Print logo

POLITISCHER SONDERBERICHT
Verfassungsänderung in Uganda – Sichert sich Museveni die Macht auf Lebenszeit?

Mit einer Regentschaft von 37 Jahren hat sich Robert Mugabe als der am längsten herrschende Machthaber Afrikas (1987-2017 Präsident von Simbabwe) in die Geschichtsbücher eingetragen. Im November 2017 endete diese Herrschaft, indem er unter Hausarrest gestellt wurde und somit eine, überraschenderweise nicht blutige, Machtübergabe ermöglichte. Dieser fragwürde „Rekord“ droht nun in naher Zukunft gebrochen zu werden: Seit 1986 herrscht in Uganda sein Pendant Yoweri Kaguta Museveni. Jedoch ist im Gegensatz zu Mugabe das Ende der Museveni-Ära, auch nach mittlerweile 31 Jahren als Präsident der kleinen Republik Ostafrikas, nicht abzusehen.

Militärpolizei in Uganda

Militärpolizei in Uganda

Numbercfoto; CC0 Creative Commons; pixabay

Drei Jahre vor den Präsidentschaftswahlen stellt Museveni langsam aber stetig die legislativen Weichen für seine Kandidatur und Wiederwahl. Nach einer Periode anhaltender Gerüchte über eine mögliche Neukandidatur reichte Raphael Magyezi, ein Abgeordneter der Regierungspartei, Anfang Oktober 2017 offiziell einen Gesetzesentwurf im Parlament ein. In jenem wurde die Aufhebung der präsidentiellen Altersgrenze von 75 Jahren gefordert. Museveni, mittlerweile 73 Jahre, wird nach geltendem Gesetz davon abgehalten, bei den Wahlen 2021 erneut zu kandidieren.

Hierbei ist zu erwähnen, dass der vorgelegte Gesetzesentwurf nicht nur die Aufhebung der präsidentiellen Altersgrenze enthält, sondern sogar so weit geht, auch die Dauer der Amtsperioden des Präsidenten, von Parlamentariern sowie auch lokalen Regierungsvertretern von fünf auf sieben Jahre anzuheben. Des Weiteren wurde eine Begrenzung auf zwei präsidentielle Amtszeiten wieder eingeführt.

Präsident Museveni

Präsident Museveni

CC0 Creative Commons; Wikimedia Commons

Die Ironie dieser Wiedereinführung, gedacht auch als Besänftigung der Zivilgesellschaft und internationaler Geber, liegt darin, dass eben jene im Jahr 2005 aufgehoben worden waren, um Museveni weitere Amtszeiten zu ermöglichen. Eine erneute Einführung mag oberflächlich betrachtet als Zeichen demokratischer Reife angesehen werden. In der Realität behindert die Begrenzung auf zwei Amtsperioden Museveni jedoch kaum eine Präsidentschaft auf Lebenszeit anzustreben, da diese Änderungen erst mit den nächsten Wahlen in Kraft treten würden.

Die Verlängerung der Amtsperioden war ebenfalls als Zugeständnis an alle Abgeordneten gedacht, welche Bedenken gegenüber dieser Verfassungsänderung hegten. Somit sollte deren Loyalität gewonnen und der positive Abstimmungsvorgang gewährleistet werden.

Ein Präsident, der nicht nur das System kennt sondern es auch zu bedienen weiß.

Der Frust und die enttäuschte Hoffnung auf einen möglichen politischen Umschwung, sowie auch der Wunsch nach einer, nicht nur auf dem Papier existenten Mehrparteiendemokratie entlud sich schon vor Einreichung des Gesetzesentwurfs.

Im ugandischen Parlament kam es am 27. September 2017 zu Handgreiflichkeiten zwischen Oppositionspolitikern und Vertretern der Regierungspartei. Nicht nur Fäuste flogen, auch Sessel und Stangen wurden eingesetzt. Ein Ende fand die Schlägerei durch das Einschreiten der präsidentiellen Sicherheitskräfte, welche das Parlamentsgebäude stürmten. 25 Abgeordnete, welche in die Massenschlägerei involviert waren, wurden im Anschluss für drei Parlamentssitzungen suspendiert. Der Vorfall erregte sowohl regional als auch international Aufmerksamkeit.

Auch die Zivilgesellschaft protestierte vor der Einreichung des Gesetzesentwurfs. Beispielweise kam es schon am 21. September zu Studentendemonstrationen an der Makere Universität in der Hauptstadt Kampala. Weitere Proteste folgten, die von Sicherheitskräften rigoros mit Schlagstöcken und Tränengas unterbunden wurden.

Die internationale Gemeinschaft zeigte sich bestürzt über die Entwicklungen. So drückten die Europäische Union und die Vereinigten Staaten ihre Besorgnis aus und forderten die Regierung zur Mäßigung, mit Bezug auf die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung auf.

