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Parlamentswahlen in Griechenland am 21. Mai 2023
Das Mandat der Konservativen endet im Juli. Was kommt danach?

Autor: Polixeni Kapellou

Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gab am 28. März im Rahmen einer Kabinettssitzung bekannt, dass im Gegensatz zu anderslautenden Szenarien die Parlamentswahlen wie ursprünglich geplant am Ende der vierjährigen Legislaturperiode abgehalten werden. „Das Land und die Bürger brauchen einen klaren Horizont“ betonte er.

Ursprünglich gingen politische Analysten von Wahlen am 9. April aus. Das schwere Zugunglück Ende Februar, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen, zwang die Regierung jedoch zu einer Verschiebung.

Offiziell läuft die Amtszeit der regierenden konservativen Nea Dimokratia (ND) im Juli aus. Da der Urnengang im Mai mit dem einfachen Verhältniswahlrecht durchgeführt wird, rechnen die meisten politischen Beobachter mit einem zweiten Wahlgang. Selbst der Premierminister scheint davon auszugehen: „Wenn ein zweiter Wahlgang nötig ist, um das Abenteuer des einfachen Verhältniswahlrechtes zu einem Ende zu bringen, dann wird dieser am 2.  Juli stattfinden.“

Kyriakos Mitsotakis spricht am Mikrofon

Kyriakos Mitsotakis - derzeitiger Parteichef der Nea Dimokratia und Ministerpräsident

vepar5; Adobe Stock

Präferenzen der Bürger

Meinungsumfragen sehen die Partei Nea Dimokratia zwar in Führung vor der größten Oppositionspartei, der linken SYRIZA, aber der Abstand ist nach dem verheerenden Zugunglück, das den Zorn der Öffentlichkeit erregte, kleiner geworden.

Parteichef Mitsotakis selbst hingegen liegt in der Gunst der Wähler weiter vorne - 39 Prozent wünschen sich den Konservativen auch künftig als Regierungschef, wie aktuelle Umfragen zeigen. Der linke Kontrahent, SYRIZA-Chef Alexis Tsipras, kommt demnach auf 32 Prozent.

Für die Bildung einer Koalitionsregierung nach dem ersten Wahlsonntag ist ein summarischer Wert um die 45% erforderlich. Die SYRIZA, die PASOK und die MeRA25 könnten dies unter Umständen erreichen. PASOK-Vorsitzender Nikos Androulakis hat allerdings eine Zusammenarbeit mit der Partei MeRA25 von Janis Varoufakis ausgeschlossen. MP Mitsotakis seinerseits hat eine neuerliche ND-Mehrheitsregierung als „nationale Notwendigkeit“ bezeichnet.

Wichtige Faktoren im Wahlkampf

Folgende Faktoren sind nun zum Wahlausgang entscheidend: Die Auswirkungen des Zugunglücks auf das Wahlverhalten, die Sondierungsgespräche über eine Regierungsbildung nach der ersten Wahlrunde sowie ein noch hitzigerer Wahlkampf in der Zeit zwischen der ersten und der zweiten Wahl, der die Wähler vor neue Dilemmata stellen wird.

Die Ankündigung des Wahltermins ist der offizielle Beginn eines langen, harten und wohl auch toxischen Wahlkampfs. Mitsotakis wird sich auf die Bilanz seiner vierjährigen Amtszeit im Vergleich zur Regierungszeit der SYRIZA konzentrieren, um die Wählerschaft zu überzeugen. Oppositionschef Tsipras wiederum wird die Wirtschaft, das Zugunglück und den Rechtsstaat in den Mittelpunkt stellen und sich um die Bildung einer progressiven Koalitionsregierung schon nach der ersten Wahlrunde bemühen. PASOK-Vorsitzender Androulakis strebt ein zweistelliges Wahlergebnis am 21. Mai an, um so über die politischen Entwicklungen mitentscheiden zu können. Das Wahlergebnis wird aber auch von dem Verhalten der unentschlossenen Wähler, der Zahl der ins Parlament einziehenden Parteien und dem Ausmaß der Wahlabstinenz mitbestimmt werden. Am 5. Mai wird das Oberste Gericht (Areopag) zudem über die Beteiligung der rechtsextremen Partei von Kassidiaris (ehem. Spitzenpolitiker der Goldenen Morgenröte) entscheiden. Um Jugendliche anzusprechen, hat MP Mitsotakis im März in einem auf TikTok hochgeladenen Video seine Ziele für die nächsten vier Jahre vorgestellt.

Jüngste Entwicklungen

Seit den Parlamentswahlen 2019 sitzen im griechischen Parlament folgende Parteien:

  • Nea Dimokratia (ND): Mitte-rechts
  • Synaspismós Rizospastikís Aristerás (SYRIZA): Links
  • Kinima Allagis (KINAL/PASOK): Mitte-links
  • Kommounistikó Kómma Elládas (KKE): Links
  • Ellinikí Lýsi (EL): Rechts
  • Μétopo Evropaikís Realistikís Anypakoís (MeRA25), des ehemaligen Finanzministers Janis Varoufakis, Links

Im Sommer 2023 greift dann das von der konservativen ND im Jahr 2020 verabschiedete Wahlgesetz, bei dem ein gestärktes Bonuswahlrecht zum Einsatz kommt, das der ersten Partei bis zu 50 Sitze zuerkennt. Das einfache Verhältniswahlrecht war während der Regierungszeit der Koalition der radikalen Linken (SYRIZA) 2016 verabschiedet worden.

Das griechische Wahlsystem

Alle vier Jahre wird in Griechenland ein neues Parlament gewählt. Wahlberechtigt sind alle griechischen Staatsbürger, die im Jahr der Wahl mindestens 17 Jahre alt sind. Formal besteht eine Wahlpflicht, allerdings werden Verstöße, wie schon in den letzten Jahrzehnten, nicht geahndet. Insgesamt werden dabei 300 Abgeordnete gewählt: 288 Abgeordnete aus 56 Wahlkreisen, 12 Abgeordnete über landesweite Parteilisten. Für den Einzug ins Parlament besteht seit 1993 eine 3-Prozent-Sperrklausel

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 Polixeni Kapellou
Griechenland (Athen)
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