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Der Kongo nach der Wahl
Vielleicht ein Neubeginn

Die Demokratischen Republik Kongo hat gewählt und das Ergebnis ist schwer zu deuten. Zwar gewinnt überraschend ein Kandidat der Opposition, doch die Regierungspartei von Präsident Joseph Kabila bleibt stärkste Kraft im Parlament. Bleibt jetzt alles beim Alten?

Karte des Kongo. Anscheinend fast komplett von Vegetation bedeckt.

Für etwa 1,2 Millionen Wähler in Gebieten, wo derzeit Kämpfe stattfinden, ist die Wahl auf März verschoben worden. Die Unruheherde liegen besonders im Osten und Nordosten des Landes.

Wikimages; cc0; Pixabay

Der Kongo hat gewählt. Mit zwei Jahren Verspätung wurden die lang ersehnten Wahlen am 30.12.2018 abgehalten. Diverse Beobachtermissionen meldeten zahlreiche Unregelmäßigkeiten, angefangen von zu spät oder gar nicht geöffneten Wahlbüros, über falsche Wählerregister, nicht funktionierende Wahlcomputer bis hin zu Berichten über an Flussufern aufgefundene Säcke voller Stimmzettel.

Nun hat die Wahlkommission das vorläufige Ergebnis bekanntgegeben. Es überrascht im ersten Moment. Weder der Kandidat der Regierungspartei, Emmanuel Shadary noch der nach letzten Umfragen vorn liegende  Kandidat der Oppositionskoalition, Martin Fayulu haben gewonnen.

Als Gewinner wurde der Kandidat der größten Oppositionspartei UDPS, Felix Tshisekedi, benannt. Er hatte sich, zusammen dem Kandidaten einer weiteren Oppositionspartei, Vital Kamerhe von der UNC, jetzt designierter Premierminister, von der der Oppositionskoalition losgesagt. Tshisekedi ist der Sohn des 2017 verstorbenen langjährigen Oppositionsführers Etienne Tshisekedi, dem Gründer der UDPS, der schon seit der Zeit von Mobutu in der Opposition war. Dessen Sohn Felix wurde nach dem Tod seines Vaters mit knapper Mehrheit zum neuen Parteivorsitzenden gewählt, trotz keinerlei politscher Erfahrung, ohne höheren Bildungsabschluss und ohne nennenswerte berufliche Laufbahn.

UDPS-Anhänger feiern in Kinshasa

Das Ergebnis wurde gemischt aufgenommen. Die Anhänger der UDPS fuhren in der Nacht der Bekanntgabe hupend in Motorradkorsos durch die Hauptstadt Kinshasa und tanzten auf der Straße.

Ein großer Teil der Bevölkerung ist froh, dass es nicht der Kandidat der Regierungspartei wurde und man somit erwarten kann, dass es zu keinen großen landesweiten Ausschreitungen kommen wird, auch wenn es nicht ihr Wunschkandidat war.

Die Anhänger von Fayulu sind enttäuscht, zumal diverse Beobachtermissionen, allen voran die der Bischofskonferenz CENCO, die 40.000 Wahlbeobachter eingesetzt hatte, verlauten ließen, dass nach ihrer Beobachtung ein Kandidat ganz klar gewonnen habe. Laut des offiziellen vorläufigen Ergebnisses liegt Tshisekedi allerdings nur einige Prozentpunkte vor Fayulu. Eine Veröffentlichung  der Beobachtermissionen steht noch aus. Im Lager von Fayulu ist man sich jedoch sicher, dass hier betrogen worden sei, das Ergebnis wurde bereits angefochten. Die internationale Gemeinschaft hält sich mit Glückwünschen an den Gewählten offenbar noch zurück.

 In einigen Hochburgen von Fayulu kam es bereits zu gewaltsamen Ausschreitungen mit über 10 Toten, darunter Polizisten, Soldaten und Zivilisten.

Update vom 17.01.2019

Die Financial  Times und die CENCO haben ihre Wahldaten veröffentlicht. Die CENCO stützt sich hier auf die Daten ihrer 40.000 Beobachter in 28.733 Wahlbüros. Die Financial Times hat insgesamt 49.000 Datensets mit ca. 86 Prozent aller abgegebenen Stimmen ausgewertet, die offenbar von  der Wahlkommission  geleakt wurden. Beide   Auswertungen kommen  zu  dem  Ergebnis,  dass Fayulu  mindestens 59,4 Prozent der Stimmen bekommen  hat,  sein Konkurrent Tshisekedi gerade einmal 19 Prozent.

Diese Meldung,  sollte sie von der kongolesischen Bevölkerung  ernst genommen  werden,  birgt Zündstoff.

Für den scheidenden Präsidenten, Joseph Kabila, dürfte das Resultat allerdings annehmbar sein, auch wenn „sein“  Kandidat nicht gewonnen hat. Die Gewinner gehören zur bekannten politischen Elite, Felix Tshisekedi hat sich bereits beim Präsidenten für seine gute Amtszeit bedankt. Die „Gefahr“ von großen Veränderungen in Establishment und Administration besteht kaum. Bei einem Gewinn von Fayulu, einem Newcomer, der vorher noch kein Amt innehatte und im Kongo als „Soldat des Volkes“ bezeichnet wird, hätte das wohl anders ausgesehen.

Nun entscheidet das Verfassungsgericht über die Gültigkeit des Wahlergebnisses. Bis voraussichtlich zum 19. Januar wird das Urteil erwartet. Schlimmstenfalls käme es zu einer Annullierung der Wahl. Der südafrikanische Block, dem wichtige Partner des Kongos, wie Angola oder Südafrika angehören, hat bereits eine Neuauszählung der Stimmen gefordert.

Dazu kommt noch, dass für etwa 1,2 Millionen Wähler in Gebieten, wo zurzeit Kämpfe stattfinden oder ein Ebola Ausbruch wütet, die Wahl auf März verschoben wurde. Der neue Präsident soll aber bereits im Januar vereidigt werden. Wie dieses Dilemma gelöst werden soll bleibt abzuwarten

Bleibt alles beim Alten?

Am vergangenen Samstag wurde nun auch  das Ergebnis der Parlamentswahlen bekanntgegeben. Ebenfalls mit überraschendem Resultat. Die Kandidaten der Regierungspartei Kabilas haben über 350 der 500 Sitze im Parlament geholt, die Kandidaten von Tshisekedis UDPS nur 30. Nun ist klar, dass Tshisekedi nur mit der Regierungspartei zusammen regieren kann,  eine Koalition wird unausweichlich. Selbst ein Premier Kabila wäre denkbar.

Der Kongo ist immer für eine Überraschung gut.

Übrigens

Seit dem 31.01. hat die Regierung Internet und SMS Dienste gekappt, um Unruhen zu verhindern. Internet gibt es nur über Satellit oder in unmittelbarer Nähe zum Nachbarland, der Republik Kongo, mit einer Simkarte des Nachbarlandes, damit man sich in Grenznähe in das dortige Netz einwählen kann.

Afrika südlich der Sahara
Klaus Liepert
Leiter