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HSS-Autoren diskutieren
Islam und Staat

Stellt der Islam mit seinen verschiedenen Spielarten ein Integrationshindernis dar? Was kann der Staat zu einem konstruktiven Miteinander der unterschiedlichen Religionen in unserem Land beitragen? Diese Fragen wurden von den Autoren des Sammelbandes „Islam und Staat“ im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Berlin diskutiert.

HSS-Vorsitzende Ursula Männle: „Beim Thema Islam brauchen wir eine sehr differenzierte Diskussionskultur".

HSS-Vorsitzende Ursula Männle: „Beim Thema Islam brauchen wir eine sehr differenzierte Diskussionskultur".

HSS

Die Aufgabe, hier in Deutschland ein friedliches Miteinander gemeinschaftlich zu gestalten, ist eine Herausforderung, die die Politik nur gemeinsam mit der deutschen Zivilgesellschaft bewältigen kann. Im Vorfeld der für den Juli geplanten  Veröffentlichung des Sammalbandes „Islam und Staat“ hatte das Hauptstadtbüro der Hanns-Seidel-Stiftung zu einer Podiumsdiskussion in Berlin eingeladen, um die Rolle des Islams bei der Integration zu erörtern. 

In ihrer Begrüßung betonte Prof. Ursula Männle, Staatsministerin a.D. und Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung die Wichtigkeit einer differenzierteren Diskussionskultur beim Thema Islam. Denn es werde immer schwieriger, dieses Thema zu behandeln. Eine Erfahrung, die auch die Hanns-Seidel-Stiftung im Rahmen ihrer Veranstaltungen wiederholt habe machen müssen. Es gelte jedoch diskussionsfähig zu bleiben und Spannungen abzubauen, so Männle.

Austausch zwischen den Religionen befördern! (Gerda Hasselfeldt)

Austausch zwischen den Religionen befördern! (Gerda Hasselfeldt)

HSS

„Gesprächskreis Islam“

Gerda Hasselfeldt, MdB, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, bestätigte die Notwendigkeit eines differenzierten sowie fachlich fundierten Austausches mit den verschiedenen Glaubensformen. Sie verwies hierbei auf den vor zwei Jahren ins Leben gerufenen Gesprächskreis „Islam“ der CSU Landesgruppe im Deutschen Bundestag, der wichtige Anregungen unter anderem für das im Jahr 2016 in Kraft getretene Integrationsgesetz geliefert habe. „Die Themen sind da um bearbeitet zu werden, um diskutiert zu werden, um Probleme abzubauen“, so Hasselfeldt.

Auf die Frage, was Deutschland von dem erst jüngst novellierten österreichischen Islamgesetz lernen könne, stellte Oliver Henhapel, Leiter des Kultusamtes im österreichischen Bundeskanzleramt zunächst die unterschiedlichen Regelungen im Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften in Österreich und Deutschland dar. So gelte bei unseren Nachbarn bereits seit 1867 eine strikte Trennung zwischen Staat und Religion. Von „historisch spannender Bedeutung“ sei hier insbesondere die österreichische Regelung zur ausländischen Finanzierung von Religionsgemeinschaften. Mit Blick auf muslimische Gemeinden in Österreich kritisierte er fehlende Kenntnisse der Imame über die Lebensrealitäten junger Menschen. Dies liege vor allem daran, dass die meisten Imame nicht in Österreich aufgewachsen seien.

Alexander Radwan, MdB, (rechts im Bild) moderierte die Podiumsdiskussion.

Alexander Radwan, MdB, (rechts im Bild) moderierte die Podiumsdiskussion.

HSS

Imame in Deutschland ausbilden

Bezogen auf die Debatte über die Auslandsfinanzierung gab Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland zu bedenken, dass sich muslimische Gemeinden auf Grund ihrer geringen Finanzmittel eine gezielte Imam-Ausbildung in Deutschland kaum leisten und vor allem keine Perspektive auf spätere Anstellung bieten könnten. Er schlug deshalb vor, Mischkonzepte zu erarbeiten, die es ermöglichen könnten, mehr Imame im Inland auszubilden. 

Für die Journalistin Düzen Tekkal sind Moscheegemeinden generell noch unzureichend aufgestellt, um Integration überzeugend und nachhaltig zu fördern. In ihren Einschätzungen bezog sich die Journalistin mitunter auf negative Erfahrungen, die sie bei Lesungen ihres Buches „Deutschland ist bedroht: Warum wir unsere Werte jetzt verteidigen müssen“ habe machen müssen, auch mit Verantwortlichen muslimischer Gemeinden. Diese Eindrücke bestärkten sie in ihrer Forderung nach mehr und bewussterer Selbstkritik und Selbstverantwortlichkeit von Seiten der Religionsgemeinschaften.

Religiöser Bezug der Attentate von Würzburg, Ansbach und Berlin nicht von der Hand zu weisen (Winfried Bausback, Mdl)

Religiöser Bezug der Attentate von Würzburg, Ansbach und Berlin nicht von der Hand zu weisen (Winfried Bausback, Mdl)

HSS

Burka oder Niqab im öffentlichen Dienst?

Der bayerische Justizminister Winfried Bausback forderte klare Grenzen bei der Religionsfreiheit ein: „Wir können die Augen nicht davor verschließen, dass der politische Islam eine große Herausforderung für Deutschland  darstellt“, so der Bayerische Staatsminister der Justiz. Die Attentate in Würzburg, Ansbach und Berlin zeigten, dass ein religiöser Bezug in diesen Fällen nicht von der Hand zu weisen sei. Daneben beobachte er weitere Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Islam, die die Werte des freiheitlichen, demokratischen Verfassungsstaates herausforderten. So gelte es zum Beispiel zu klären, ob das Tragen von Burka oder Niqab im öffentlichen Dienst von der Religionsfreiheit gedeckt sei. Bezugnehmend auf das Paradox der Toleranz nach Karl Popper, wonach uneingeschränkte Toleranz zu ihrem Verschwinden führe, verwies Bausback auf das Dilemma einer toleranten Gesellschaftsordnung, deren liberale Werte durch Intoleranz herausgefordert würden.

Dem trat relativierend Aiman Mazyek entgegen: „Die deutliche Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslime ist gut integriert“, sagte Mazyek. Die öffentliche Debatte über dennoch bestehende Probleme zur Vereinbarkeit von Islam und Integration bewege sich jedoch zu sehr an der Oberfläche, während konkrete Lösungsvorschläge ausblieben.

In der Abschlussrunde wurde deutlich, dass Integration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe einen langen und nicht einfachen Weg darstellt, der gemeinsam beschritten werden muss. Nur so sei es möglich, eine freie und integrierte Gesellschaft zu schaffen.  Hierzu soll auch die Publikation „Islam und Staat“ einen Beitrag leisten.

Der Sammelband mit Artikeln der oben genannten Rednerinnen und Redner sowie weiterer Autorinnen und Autoren erscheint im Juli im Verlag Duncker & Humblot.