Print logo

Interview
Erinnerung lebendig halten – Demokratie stärken

Autor: Thomas Klotz

Deutschland stellt sich seiner historischen Verantwortung. Dazu gehört auch die bewusste, kritische Auseinandersetzung mit Gräueltaten der Vergangenheit. Was die jüdische Bevölkerung im Deutschland der NS-Zeit erleiden musste, ist daher zu Recht Gegenstand aktueller Forschung. Im HSS-Interview lassen wir zwei Preisträger des Simon-Snopkowski-Preises zu Wort kommen, die sich auf besondere Weise um die Erforschung jüdischer Geschichte und des Holocausts verdient gemacht haben.

Die Zeit des Nationalsozialismus führt uns deutlich vor Augen, dass Ungeheuerliches geschehen kann, wenn der Großteil einer Gesellschaft Unrecht und Ausgrenzung zulässt. Auf der Verantwortung, dass Vergleichbares nie wieder geschieht, basiert unser Grundgesetz. In ihm sind die freiheitlich-demokratischen Grundwerte unserer Gesellschaft festgeschrieben.

Junges Mädchen, das freundlich in die Kamera lächelt

Die 19-jährige Alina Beierlieb studiert "Sportmedizin und Gesundheitsmanagement" in Bamberg. In ihrer Schulzeit war sie aktiv am P-Seminar "VERGISSMEINNICHT" beteiligt. Für das Projekt verfasste sie einzelne Lebensläufe von durch das NS-Regime ermordeten Kinder und kümmerte sich um die Kommunikation mit Sponsoren und Unterstützern.

Alina Beierlieb

Allerdings sind, auch das lehrt uns unsere Geschichte sowie die jüngste Gegenwart, die demokratischen Strukturen unserer Gesellschaft nicht unerschütterlich. Auch sie können geschwächt, im schlimmsten Fall zerstört werden und müssen immer wieder von Neuem verteidigt werden. Deshalb sind für jede Generation die Pflege eines kritischen Geschichtsbewusstseins sowie eine lebendige Erinnerung unerlässlich. Durch das Bewusstsein des Schreckens der Nazi-Diktatur wird der Wert unserer Demokratie erst richtig sichtbar.

Auf der Basis dieses Bewusstseins müssen wir die Demokratie weiterhin gestalten. Auch das ist bildungspolitischer Auftrag der politischen Stiftungen in Deutschland. Zusammen mit anderen Bildungsinstitutionen, allen voran den Schulen, sind wir gefordert, die Erinnerung an die Folgen von Diktatur und Gewaltherrschaft wachzuhalten.

Bei unserer Veranstaltung „Erinnerung lebendig halten – Demokratie stärken“ kamen auch Simon-Snopkowski-Preisträger von 2018 zu Wort. Der Simon-Snopkowski-Preis wird alle zwei Jahre von der Gesellschaft für jüdische Kultur und Tradition e. V. verliehen. Honoriert werden Projektarbeiten, die sich der Erforschung der jüdischen Geschichte und des Holocausts, vornehmlich in Bayern, widmen.

Das Friedrich-Rückert-Gymnasium ist mit seinem Ausstellungsprojekt: „Vergissmeinnicht – Das Schicksal von jüdischen Kindern aus den ehemaligen Landkreisen Haßfurt, Hofheim und Ebern in der Zeit des Nationalsozialismus“ Preisträger. Projekt-Leiter OStR Daniel Heß und Schülerin Alina Beierlieb stellen ihre Ausstellung in unserem Interview vor. 

Mann in sehr gut sitzendem Anzug, förmlicher schwarzer Krawatte und runder Brille am Rednerpult

Daniel Heß lehrt seit 2011 am Friedrich-Rückert-Gymnasium Geschichte und Sozialkunde. Aktuell setzt er sich als Oberstufenkoordinator und als Fachbetreuer Ethik für seine Schüler ein. Das Projekt "VERGISSMEINNICHT" ist für ihn eine Art Zweitberuf geworden.

Rudi Hein

HSS: Was war die Motivation, sich für dieses Projekt zu engagieren?

