Print logo

Donald Trumps Tweets
Der Beginn eines Handelskriegs

Der amerikanische Präsident Donald Trump fordert die Prinzipien des Welthandels heraus. Das macht er, wenig überraschend, durch seine Tweets. Sie sind Belege dafür, wie man eine Eskalation aufschaukelt an deren Ende ein globaler Handelskrieg stehen könnte.

Der amerikanische Präsident Donald Trump fordert die Prinzipien des Welthandels heraus. Das macht er, wenig überraschend, durch seine Tweets. Sie sind Belege dafür, wie man eine Eskalation aufschaukelt an deren Ende ein globaler Handelskrieg stehen könnte und darum sind sie in diesem Text auch die Ankerpunkte. Sie geben den Impuls für den je nachfolgenden Kommentar, der dazu beitragen möchte, die komplexe Situation des Welthandels zu erklären und die politischen Optionen zu beleuchten.  Trump folgt in seiner Vorgehensweise dem martialischen Spruch von Herman Kahn: „Ein Nuklearkrieg ist zweckmäßig und machbar – und er kann gewonnen werden.“  Die Absurdität dieser Aussage ist unmittelbar einleuchtend. Bei Handelskriegen dagegen setzen die Machthaber tatsächlich auf „Sieg“. Die zerstörerische Kraft solcher Handelsauseinandersetzungen ist jedoch immens. Auf dem Spiel steht das Konzept einer regelbasierten, offenen Welt in dem Austausch selbstverständlich ist.

Für exportabhängige Nationen wie Deutschland ist das wesentlicher Teil der Wohlstandssicherung. Nicht alle profitieren gleichermaßen vom Welthandel, daran ist zu arbeiten, dafür brauchen wir stabile internationale Organisationen – und das Verständnis der Menschen für die Komplexität und Verwundbarkeit des Systems. Wir hatten mit TTIP im eigenen Land sehr intensive Auseinandersetzungen, die die Vorbehalte und auch die Schwachstellen des Handels klar herausgearbeitet haben. Trotzdem wünscht sich der ein oder andere mittlerweile doch, dass der Vertrag zwischen EU und USA zustande gekommen wäre.  Ob es zu einer Neuauflage kommen wird, hängt natürlich auch vom weiteren Verlauf und den Protagonisten in China ab. Wir bleiben dran.

Ein Umschlagshafen von oben aufgenommen. Dahinter blaues Wasser und eine bebaute Insel in der Ferne rechts oben im Bild.

Böse Zungen behaupten: Für Trump ist Handel nur dann „smart“, wenn er den maximalen Interessen der USA entspricht.

Ein „Krieg“ um „fairen Handel“?

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump 

1. März  

Our Steel and Aluminum industries (and many others) have been decimated by decades of unfair trade and bad policy with countries from around the world. We must not let our country, companies and workers be taken advantage of any longer. We want free, fair and SMART TRADE! 


Dieser Tweet Donald Trumps ist ein robuster Schritt in eine Konfrontation mit Europa, China und vielen anderen Ländern, die in einer Handelsbeziehung mit den USA stehen. Trump macht eine einfache Rechnung auf: Die amerikanische Stahlindustrie ist leidend. Schuld daran sind seine Vorgänger und die unfairen Handelspraktiken anderer Länder. Er fordert „Smart Trade“, also fairen Handel, wobei unklar bleibt, was er darunter versteht. Böse Zungen behaupten: Für Trump ist Handel dann „smart“, wenn er den maximalen Interessen der USA entspricht.

So versteht Trump den Welthandel

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump
2. März
 

When a country (USA) is losing many billions of dollars on trade with virtually every country it does business with, trade wars are good, and easy to win. Example, when we are down $100 billion with a certain country and they get cute, don’t trade anymore – we win big. It’s easy!


