großen Errungenschaften und den Gewinn an Lebensqualität hervor, den die Europäische Union ermöglicht hat. „Unsere Sozialstandards in Deutschland sind keine Selbstverständlichkeit“, sagte er. Dennoch wiedersprach er dem aktuellen Bestreben der Kommission, die gemeinschaftlichen Kompetenzen der sozialen Säule zu erweitern. „Hier werden falsche Anreize gegeben.“, warnte er, „Alle EU-Mitglieder müssen zunächst ihre Hausaufgaben machen und ihre nationalen Sozialsysteme reformieren“.
Sven Schulze sprach sich im Sinne des Subsidiaritätsprinzips für ein Europa aus, das groß im Großen und klein im Kleinen sein solle.
Im anschließenden Gespräch mit dem Brüsseler Büroleiter der Robert-Schuman-Stiftung, Charles de Marcilly, diskutierten die Teilnehmer über die Machtverschiebung in Frankreich, die Perspektiven für die deutsch-französischen Beziehungen sowie die aufgewertete Rolle Frankreichs im internationalen geostrategischen Kontext.
Eine besondere Ehre erfuhr die Delegation in der Europäischen Kommission. Christian Staat, Persönlicher Referent von Kommissar Günther Oettinger, empfing die bayerischen Führungskräfte im Sitzungssaal der EU-Kommissare. In seinen Ausführungen ging der Volkswirt auf die EU-Haushaltspolitik ein, deren Rahmen zwei Besonderheiten setzten.
Zum einen mache Brüssel keine Schulden. Jede Ausgabe sei durch eine Einnahme gegenfinanziert. Zum anderen erhebe die Europäische Union keine Steuern. Im Wesentlichen speise sich das Budget aus den Beiträgen der Mitgliedsländern, so Christian Staat, von denen jedes gerade einmal ein Prozent des nationalen Bruttoinlandsprodukts nach Brüssel überweise. Der Volkswirt brachte die Leitlinie seines Chefs prägnant auf den Punkt: „Für Herrn Oettinger soll jeder Euro, den die Europäische Union ausgibt, einen Mehrwert haben. Dies ist dann der Fall, wenn eine Investition durch Brüssel einen besseren und preisgünstigeren Effekt bringt als in den Mitgliedsstaaten.“