Hess: Die Idee stammt von Frau Cordula Kappner, einer Geschichtsforscherin aus Haßfurt (verstorben im April 2017), die sich über Jahrzehnte sehr intensiv mit der jüdischen Geschichte speziell in Unterfranken auseinandergesetzt hat. Dabei hat sie die Biografien von hunderten von Menschen jüdischen Glaubens nachgezeichnet und diese Ergebnisse in zahlreichen Ausstellungen präsentiert. Die Idee, vor allem den Kindern ein Denkmal zu setzen, teilte sie mir bereits 2014 mit. Ich habe mich entschieden, sie dabei zu unterstützen, unwissend, dass es ihre letzte Ausstellung werden würde und wir damit auch ihrer Arbeit eine Art Denkmal setzen würden. Ihre Leidenschaft für dieses Thema, vor allem die Beschäftigung mit den Biografien von Kindern, hat sich dann sehr schnell auf mich und anschließend auch auf meine Schülerinnen und Schüler übertragen.

Beierlieb: Im Rahmen der P-Seminare werden eine ganze Reihe von Projekten zu verschiedensten Themen und vor allem auch mit unterschiedlichen Projektzielen angeboten. Als ich die Wahl hatte, wofür ich mich engagieren wollte, war für mich klar, dass es ein Projekt sein sollte, bei dem ich am Ende ein Ergebnis sehen kann und weiß, dass sich die viele Arbeit gelohnt hat und ich damit vielleicht sogar noch jemanden erreichen kann. Und auch wenn niemand von uns ahnen konnte, dass unsere Ausstellung so erfolgreich werden und so viele Menschen bewegen würde, war es das Projekt, von dem ich schon vor unserer ersten Sitzung gemerkt habe, dass es sich lohnen wird, die Zeit und Arbeit zu investieren.


HSS: Welche Bedeutung bekam für Sie die historische Örtlichkeit

Hess: Vorab sei erwähnt, dass das Archiv von Frau Kappner die Biografien von ca. 250 Kindern umfasst. Bei der Auswahl haben wir den Aspekt der „historischen Örtlichkeit“ mit einbezogen, aber nicht ausschließlich. Natürlich ist es für die Schülerinnen und Schüler des Seminars bedeutend gewesen, dass die dokumentierten Kinder aus ihrer unmittelbaren Umgebung, zum Teil aus denselben Orten stammten, was ohne Zweifel neben dem Schicksal von Kindern im Allgemeinen eine zweite – persönlichere – Ebene eröffnete. Die Tatsache, dass es sich bei den Schicksalen um die von Kinder handelte, stand aber dennoch im Vordergrund. Von Beginn an war es Teil des Konzeptes, dass die Bedeutung der Ausstellung nicht auf den engen örtlichen Raum der drei ehemaligen Landkreise beschränkt sein sollte. Vielmehr sollten die Schicksale beispielhaft und damit übertragbar auf andere Orte und Regionen sein. Die große, auch internationale Resonanz, bestätigt uns in dieser Zielsetzung.

Beierlieb: Die Heimatdörfer der Kinder, die alle Projektteilnehmer kennen, war ein Puzzleteil, das uns half, das Geschehene greifbar zu machen. Wir hatten am Anfang nur einen Namen und eine Akte. Und dann haben wir Stück für Stück diesen Namen und die Person dahinter mit Leben gefüllt. Wir haben herausgefunden, wo sie wohnten, wo sie zur Schule gingen, welchen Beruf ihre Eltern hatten und noch vieles mehr. Dadurch haben diese abstrakten und schwer vorstellbaren Zahlen und Fakten aus dem Geschichtsunterricht und den Medien ein Gesicht bekommen. Etwas, das sich jeder vorstellen kann. Natürlich sind die historischen Fakten sehr wichtig, aber kombiniert mit einem emotionalen Zugang bekommen sie einen ganz anderen Stellenwert.


HSS: Wie sind Sie damit umgegangen? Was hat Sie besonders betroffen gemacht?

Hess: Allgemein hat es mich besonders betroffen gemacht, dass wir die Schicksale von Kindern dokumentiert haben. Der Effekt, den wir erzielen wollten, also dass den Betrachter Kinderaugen anschauen und er mehr über die Geschichte dieser Kinder erfahren will, hat auch auf mich die gewünschte Wirkung erzielt. Nicht zuletzt, weil ich selbst Vater von zwei Kindern bin und meine Tochter denselben Vornamen trägt wie eines der ermordeten Mädchen in der Ausstellung hat mich die Projektarbeit selbst emotional nicht kaltgelassen. Man hat mehr und mehr das Gefühl bekommen, dass man die Kinder persönlich kennt, sprach und spricht über sie mit Vornamen, wie von alten Bekannten. Dass wir sechs Schicksale von überlebenden Kindern mit aufgenommen haben, war für die Stimmung insgesamt aber ohne Zweifel sehr zuträglich. Dass einer der Überlebenden denselben Vornamen trägt wie mein Sohn, ist eine schöne Randnotiz.