Vor der Verabschiedung der Verfassungsänderung veranstalteten sowohl Oppositionspolitiker als auch Angehörige der Regierungspartei Bürgerforen, um den Gesetzesentwurf mit ihren Wählern zu diskutieren. Jedoch kam es auch hier zu Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit seitens der Polizei, indem diese Veranstaltungen teilweise unter massivem Gewalteinsatz unterbunden wurden. Mehrere Menschen wurden hierbei schwer verletzt und mindestens ein Bürger wurde durch den Einsatz scharfer Munition getötet.[1]

Das Verlangen der Bevölkerung nach Veränderung ist offensichtlich und verständlich. Die Unzufriedenheit zeigte sich auch in einer Umfrage der Citizen Coalition on Electoral Democracy (CEEDU) vom Dezember 2017. Darin lehnen 85 Prozent der Bürger Ugandas eine Aufhebung der Altersgrenze ab. Somit positionierte sich die Zivilgesellschaft Ugandas klar gegen die Reform und für politische Entwicklung und Veränderung. Jedoch halfen alle Versuche der Opposition und Zivilgesellschaft nicht, den Prozess bis hin zur Verabschiedung aufzuhalten.

Am 20. Dezember 2017 wurde das Gesetz, der sogenannte Constitutional Amendment Act of 2017, durch das Parlament, in welchem Musevenis National Resistence Movements (NRM) Partei eine komfortable Zweidrittelmehrheit innehat, verabschiedet. Eine Woche später, am 27. Dezember 2017 unterschrieb und ratifizierte Museveni selbst die Verfassungsänderung. Die Verabschiedung der Verfassungsanpassung wurde von 317 Parlamentariern, die meisten davon NRM Mitglieder, unterstützt. Es gab 97 Gegenstimmen.

Die direkten Reaktionen auf die Gesetzesänderung waren gemischt und reichten von Ausschreitungen über Akzeptanz bis hin zur Resignation im Wissen der Machtlosigkeit gegenüber der Regierung und deren Machenschaften. 

Oppositionspolitiker zweifelten offen die positiven Folgen dieses Votums an.

Bischof Kisembo, ein Religionsführer, welcher die Verfassungsreform wiederholt offen kritisierte, sieht in ihr eine Hemmung und Unterdrückung der weiteren Entwicklung Ugandas.[2]

Museveni selbst präsentierte die Änderungen als Antwort auf eine, aus seiner Sicht, existenten Führungskrise in Afrika.[3] Um dieser Logik zu folgen, stellten Altersgrenzen das Risiko für ein Machtvakuum dar, welches im Falle von Uganda nur durch seine eigene Erfahrung und Expertise gefüllt werden könne. 

Wassawa Biriggwa, Vorsitzender der Oppositionspartei FDC, fasste die Stimmung nach der Gesetzessänderung so zusammen: „Als Nation trauern wir dabei zuzusehen, wie die Verfassung zerstückelt wird aufgrund eines Mannes, der für immer an der Macht bleiben will“.[4]

Eine Zitat, welches die Verzweiflung und Machtlosigkeit der Opposition und Bürger in Worte fast.

Ausblick

Laut Verfassung verlangt eine Änderung derselben eine Abstimmung per Referendum. Die weiteren Entwicklungen im Jahr 2018 werden die Frage beantworten, ob die Regierung bereit ist, ein solches Referendum zuzulassen und sein Ergebnis anzuerkennen.

Vor allem Oppositionspolitiker und Aktivisten versuchten von Anfang an, die Zivilgesellschaft zu animieren dieses Referendum einzufordern. Aufgrund der internationalen Aufmerksamkeit wird inzwischen auch davon ausgegangen, dass ein Referendumsvorschlag im Mai im Parlament eingereicht wird.[5] Museveni versucht so, jegliche juristische Schlupflöcher zu stopfen, welche ihn daran hindern könnten an der Macht zu bleiben.

Da Bürgerrechtsorganisationen und die Opposition Klagen gegen die Legalität des Constitutional Amendment Bills vom 20. Dezember eingereicht haben, muss die Regierungspartei NRM zudem auch noch rechtliche Hürden bis zur vollständigen Legalisierung der Verfassungsänderung nehmen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass auch diese Stolpersteine überwunden werden.

Langfristig bleibt abzuwarten, wie sich die derzeitigen politischen und sozialen Spannungen auf die weitere Entwicklung des Landes auswirken. Ob Museveni seinen Masterplan weiter verfolgen kann und im Jahr 2021 wieder zur Wahl antritt oder ob ihn doch ein ähnliches Schicksal wie Robert Mugabe ereilt, wird die Zukunft zeigen.

Philipp Stangl
Hanns-Seidel-Stiftung in Dar Es Salaam, Tansania

Beitrag entstand unter Mitarbeit von Julia Berger, Leiterin der Hanns-Seidel-Stiftung in Tansania & Uganda


[1] http://www.theeastafrican.co.ke/news/Uganda-age-limit-protests/2558-4145866-hqgfg6z/index.html

[2] http://observer.ug/news/headlines/56877-bishop-kisembo-museveni-clash-over-age-limit.html

[3] https://www.bloomberg.com/news/articles/2018-03-11/china-ties-future-to-xi-as-congress-scraps-president-term-limits

[4] http://www.spiegel.de/politik/ausland/uganda-parlament-kippt-altersgrenze-fuer-praesidenten-a-1184567.html

[5] http://observer.ug/news/headlines/57138-museveni-stops-foreign-travel-over-referendum.html