Trump twittert sein Verständnis von Handel in die Welt: Handel ist für ihn ein Nullsummenspiel. Wenn es ein Ungleichgewicht zwischen Export und Import gibt, wie die aktuell 375 Milliarden Dollar US-Handelsdefizit mit China, dann schützt man die eigene Wirtschaft, belegt die Importe mit einem Zoll und schon läuft alles wieder rund. In der Realität ist das natürlich nicht so einfach. Der Welthandel ist geprägt von gegenseitigen Abhängigkeiten und Verwundbarkeit. Allein die globalen Wertschöpfungsketten machen einen echten Schutz heimischer Wirtschaft kaum möglich – zumindest nicht, ohne die eigene Bevölkerung zu belasten. Kurzfristig kann eine positive Reaktion sichtbar werden, aber mittel- und langfristig werden notwendige Innovationen ausbleiben, die Wettbewerbsfähigkeit sinkt, es kommt zu Arbeitslosigkeit. EU-Ratspräsident Donald Tusk kommentierte: „Handelskriege sind schlecht und leicht zu verlieren.“

Info: Handelsbilanzdefizit USA

 Es lag im Jahr 2017 bei beachtlichen 566 Milliarden Dollar. Die Handelsbilanz erfasst das Verhältnis der Exporte zu den Importen. Wenn ein Land mehr importiert als exportiert, baut es ein Handelsdefizit auf. Das kann verschiedene Gründe haben, etwa eine niedrige Sparquote oder starke Konsumorientierung der einheimischen Bevölkerung. Wenn die heimische Bevölkerung wenig spart, viel konsumiert, wenn sie die Produkte aus dem Ausland attraktiver, qualitativ hochwertiger, moderner, nachhaltiger, preiswerter einschätzt, dann entstehen Ungleichgewichte. Solange die ausländischen Produkte nicht deshalb preiswerter sind, weil sie vom Exportland subventioniert werden oder weil es sich um Dumpingpreise handelt, entspricht das den Regeln eines freien Welthandels im Rahmen der WTO. Da jedem Güteraustausch auch ein Geldfluss gegenübersteht und der amerikanische Kapitalmarkt für Ausländer sehr interessant ist schafft das Abhängigkeiten. Vor allem China hält amerikanische Staatsanleihen. Es ist durchaus verständlich, dass Trump bei 566 Milliarden Dollar Defizit nicht glücklich ist.

Im Vergleich zu ihrem hohen Konsum exportieren die USA wenige Güter. Die Schuldigen dafür im Ausland zu suchen, erscheint Präsident Trump derzeit opportun.

Legitimation

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump
2. März  

We must protect our country and our workers. Our steel industry is in bad shape. IF YOU DON’T HAVE STEEL, YOU DON’T HAVE A COUNTRY!


Darf Trump einfach so Zölle erheben? Eigentlich müsste er sich das vom Kongress genehmigen lassen. Maßnahmen zur Wahrung der „nationalen Sicherheit“ allerdings kann der US-Präsident per Dekret beschließen. Das wird ihm durch den „Trade Expansion Act“ von 1962 ermöglicht. Genau so argumentiert Donald Trump, wenn er sagt: „Hast du keinen Stahl, hast du kein Land.“ Die Welthandelsorganisation (WTO), bei der die USA Mitglied ist, erlaubt ebenfalls Schutzzölle, wenn die nationale Sicherheit bedroht ist. Sie klärt auch, wann dies der Fall ist. Die Staaten können einen Antrag auf Prüfung bei der WTO stellen.