Beierlieb: Das Emotionale war natürlich, sich so intensiv mit der Person hinter dem Namen zu beschäftigen. Zu lesen, dass die Kinder meist in beliebten Familien aufgewachsen sind, dass sie oft eine glückliche Kindheit hatten, zur Schule gingen, sich nachmittags mit Freunden trafen und dann nach und nach immer mehr Ausgrenzung und Hass auch von ehemaligen Freunden erfahren mussten. Wie sie zum Teil von ihren Familien getrennt und verschleppt wurden. Und fast alle waren noch jünger als wir.


HSS: Was nehmen Sie für sich aus diesem Projekt mit?

Beierlieb: Wenn man mal von der Thematik absieht und das Projekt an sich betrachtet, hat es mir wieder einmal sehr bewusst gemacht, wie viel jeder einzelne von uns bewirken kann. Ich sage dann immer gerne: Wir kleinen Schüler aus Ebern haben so viele Menschen auf bald drei Kontinenten bewegen können. Wir hätten es nie für möglich gehalten. Aber wir hatten den Mut, etwas zu beginnen, und es ist etwas Großes daraus geworden. Ich denke, das sollte uns allen Mut und Hoffnung geben, wenn wir denken, dass wir nicht in der Lage wären, einen Unterschied zu machen. Egal, ob bei unseren persönlichen oder politischen Anliegen. Vielleicht wäre es damals nicht so weit gekommen, wenn sich mehr Menschen getraut hätten aufzustehen. Wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber wir können daraus lernen, wir können uns trauen aufzustehen und unsere demokratischen Werte zu verteidigen.

Hess: Ich würde mich grundsätzlich als Lehrertyp bezeichnen, der sehr viel Spaß an seiner Arbeit hat und sehr gerne Projekte jeder Art mit seinen Schülerinnen und Schülern durchführt. So gesehen könnte man diese Ausstellung als ein Projekt von vielen bezeichnen. Doch das ist es nicht. Schnell wurde klar, dass es dieses Mal anders ist, vor allem tiefgründiger und nachhaltiger als bei meinen anderen Projekten zuvor. Dieses Thema ließ ein Scheitern einfach nicht zu, nicht zuletzt aufgrund der schwer kranken externen Partnerin Frau Kappner, die viele Hoffnungen in ihre letzte Ausstellung gesetzt hat und bei nahezu allen Seminarsitzungen anwesend war. Ich sehe VERGISSMEINNICHT als etwas Einmaliges an, was sich so schnell nicht wiederholen lassen wird. Es hat eine Eigendynamik bekommen, multipliziert sich aufgrund der entstandenen Kontakte ständig selbst, ist längst nicht am Ende angelangt. Es öffnen sich immer wieder, oft auch unerwartet, neue Möglichkeiten. Das macht mich einerseits sehr stolz auf meine ehemaligen Schülerinnen und Schüler. Andererseits spüre ich aber auch Demut vor den Schicksalen dieser Kinder, die wir nun bekannter und bekannter machen. Es ist ein komisches Gefühl, Erfolge mit einem Projekt zu feiern, zu Preisverleihungen eingeladen zu werden, Vorträge halten zu dürfen, wenn es doch eigentlich um die Ermordung von Kindern geht. Ich nutze diese Gelegenheiten aber vorrangig, um dafür zu plädieren und zu kämpfen, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit.


HSS: Wie gelingt es bei Schülern das Interesse für die eigene Geschichte zu wecken und wach zu halten?

Beierlieb: Ich denke, um geschichtlich motivierte Schüler zu haben, muss der Geschichtsunterricht auf Verstehen ausgelegt sein. Ein Schüler muss verstehen, warum er etwas lernen soll und er muss verstehen, was er da lernt. Ansonsten wird er es auswendig lernen und wieder vergessen, anstatt Wissen zu verknüpfen und zu speichern. Dafür muss aber auch ein sinnvolles Maß an Zeit für jedes Thema eingeplant werden. Ich weiß, dass das keine einfache Aufgabe ist, da schnell irgendetwas zu kurz kommt oder unnötig viel Zeit einnimmt. Ich hätte mir aber beispielsweise mehr Zeit gewünscht, um ausführlicher die politischen Hintergründe in den letzten 150 bis 200 Jahren zu behandeln, wohingegen ich andere Themen mit weniger Zeit bemessen hätte.

