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#HSSnachhaltig vor Ort
Umweltschutz an der innerkoreanischen Grenze und in Nordkorea

Die koreanische Halbinsel ist seit 76 Jahren durch die demilitarisierte Zone (DMZ) geteilt. Durch die Teilung sind an der innerkoreanischen Grenze, ähnlich wie an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, Rückzugsgebiete für Fauna und Flora entstanden. Seit 2005 arbeitet die Hanns-Seidel-Stiftung bei der Erfassung und beim Schutz dieser ökologisch wertvollen Gebiete mit koreanischen Grenzlandkreisen und -provinzen zusammen.

Worum es in dem Projekt geht

Vögel kennen keine Grenzen – und sind deshalb ideale Friedensbotschafter, wie hier am Han-Fluss zwischen Nord- und Südkorea im Westen der koreanischen Halbinsel.

Vögel kennen keine Grenzen – und sind deshalb ideale Friedensbotschafter, wie hier am Han-Fluss zwischen Nord- und Südkorea im Westen der koreanischen Halbinsel.

Dr. B. Seliger/HSS Korea

In Nordkorea ist die Zusammenarbeit bei der nachhaltigen Forstwirtschaft und beim Naturschutz eine Möglichkeit, die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort zu verbessern, die Auswirkungen von Naturkatastrophen abzumildern oder gar zu verhindern und auch eine Integration des abgeschotteten Landes in internationale Netzwerke und damit eine Öffnung zu unterstützen.  

So sieht die konkrete Arbeit vor Ort aus

Sangsori in der südlichen Pyongyan-Provinz in Nordkorea 2012 – auf diesem Hügel wächst fast nichts mehr.

Sangsori in der südlichen Pyongyan-Provinz in Nordkorea 2012 – auf diesem Hügel wächst fast nichts mehr.

DR. B. SELIGER/HSS KOREA

Im Süden der Halbinsel arbeiten wir an der innerkoreanischen Grenze mit der lokalen Selbstverwaltung (u.a. Gangwon-Provinz und Gyeonggi-Provinz, sowie den Landkreisen Goseong, Cheolwon und Yeoncheon) zusammen.
Mit lokalen NGOs führen wir z.B. Surveys durch, die immer mit dem Militär abgesprochen werden müssen. Die Ergebnisse der Arbeit werden mit dem Umweltministerium Südkoreas und auch mit Universitäten geteilt. Im Norden ist unser Hauptpartner das Ministerium für Land und Umweltschutz. Daneben kooperieren wir mit der Sonderwirtschaftszone Rason. Da Nordkorea bereits seit Jahrzehnten stark isoliert ist, stehen hier die Erhebungen zur Umwelt (z.B. Surveys) im Vordergrund.

Im Bereich der nachhaltigen Forstwirtschaft arbeiten wir gemeinsam mit dem Institut für Forstverwaltung unter dem Umweltministerium sowie der Zentralen Baumschule. In Sangsori haben wir eine eigene kleine Baumschule aufgebaut und Versuchsaufforstung im Rahmen eines EU-finanzierten Projekts durchgeführt. Zur Arbeit gehört neben Seminaren und Workshops, die modernes Wissen über nachhaltige Forst- und Umweltpolitik vermitteln, auch die Mitwirkung bei Publikationen, die Übersetzung internationaler Texte (z.B. des Übereinkommens von Paris zur Klimapolitik) und die Mitarbeit an einer Webseite zur nachhaltigen Forstpolitik im nordkoreanischen Intranet.

International arbeiten wir eng mit der East Asian-Australasian Flyway Partnership (EAAFP) zusammen, einem Zusammenschluss von 18 Ländern und 18 NGOs (darunter die Hanns-Seidel-Stiftung) zum Schutz von Zugvögeln in der Region, aber auch IUCN, WWF (World Wide Fund For Nature) und weitere Partner.

Hier ist wieder ein lebensfähiger Mischwald entstanden, der zudem mit Esskastanien, koreanischer Kiefer, Aronia und einer Agro-Forstwirtschaftsfläche die Lebensbedingungen der Menschen verbessert.

Hier ist wieder ein lebensfähiger Mischwald entstanden, der zudem mit Esskastanien, koreanischer Kiefer, Aronia und einer Agro-Forstwirtschaftsfläche die Lebensbedingungen der Menschen verbessert.

DR. B. SELIGER/HSS KOREA

Darin liegt der Nutzen

Seltene Zugvögel wie die Mandschurenkranich (Grus japonensis) oder der Weißnackenkranich (Grus vipio) können in Korea regelmäßig fast nur noch entlang der demilitarisierten Zone (DMZ) beobachtet werden.