Info: Trump und die WTO

Die WTO hat zwei große Aufgabenbereiche: Sie soll liberalen, also freien und regelbasierten Welthandel garantieren und stellt ein Streitschlichtungsverfahren zur Verfügung. Sie bringt auch kleinere Länder auf Augenhöhe in den Ring eines regelbasierten Welthandels. Eine solche multilateral angelegte Organisation passt nicht in Trumps Weltbild. Das hat er schon früh in seiner Präsidentschaft klargemacht. Er bevorzugt bilaterale Verhandlungen mit einzelnen Partnern, in denen er die wirtschaftliche und militärische Überlegenheit der USA voll ausspielen könnte. Eine Schwächung internationaler Institutionen wie der WTO scheint Teil einer Strategie Trumps zu sein. So blockiert die US-Administration die Besetzung freier Richterstellen bei der WTO mit ihrem Veto, so dass die WTO-Schiedsgerichte ohne ausreichende Mehrheiten dastehen und handlungsunfähig geworden sind. Ganz aus der WTO auszutreten, wie Trump es bereits mehrfach angekündigt hatte, wäre schwierig für die USA, denn dann müssten die USA mit allen ehemaligen Handelspartnern neue Verträge abschließen.

Die Kontinente verbindende dynamische Linien, die den Austausch von Waren symbolisieren.

Die WTO hat die Aufgabe, auch kleinere Länder auf Augenhöhe am Welthandel teilnehmen zu lassen und Rechtssicherheit zu garantieren.

sumanley; CC0; pixabay

Hat Trump Recht?

Verifizierter Account @realDonaldTrump
2. März
 

When a country Taxes our products coming in at, say, 50%, and we Tax the same product coming into our country at ZERO, not fair or smart. We will soon be starting RECIPROCAL TAXES so that we will charge the same thing as they charge us. $800 Billion Trade Deficit – have no choice!  


Tatsächlich sind die Zölle etwa zwischen EU und USA nicht einheitlich, was allerdings aufgrund der unterschiedlichen Marktausrichtung auch nicht verwunden kann. Die EU importiert amerikanische Autos (z. B. Ford Mustang) und verlangt dafür 10% Zoll. Bei Importen europäischer Autos in die USA werden hingegen nur 2,5% fällig. Die Importe amerikanischer Autos in die EU sind überschaubar. Die Stückzahlen europäischer Autoexporte geht in die Millionen. Würden die Zölle steigen, träfe das amerikanische Konsumenten direkt, die etwa BMW oder Mercedes bevorzugen. US-Autofabrikanten könnten davon auf dem Heimatmarkt wohl kurzfristig profitieren, im Ausland allerdings unter Druck geraten, denn eine Antwort der betroffenen Länder würde sicher nicht lange auf sich warten lassen. Dazu kommt, dass diese Tarife im Rahmen der WTO maßgeblich von den USA mitgestaltet worden sind, auch mit Hinblick auf günstige Preise für amerikanische Verbraucher. Den Vorwurf einseitigen, unfairen Handelsgebarens muss sich die EU also nicht gefallen lassen.

Auf der Suche nach Schuldigen

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump
3. März
 

The United States has an $800 Billion Dollar Yearly Trade Deficit because of our “very stupid” trade deals and policies. Our jobs and wealth are being given to other countries that have taken advantage of us for years. They laugh at what fools our leaders have been. No more!  


Für das massive Ungleichgewicht in der amerikanischen Handelsbilanz macht Trump alle Präsidenten der USA verantwortlich, die je einen Handelsvertrag geschlossen haben, außerdem das Ausland, von dem sich die Vereinigten Staaten über den Tisch ziehen ließen. Er benennt weder die niedrige Sparquote oder die Konsumorientierung der Amerikaner noch die strategische Auslagerung der Industrieproduktion amerikanischer Firmen als Gründe für das ausufernde Handelsdefizit. Offenbar will Trump weder seine Basis noch die Unternehmen verärgern, also sucht er die Schuldigen woanders. Äußere Feinbilder aufzubauen mag für Trump besonderes im Moment verlockend erscheinen: Das Personalkarussell im Weißen Haus dreht sich weiter und Sonderermittler Robert Mueller kommt im Zuge seiner Ermittlungen dem engsten Umfeld Trumps offenbar näher.

Internationale Handelsbilanzen 2006 und 2016 im Vergleich

CC0; Eurostat

Die nächste Stufe der Eskalation

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump
3. März  

If the E.U. wants to further increase their already massive tariffs and barriers on U.S. companies doing business there, we will simply apply a Tax on their Cars which freely pour into the U.S. They make it impossible for our cars (and more) to sell there. Big trade imbalance!  