Hess: Es ist nicht immer leicht, Begeisterung für Geschichte zu entfachen. Ich sehe in der Verbindung von Geschichte und Sozialkunde (verstanden als Zeitgeschichte) aber durchaus Chancen. Sicher ist es falsch und historisch schief, wenn man geschichtliche Ereignisse immer wieder mit Entwicklungen von heute vergleicht. Oft wirken solche Vergleiche darüber hinaus künstlich kreiert und einfach nicht authentisch. So finde ich es persönlich grenzwertig, den Föderalismus von heute mit Strukturen im Mittelalter in Beziehung zu setzen. Zusätzlich bleibt die Frage im Raum, welchen Mehrwert man hier bei den Schülern erzielt. Beschäftigt man sich dagegen mit der Frage, wie es so weit kommen konnte, dass Hitler an die Macht gehievt wurde und er diese so derart schnell und extrem ausbauen konnte, und stellt diese in der Jetztzeit neu, das heißt: ist unser demokratisches System wehrhaft und stark genug, dass es unter keinen Umständen wieder so weit kommen könnte, dann scheint es interessant und nachhaltig zu werden. Reicht es zum Beispiel, dass der Durchschnittsdeutsche von heute die Demokratie als grundsätzlich gute Regierungsform ansieht? Wie verhält man sich gegenüber Demokratiegegnern? Was ist heute anders als damals? Zudem kann es hilfreich sein, sich der Alltagsgeschichte des eigenen Ortes oder der eigenen Region zu widmen, um vom Speziellen zum Allgemeinen zu gelangen (siehe VERGISSMEINNICHT). Das funktioniert meiner Ansicht nach aber auch nur dann nachhaltig, wenn der eigene Ort auch entsprechende Geschichten bereithält, die es zu erzählen gibt.


HSS: Hat Sie das Projekt sensibler für historische und aktuelle politische Ereignisse gemacht? Hatte es eine Bedeutung für Ihre persönliche Einstellung zur Demokratie?

Beierlieb: Die Resonanz zu unserem Projekt hat deutlich gemacht, dass viele Menschen die Augen vor dem Leid und dem Unrecht in unserer Geschichte nicht verschließen. Das finde ich sehr gut. Allerdings ist das nicht nur Geschichte. Leider gibt es in so vielen Ländern auf dieser Welt noch Unrecht, Gewalt und Folter. Vieles davon wird vertuscht und geheim gehalten. Aber das bedeutet nicht, dass es deshalb nicht existent ist. Wir könnten das gleiche Projekt mit Flüchtlingskindern aus Kriegsgebieten machen und ich bin sicher, das Ergebnis wäre genauso erschütternd und bewegend. Und das ist nicht die Vergangenheit, das ist Gegenwart und unsere Generation hat die Möglichkeit mitzugestalten.

Hess: Definitiv hat mich die Beschäftigung mit diesem Thema, aber vor allem die Entwicklung von VERGISSMEINNICHT, sensibler für aktuelle politische Themen gemacht und auch meinen Blick auf die Demokratie verändert. Wie bereits oben angemerkt, ist diese Regierungsform keine Selbstverständlichkeit, sie war es nie, sie wird es nie sein. Die Worte von Primo Levi („Es ist geschehen, folglich kann es wieder geschehen. Das ist der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“) treffen so erschreckend aktuell auch den Kern der Tagespolitik, international, aber eben auch hier in Deutschland. Wenn die NS-Zeit von den einen als „Vogelschiss in der Geschichte“ bezeichnet wird, wenn wieder andere einen klar rassistischen Vortrag über den europäischen Platzierungs- und den afrikanischen Ausbreitungstypen halten dürfen und beides weitgehend folgenlos bleibt, dann werden meine Sorgen über die Zukunft und die Macht der Demokratie nicht kleiner. Offensichtlich muss man mehr tun als seiner ersten Pflicht, dem Gang zur Wahlurne, nachzukommen, wenn man diesen unschätzbaren Wert der Volkssouveränität erhalten möchte. Unzählige Beispiele zeigen, wie schnell man die Demokratie aushöhlen und zu einer Diktatur umbauen kann. Weimar sollte uns da eigentlich eine klare Lehre sein.


