Print logo

Wachstumsstrategie und Entwicklungsmotor
Der „Green Deal“ für eine nachhaltige Zukunft

Der Klimawandel ist eine Herausforderung für Europa und die Welt und eine Bedrohung für viele Entwicklungsländer. Mit dem „Green Deal“ verfolgt die EU intern und extern ambitionierte Ziele für nachhaltiges Wachstum. Klar ist aber: Sie können nur in Kooperation mit internationalen Partnern umgesetzt werden.

Der europäische „Green Deal“ ist ein ehrgeiziges Grundsatzprogramm der EU, das alle ihre politischen Themen beeinflusst. Die EU verfolgt damit zwei übergeordnete Ziele. Einerseits verankert der Green Deal die Verpflichtung zur Bewältigung klima- und umweltbezogener Herausforderungen. Die EU-Mitgliedstaaten müssen ihre Treibhausgasemissionen deutlich senken, damit die EU insgesamt bis 2050 Klimaneutralität und so auch das Pariser Weltklimaabkommen vollständig umsetzt. Dieses Ziel ist verpflichtend und integraler Bestandteil des Europäischen Klimagesetzes, zu dem seit April 2021 eine vorläufige Einigung zwischen dem Rat der EU und dem Europäischen Parlament vorliegt.

Von der Leyens Rede wird auf einer großen Leinwand übertragen. Moderatoren lauschen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte die enge Verknüpfung zwischen Gesundheit des Planeten und Gesundheit der Menschen, den gerade die Covid-19-Pandemie aufgezeigt habe.

HSS; ©0

Der „Green Deal“ – Europas neue Wachstumsstrategie

Andererseits ist der Green Deal weitaus mehr als Klimapolitik. Die Kommission präsentiert den Green Deal als langfristige, sektorenübergreifende Wachstumsstrategie, die viel fordert und zugleich viel fördert, zum Beispiel nachhaltige Infrastrukturprojekte und Zukunfstechnologien. So soll er in seiner internen Dimension die Wirtschaft der EU in den kommenden Jahren und Jahrzehnten grundlegend transformieren und ökologisch nachhaltig gestalten. In seiner externen Dimension soll der Green Deal die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern verstärken, etwa im Bereich der Lieferketten. Vor allem soll aber durch gezielte Finanzierungen die nachhaltige Entwicklung weltweit, ganz besonders in Afrika, gefördert werden.

Obwohl durch den Green Deal natürlich auch Lasten entstehen, ist diese wirtschaftliche Transformation nicht nur nötig, um den Klimawandel zu bekämpfen, sondern bietet auch langfristig gesehen enorme wirtschaftliche und entwicklungspolitische Chancen. Maßnahmen, um eine saubere Versorgung und gleichzeitig Energiesicherheit zu garantieren, den Ressourcenverbrauch zu verringern, Kreislaufwirtschaft zu unterstützen, die Landwirtschaft zu modernisieren, oder die Forschung und Investitionen in umweltfreundliche Technologien zu fördern, bergen großes Potenzial.

Interaktive Karte der Kontinente

Da die Europäischen Entwicklungstage erstmals vollständig virtuell stattfanden, kamen auch viele neuartige Formate zum Einsatz.

HSS; ©0

Beitrag zur Umsetzung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung

Der Green Deal ist zudem ein wichtiger Aspekt der EU-Strategie zur Umsetzung der Agenda 2030 der UN mit ihren 17 nachhaltigen Entwicklungszielen. Mit dem Green Deal und dem Ziel der Klimaneutralität will die EU also nicht nur eine globale Vorreiterrolle einnehmen, sondern auch ihre internationale Glaubwürdigkeit unterstreichen.

Denn der Klimawandel stellt eine besondere Bedrohung für Entwicklungsländer dar. Dies lässt sich zum Beispiel im Bereich der Landwirtschaft erkennen: die globale Erwärmung hat massive Auswirkungen auf diesen Sektor, der Arbeits- und Lebensgrundlage für etwa 60 Prozent der afrikanischen Bevölkerung ist. Der Green Deal und die europäische Entwicklungszusammenarbeit, die solchen Herausforderungen entgegenwirkt, sind also eng miteinander verknüpft.

Europäische Entwicklungstage

Mit dem Green Deal als Thema der diesjährigen Europäischen Entwicklungstage (EDDs“) traf die EU-Kommission somit den Geist der Zeit. Nachdem dieses alljährliche entwicklungspolitische Ereignis 2020 auf Grund der Corona-Pandemie abgesagt worden war, fanden die EDDs dieses Jahr zum ersten Mal rein digital statt. Dabei wechselten auf fünf Kanälen hochrangig besetzte Diskussionsforen mit moderierten Debatten und Kurzpräsentationen ab, während sich im interaktiven Bereich, dem „Globalen Dorf“ („Global Village“), über 90 innovative Projekte aus aller Welt präsentierten.