Jetzt läuft die Eskalationsspirale so richtig an. EU-Kommissionspräsident Juncker verkündete, dass die EU eine einseitige Erhöhung der Zölle nicht einfach so hinnehmen würde. Er listete dabei eine Reihe amerikanischer Produkte auf, die vor allem in republikanisch dominierten Staaten produziert werden: Harley-Davidson, Bourbon-Whiskey, Jeans. Damit könnte die EU die Basis Trumps direkt treffen. China, kalkuliert ähnlich und zielt zum Beispiel mit ihrem Importzoll auf Sojabohnen direkt auf einen Exportschlager der amerikanischen Landwirtschaft und damit auf republikanische Kernwähler.

Info: Zuständigkeiten innerhalb der EU

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, signalisiert, dass die Bundesregierung keinen Handelskrieg möchte und er deshalb die Ideen von Präsident Juncker nicht begrüßt: nicht nur, weil lange dauerte, solche Gegenmaßnahmen umzusetzen, sondern auch, weil Zölle auf Autoimporte natürlich vor allem Deutschland treffen würden. Steffen Seibert kann aber lediglich die Wünsche der deutschen Regierung formulieren. Die Entscheidung liegt allein bei der EU-Kommission.  Am 1. Dezember 2009 ist nämlich der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten. Darin ist festgeschrieben, dass die Europäische Union die alleinige Zuständigkeit der Handelspolitik für alle Mitgliedstaaten hat. Die Kommission verhandelt, der Rat, das Europäische Parlament und – sofern es sich um ein gemischtes Abkommen handelt – auch die Mitgliedstaaten beschließen. Damit verzichten sie auf einen Teil ihrer Souveränität. Deutschland beispielsweise wäre gar nicht befugt, mit den USA ein bilaterales Handelsabkommen abzuschließen. Das hat Angela Merkel bei ihrem letzten Besuch Präsident Trump erklären müssen, denn der würde viel lieber allein mit Deutschland als mit der ganzen EU verhandeln.

Verführerische Ausnahmen

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump
5. März
 

We have large trade deficits with Mexico and Canada. NAFTA, which is under renegotiation right now, has been a bad deal for U.S.A. Massive relocation of companies & jobs. Tariffs on Steel and Aluminum will only come off if new & fair NAFTA agreement is signed.  Also, Canada must.  


Die neuen Importzölle auf Stahl und Aluminium nutzt Trump nun als Druckmittel in seinen Verhandlungen zur Neugestaltung des Nordamerikanischen Handelsabkommens (NAFTA) mit Kanada und Mexiko, des größten Freihandelsabkommens der Welt. Weltweit buhlen Länder nun darum, selber Teil einer Ausnahmeregelung zu werden. Neben Kanada und Mexiko hat sich auch Australien und die EU angemeldet, von den Zöllen ausgenommen zu werden. Dadurch wird die Rolle der WTO weiter geschwächt.

Ein Boot des deutschen Zolls

In Donald Trumps Verständnis, kann man gegen Handelsdefizite angehen, indem man Importe mit Zöllen belegt. Das hat nur kurzfristig Aussicht auf Erfolg.

AKrebs; CC0; pixabay

Ein fatales Junktim

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump
6. März – Retweet

DRUDGE REPORT We are getting it done – jobs and security!  


Nicht nur Zölle nutzen die USA derzeit als Waffe. Auch ihre Rolle als Garant weltweiter Sicherheit will sich Donald Trump zukünftig bezahlen lassen. Hier beginnt eine unheilige und bislang nie dagewesene Verbindung von Sicherheits- und Handelsinteressen.