HSS: Wie schätzen Sie die Nachhaltigkeit ein?

Hess: Das muss man differenziert betrachten. Nicht nachhaltig war das Projekt bezüglich der Berufswahl. Kein Mitglied des P-Seminars hat sich für ein Studium oder eine Ausbildung im Bereich der Archivarbeit entschieden. Doch ohne Ausnahme habe ich bei allen das Gefühl, dass die Arbeit mit den Primärquellen und dem Sekundärmaterial einen klaren Effekt erzielt hat: sich nachhaltig und mit Mehrwert auf etwas einzulassen, in die Tiefe zu gehen, mit einem eindeutigen Ziel vor Augen zu klaren und vorzeigbaren Ergebnissen zu gelangen, im Team weiter zu kommen als alleine, stolz auf sich und die Gruppe sein zu können, gemeinsam Erfolge feiern zu können. Wenn man bedenkt, dass man in einem P-Seminar maximal 30 Punkte von insgesamt maximal 900 Punkten erreichen kann, dann muss man noch einmal betonen, dass die Schülerinnen und Schüler meines Seminars weit mehr als das geleistet haben, was man im Vorfeld erwarten konnte.

Ich selbst nehme mit, dass man Schülern bedenkenlos mehr Verantwortung übertragen kann als man auf den ersten Blick vielleicht denkt, vor allem wenn diese selbst mit Herzblut dabei sind. Als Lehrerpersönlichkeit, die selbst gerne alle Zügel in den Händen hält, war diese Erfahrung sicherlich auch sehr reinigend und Gewinn bringend für die Zukunft. Obwohl die Teilnehmer des Seminars bereits 2017 ihr Abitur abgelegt haben, kann ich noch heute bei diversen Veranstaltungen rund um VERGISSMEINNICHT auf deren Engagement und Beteiligung zählen.

Beierlieb: Unser Projekt wurde im Januar 2017 mit der Eröffnungsfeier offiziell beendet. Seitdem ist kein Teilnehmer mehr verpflichtet, sich für unser Projekt zu engagieren. Seit Juni 2017 haben wir alle unser Abitur, viele studieren und sind umgezogen. Aber trotzdem freuen sich alle über die Updates zum Stand der Ausstellungen und wer es sich einrichten kann, kommt sogar in seiner Freizeit zu den Eröffnungsfeiern, wenn die Ausstellung umzieht. Unser Team steht also nach zwei Jahren immer noch hinter dem Projekt, was für ein P-Seminar sehr untypisch ist. Allerdings waren alle Projektteilnehmer allgemein sehr verantwortungsvolle und interessierte Schüler, was natürlich auch viel dazu beiträgt.


HSS: Das Projekt hat ja eine gewisse Eigendynamik entwickelt. Ihre Ausstellung gibt es mittlerweile in unterschiedlichen Sprachen und wird über die Landesgrenzen hinweg ausgestellt. Wie geht es weiter?

Hess: Der Erfolg der Ausstellung überwältigt uns. Neben der amerikanischen (seit 2017) und portugiesischen Version (seit 2018) wird es 2019 eine hebräische und ab 2020 eine italienische Version geben. Die deutsche Variante ist seit Januar 2017 durchgehend unterwegs. Für 2019 ist das erste Halbjahr bereits gebucht, für die zweite Jahreshälfte gibt es einige Interessenten. Im Jahr 2020 sind bereits 2 Termine fix. VERGISSMEINNICHT ist für mich zu einer Art Zweitjob avanciert, den ich aber sehr gerne ausübe, da ich einen echten Sinn und eine absolute Verantwortung dahinter spüre. Ein besonderes Highlight 2019 wird hoffentlich die Eröffnung der hebräischen Version in Kiryat Motzkin (nähe Haifa) in Israel werden, der Partnergemeinde des Landkreises Haßberge, in dem sich sowohl unsere Schule als auch die Heimatorte der Kinder aus unserer Ausstellung befinden. Ich persönlich freue mich hier besonders auf ein Treffen mit dem Ehemann und der Tochter einer der Frauen (Kinder), die in unserer Ausstellung unter den Überlebenden dokumentiert sind. 


HSS: Frau Beierlieb, Herr Hess, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

Bildung, Hochschulen, Kultur
Thomas Klotz
Leiter