Info

Die Europäische Kommission organisiert seit 2006 alljährlich die Europäischen Entwicklungstage. Sie gelten als wichtigstes Forum für Entwicklungspolitik in Europa, da sie Akteure aus allen Ecken der Welt und Fachbereichen zusammenbringen und so den Austausch und die Kooperation fördern. Für das entwicklungspolitische HSS-Team im Europa-Büro Brüssel sind sie deshalb stets ein Höhepunkt im entwicklungspolitischen Jahr. Normalerweise bieten die EDDs tolle Möglichkeiten, mit verschiedenen Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit ins Gespräch zu kommen. Das diesjährige digitale Format eröffnete vielen Teilnehmern aber auch die Gelegenheit, sich aus der Distanz einzubringen. Ein weiterer Vorteil war, dass Diskussionen und Beiträge auf der EDD-Webseite nachgesehen werden können.

„Jede Sekunde des Nicht-Handelns hat Konsequenzen.“ (Jutta Urpilainen, vorne, links, EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaften)

„Jede Sekunde des Nicht-Handelns hat Konsequenzen.“ (Jutta Urpilainen, vorne, links, EU-Kommissarin für Internationale Partnerschaften)

HSS; ©0

Das Programm des Symposiums war sehr vielschichtig und ging auf unterschiedlichste Aspekte des Klimawandels und dessen Bekämpfung ein. Die Themenpalette reichte dabei von Wassermanagement und dem Schutz der Ozeane (Stichwort „Blue Economy“) über Lebensmittelsicherheit, dem Schutz wilder Tiere bis hin zu Umbrüchen in der Textilbranche, erneuerbaren Energien, Bildung, Technologietransfer, „grüne Finanzierung“, oder dem Potenzial der Digitalisierung.

Zentrales Motiv war durchweg die Notwendigkeit der internationalen Kooperation verschiedener Akteure, von internationalen Organisationen und Regierungen über Unternehmen bis hin zur Zivilgesellschaft. Nur durch Zusammenarbeit können wir der globalen Herausforderung des Klimawandels entgegentreten. Das betonte auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Eröffnungsrede, als sie die Hoffnung äußerte, dass die Europäischen Entwicklungstage zu einem politischen Momentum für die 15. Weltbiodiversitätskonferenz (CBD COP 15) im Oktober 2021 im chinesischen Kunming beitragen können. Die EU möchte gerade beim Schutz der Biodiversität auf globaler Ebene eine führende Rolle einnehmen und im Zuge dessen die weltweite Kooperation vorantreiben.

Zentrale Rolle der jungen Generation

Auch die wichtige Rolle der Jugend bei der Bekämpfung des Klimawandels spiegelte sich bei den EDDs wieder: Die Europäische Kommission hatte 17 Nachwuchsführungskräfte („Young Leaders“) aus aller Welt eingeladen, ihre Expertise und Ideen in die Debatten einzubringen. Als „erfrischende Abwechslung“ sprachen dann auch beispielsweise im Rahmen der Eröffnung in erster Linie nicht hochrangige politische Verantwortungsträger, sondern vor allem junge Sprecher und Aktivisten aus verschiedensten Regionen der Welt. Sie benannten die Umweltprobleme, mit denen sie bei ihrem tagtäglichen Engagement konfrontiert sind. Vor allem gingen sie auch auf deren soziale und wirtschaftliche Konsequenzen für die Menschen vor Ort ein und teilten mögliche Lösungsansätze, etwa wenn es darum geht, gesellschaftliches Bewusstsein für die Bedrohungen des Klimawandels zu schaffen, oder die Förderung von Umweltbewusstsein im Bildungsbereich voranzutreiben.

Fazit

Im Verlauf der zahlreichen Beiträge und Diskussionen wurde klar, dass es weltweit großes Interesse an der „externen Dimension“ des Green Deal gibt und dass die EU als wesentlicher Akteur bei der globalen Bekämpfung des Klimawandels und der Förderung einer nachhaltigen Zukunft wahrgenommen wird. Die Bereitschaft zur Kooperation scheint gegeben. Das stimmt hoffnungsvoll, denn die Ziele des Green Deal können nur erreicht werden, wenn die Bemühungen der EU auch global Früchte tragen. Der Green Deal kann als Wachstumsstrategie und Entwicklungsmotor große Wirkungen entfalten, wenn er in enger Absprache im internationalen Dialog umgesetzt wird und auf bestehende Herausforderungen konkret eingeht.

Autoren: Dietrich John, Constantin Blaschke und Julia Wagner, HSS, Brüssel

Belgien (Europa-Büro Brüssel)
Dr. Thomas Leeb
Leiter