Sicherheit und Freihandel könnte es mit den USA in Zukunft nur gegen Bezahlung geben. Trump fordert von allen NATO-Mitgliedstaaten, wie bereits vertraglich zugesichert, 2 % des Bruttoinlandsproduktes in Militärausgaben zu investieren, nicht zuletzt, um die USA zu entlasten. Diese durchaus berechtigte Forderung jedoch mit handelspolitischen Forderungen zu verbinden oder den Eindruck zu erwecken, die US-Verbündeten müssten für ihren Schutz im Voraus bezahlen, führt zu einer neuen Form der Verwundbarkeit und zur Schwächung der Allianz, die ja auf der bedingungslosen Solidarität aller Mitgliedsstaaten gegründet ist. Sicherheitspolitik wird zu einem austauschbaren Gut: Sicherheit versus Wohlstand. Dieses Junktim schwächt natürlich auch die Rolle der WTO weiter und damit die verlässlichste Anlaufstelle für den Ausbau multilateraler Ordnungsmuster.

Das Personalkarussell dreht sich weiter

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump
7. März
 

Will be making a decision soon on the appointment of new Chief Economic Advisor. Many people wanting the job – will choose wisely!  


Die Börse reagierte nervös, als Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn wegen der protektionistischen Maßnahmen Trumps seinen Rücktritt einreichte. Mit ihm hat der letzte prominente Verfechter des Freihandels das Weiße Haus verlassen. Sein Nachfolger präsentierte der Präsident eine Woche später per Twitter: Der 70-jährige TV-Moderator Larry Kudlow, der bereits unter Ronald Reagan gearbeitet hatte, gilt als loyaler Unterstützer Trumps UND des Freihandels, aber: im Falle der EU und China weicht er von dieser Linie ab. Die Europäische Union verfolge „eine sehr schlechte, protektionistische Politik“   und China müsse eingehegt werden. Das Handelsdefizit mit China, dem wichtigsten Handelspartner der USA (636 Milliarden Handelsvolumen) solle um 100 Milliarden sinken und auf maximal 275 Milliarden Dollar beschränkt werden. Wie dies gehen könnte, bleibt offen.

Info: Wer berät Donald Trump?

US-Handelsminister ist der ehemalige Stahl-Unternehmer Wilbur Ross, der gerne „König des Bankrotts“ genannt wird. Der loyale Trump-Anhänger hat sein Vermögen mit dem Aufkaufen, Sanieren und Weiterverkaufen insolventer Unternehmen gemacht. Er gilt als Unterstützer von Trumps protektionistischer Politik. Weiterer maßgeblicher Berater Trumps in Sachen Handel ist Peter Navarro, der den Nationalen Handelsrat der USA leitet. Er steht für eine protektionistische Politik und kritisiert das Handelsdefizit. Beide machen sich besonders für Maßnahmen gegen China stark. Durch Cohns Rücktritt ist das Eskalationspotential in einem möglichen Handelskrieg gestiegen.

Ein Einkaufszentrum mit bummelnden Shoppern

375 Milliarden Dollar beträgt aktuell das Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber China.

stevepb; CC0; pixabay

Europa unter Druck

Donald J. Trump Verifizierter Account @realDonaldTrump
10. März

The European Union, wonderful countries who treat the U.S. very badly on trade, are complaining about the tariffs on Steel & Aluminum. If they drop their horrific barriers & tariffs on U.S. products going in, we will likewise drop ours. Big Deficit. If not, we Tax Cars etc. FAIR!  


Fundamental für die regelbasierte Welthandelsordnung ist es, dass die EU konsequent den Weg internationalen Rechts beschreitet. Europa muss klarmachen, dass es nicht nur an der WTO festhält, sondern auch bereit ist, für ihre Zukunft zu kämpfen. Bei Donald Trump darum zu bitten, von Zöllen verschont zu werden, ist vor diesem Hintergrund nicht unproblematisch. Aber die EU hat noch andere Möglichkeiten:   