Seltene Zugvögel wie die Mandschurenkranich (Grus japonensis) oder der Weißnackenkranich (Grus vipio) können in Korea regelmäßig fast nur noch entlang der demilitarisierten Zone (DMZ) beobachtet werden.

Dr. B. Seliger/HSS Korea

Als politischer Stiftung ist für uns die Verstärkung friedlicher Verbindungen von Nordkorea zur internationalen Gemeinschaft, z.B. in IUCN (International Union for Conservation of Nature) oder EAAFP, besonders wichtig. Dazu gehören auch Begegnungen von Nord- und Südkoreanern, z.B. im Rahmen von internationalen Workshops. Dies ist uns in den vergangenen Jahren immer besser gelungen – eine Folge von wachsendem Vertrauen in unsere Arbeit. Auch in der Corona-Pandemie zeigt sich das, da die Hanns-Seidel-Stiftung als erste europäische Institution Online-Trainingsmaßnahmen mit den Partnern im Umweltministerium Nordkoreas durchführen konnte.

Vor Ort ist es wichtig, dass alle Maßnahmen berücksichtigen, dass nachhaltige Entwicklung nur dann Erfolg haben kann, wenn sie zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen vor Ort führt. Die Aufforstung von Berghängen etwa, die zur Sicherung vor Erosion und Schlammlawinen unerlässlich ist, schränkt gleichzeitig die bisherige private Landwirtschaft ein. Konzepte der Agro-Forstwirtschaft, d.h. der Forstwirtschaft auf Waldflächen, die den Erosionsschutz und die Ökologie ernstnimmt, aber auch Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Nutzung des Waldes bietet, sind ein Beispiel dafür. In diesem Sinne hat die HSS im Rahmen ihrer Projekte in Nordkorea u.a. Versuche zu schnellwachsenden Energiehölzern wie Weiden, integrierter Landwirtschaft, dem Anbau von Obstbäumen und wirtschaftlich nutzbarer Hölzer (wie Aronia) durchgeführt.

An der innerkoreanischen Grenze in Südkorea ist es für die HSS wichtig, in Anlehnung an das deutsche Konzept des „Grünes Bandes“ nach der Wiedervereinigung zu zeigen, wie die Raumplanung den Naturschutz an der Grenze berücksichtigt. Da nach einer möglichen koreanischen Wiedervereinigung viele Probleme wirtschaftlicher, politischer und sozialer Natur im Vordergrund stehen werden, ist es jetzt schon wichtig, solche Konzeptionen vorzubereiten.

Umweltschutz rettet Leben

Überflutungen in Sonbong (bei Rason) im Jahr 2015. Jedes Jahr leiden und sterben Menschen an Überflutungen in Nordkorea. Aufforstungsprojekte können helfen, solche Überflutung zu vermindern oder sogar zu vermeiden.

Überflutungen in Sonbong (bei Rason) im Jahr 2015. Jedes Jahr leiden und sterben Menschen an Überflutungen in Nordkorea. Aufforstungsprojekte können helfen, solche Überflutung zu vermindern oder sogar zu vermeiden.

© FELIX GLENK

Wenn man über Aufforstungsprojekte oder Naturschutzprojekte in Nordkorea erzählt, wird zunächst oft nicht verstanden, worum es dabei geht und es gibt Kritik, dass diesem Land mit einer aggressiven Nuklearpolitik geholfen wird. Doch im Jahr 2015 konnte eine Delegation der Hanns-Seidel-Stiftung in der Sonderwirtschaftszone Rason an der Grenze zu China und Russland hautnah miterleben, warum die Projekte im wahrsten Sinne des Wortes lebensrettend sein können: Die Ausläufer eines der jährlich wiederkehrenden Taifune in Nordostasien führten dazu, dass in kürzester Zeit die Straße nach China unpassierbar wurde und mehrere Dörfer verschüttet wurden, mit Dutzenden Todesopfern. Dies war eine Folge des Raubbaus an der Natur, der wiederum auf einen Mangel an Energie und Nahrungsmitteln zurückgeht. Die ehemals bewaldeten Berghänge schützten dagegen das Land vor Erosion, sie wurden oft in illegale private, aber geduldete Felder umgewandelt. Auch der Schutz von funktionierenden Feuchtbiotopen als Wasserspeicher kann verhindern, dass wertvolle Ackerflächen überflutet werden.

Autor: Dr. Bernhard Seliger

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Nordost- und Zentralasien
Veronika Eichinger
Leiterin
Dr. habil Bernhard Seliger
Repräsentant der Hanns-Seidel Stiftung in Korea