  • Die EU kann das WTO-Schiedsgericht anrufen und anzeigen, dass die Begründung des amerikanischen Präsidenten, die Zölle seien aufgrund nationaler Sicherheitsinteressen bedroht, nicht justiziabel sei. Dies würde allerdings sehr lange und wohl auch zu lange dauern. 
  • Die EU kann ebenfalls Schutzzölle auf Stahl erheben, um zu verhindern, dass die Überkapazitäten des internationalen Stahlmarktes in die EU hineindrücken und dort die Wettbewerbsfähigkeit durcheinanderbringen. Damit würde sie aber selber gegen WTO-Regeln verstoßen und internationales Recht untergraben.
  • Die EU könnte auch ein sogenanntes „Re-Balancing“ in den Blick nehmen. Also im selben Maße Zölle auf US-Produkte wie Whiskey oder Jeans beschließen. Damit würde die EU jedoch in die eskalierende Logik eines Handelskrieges mit den USA eintreten.  

All diese Optionen weisen in Richtung Eskalation. Glücklich können wir damit nicht sein.

Was können wir tun?

Es könnte gelingen, ihm die Zusammenhänge des internationalen Handels zu erklären. Das hat damals schon geholfen, als Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble Trumps Vorwurf entkräftet haben, dass Deutschland Währungsmanipulation betreibe. Er scheint damals verstanden zu haben, dass Währungsfragen in der EU geregelt werden und Deutschland keinen direkten Zugriff hat. Der Erfolg eines solchen Versuches erscheint jedoch zweifelhaft, hat Trump doch zwei hervorstechende Charakterzüge: einmal den Hang zu Simplifizierungen komplexer Sachverhalte und zu anderen die Tendenz, für eigene Fehler Schuldige im Äußeren zu finden. Vorschläge zur Senkung des amerikanischen Außenhandelsdefizits, wie sie von China geäußert wurden, sind also wohl eher nicht zu empfehlen.  

Auf keinen Fall sollten wir in die Eskalationsspirale eintreten. Vielmehr ist es angeraten, souverän zu zu erklären, dass wir, die EU, bereit sind, unsere Positionen zu überdenken, dass wir die amerikanische Position ernst nehmen. Natürlich ist der Stahlhandel, an dem Trump seine Kritik ansetzt, nicht unproblematisch, denken wir etwa an die chinesischen Überkapazitäten. Hier ist die G-20 Runde gefordert. Die konsequente Stärkung der WTO ist ein weiteres Thema, das die EU aufgreifen sollte. Will man sie als mulitalerales System stärken, sollten die Staaten auch über die Einrichtung eines Sekretariats bei der WTO nachdenken. Handelsbilanzungleichgewichte stehen ganz oben auf der roten Liste Trumps. Und auch wenn der deutsche Überschuss redlich verdient sein mag,  unterstützt durch den schwachen Euro-Kurs, so wäre es sicherlich ratsam, den Blick auch auf den Binnenmarkt zu werfen. Wir haben ausreichend Bedarf für Investitionen in Bildung, Digitalisierung, Infrastruktur, um nur einige zu nennen. Der mit einem stärkeren Fokus auf die heimische Wirtschaft verbundene Abbau des Handels-überschusses wäre ein Signal an Trump. Und er würde uns nicht schaden.  

Im sicherheitspolitischen Bereich hat Europa bereits signalisiert, die eigene Verteidigungsposition zu stärken und Militärbudgets zu erhöhen. Das sollte konsequent weitergeführt werden, denn im Umgang mit Donald Trump scheint nur eines gewiss, nämlich, dass es höchst ungewiss ist, wie und ob Amerika in den nächsten Jahren seine Rolle als Weltpolizist weiter ausfüllen wird. Für unsere Sicherheit werden wir in den kommenden Jahren möglicherweise selbst verantwortlich sein müssen. Das macht uns aber auch unabhängiger, außenpolitisch schlagkräftiger und könnte nebenbei die Notwendigkeit des europäischen Projekts wieder stärker in das Bewusstsein der Menschen bringen.

 

Autorin: Dr. Claudia Schlembach, HSS

Wirtschaft und Finanzen
Dr. Claudia Schlembach
Leiterin