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Die neue EU-Kommission – Themen und Köpfe
Teil V: Förderung der europäischen Lebensweise

Hier stellen wir die Themenbereiche vor, die Ursula von der Leyen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit als Kommissionspräsidentin stellt und die Kommissare, die sie mit der Umsetzung betraut. Heute: Margaritis Schinas: Förderung der europäischen Lebensweise.

Ein junger Mann an einer großen Stichsäge. Konzentriert.

Margaritis Schinas ist zuständig für Bildung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt, Migration und Sicherheit.

skeeze; ©0; Pixabay

Die Amtszeit der neuen EU-Kommission begann am 1. Dezember 2019. An der Spitze steht die Deutsche Ursula von der Leyen. Ihr Kommissar-Kollegium umfasst daneben 26 weitere Mitglieder. Großbritannien wollte seinen Stuhl nicht neu besetzen.

Die Präsidentin bestimmte sechs thematische Arbeitsbereiche. An der Spitze von fünf dieser Politfelder steht jeweils ein Vizepräsident. Weitere, „einfache“ Kommissare arbeiten mit den Vizepräsidenten zusammen. Das sechste Themenfeld wird im Unterschied dazu von drei Vizepräsidenten gemeinsam verantwortet, die sich nur ihrem Thema „Ein neuer Anstoß für die Europäische Demokratie“ widmen. Eine Vizepräsidentin, die sich hier einbringt, ist Dubravka Suica.

Die fünf Themenbereiche sind:

  • „Eine Wirtschaft, die für die Menschen arbeitet“. Geschäftsführender Vizepräsident: Valdis Dombrowskis
  • „Europäischer Grüner Deal“. Geschäftsführender Vizepräsident: Frans Timmermans. Zu diesem Themenbereich gehört zum Beispiel Virginius Sinkevicius (Ressort: „Umwelt, Ozeane und Fischerei“).
  • „Europa fit für das digitale Zeitalter“. Geschäftsführender Vizepräsident: Margrethe Vestager. Zu diesem Themenbereich gehört zum Beispiel Thierry Breton (Ressort: „Binnenmarkt“)
  • „Ein stärkeres Europa in der Welt“. Vizepräsident Josep Borrell, Hoher Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik. Zu diesem Themenbereich gehören zum Beispiel Jutta Urpilainen (Ressort: „Internationale Partnerschaften“) und Olivér Varhélyi („Nachbarschaft und Erweiterung“)
  • „Förderung unserer europäischen Lebensweise“. Vizepräsident Margaritis Schinas

Den drei „geschäftsführenden Vizepräsidenten“ ist eine eigene Generaldirektion unterstellt. Außerdem werden sie vom Generalsekretariat der Kommission unterstützt. Sie haben die Befugnis, strategische Ziele festzulegen, anders als die weiteren Vizepräsidenten. Dem Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, der den Themenbereich „ein stärkeres Europa in der Welt“ verantwortet, ist der Europäische Auswärtige Dienst mit seiner Zentrale und den europäischen Botschaften weltweit unterstellt. Das neue Kommissars-Kollegium setzt sich aus zwölf Frauen und 15 Männern zusammen.

Info-Arbeitsweise

Die EU-Verträge sehen ein hierarchisches Verhältnis zwischen den Vizepräsidenten und „einfachen“ Kommissaren nicht vor. Im schriftlichen Amtsauftrag der Präsidentin von der Leyen an Binnenmarktkommissar Thierry Breton, der den Themenbereich „Europa fit für das digitale Zeitalter“ zusammen mit Margrethe Vestager bearbeitet, heißt es : „Sie (Breton) arbeiten unter der Anleitung von Frau Vestager.“ Voraussichtlich wird die Zusammenarbeit von den jeweiligen Persönlichkeiten abhängen und sich einspielen müssen. Frans Timmermanns leitet im Übrigen die Sitzung der Kommissare, sollte von der Leyen abwesend sein. Haushaltskommissar Johannes Hahn gehört keinem dieser sechs Themenfelder an. Er berichtet direkt an die Präsidentin.

Ein ernst blickender, kraftvoll aussehender Mann

Margaritis Schinas arbeitet schon seit 1993 als Beamter bei der Europäischen Kommission. Er ist Mitglied der griechischen Nea Demokratia und war 2007 bis 2009 Abgeordneter im EU-Parlament. Ab 2014 war er der Sprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

European People´s Party; CC2.0

Margaritis Schinas: Förderung der europäischen Lebensweise

Der EU-erfahrene Grieche Margheritas Schinas wird zukünftig als Vizepräsident der Europäischen Kommission für die „Förderung der europäischen Lebensweise“ verantwortlich sein. Margaritis Schinas arbeitete von 1993 bis 2007 als Beamter bei der Europäischen Kommission in den Kabinetten mehrerer Kommissare. Von 2004 bis 2007 war er Stabschef des zypriotischen Gesundheitskommissars Márkos Kyprianoú. Schinas ist Mitglied der konservativen Partei Nea Demokratia. Er rückte im Jahre 2007 als Mitglied des Europäischen Parlaments für seinen ausgeschiedenen Kollegen Antónis Samarás nach und übte diese Funktion bis 2009 aus. Nach einer neuen Amtszeit in der europäischen Verwaltung ernannte ihn Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker 2014 zu seinem Chef-Sprecher.

Margaritis Schinas ist als Kommissions-Vizepräsident für die „Förderung der europäischen Lebensweise" zuständig und wird in dieser Funktion die Arbeit von fünf Kommissaren koordinieren. Der Grieche nimmt damit eine Schlüsselrolle ein. Sein Arbeitsbereich umfasst die Themenfelder: (I) Bildung und Eingliederung in den Arbeitsmarkt, (II) Migration und (III) Sicherheit. Er ist unter anderem dafür verantwortlich, die Integration von Migranten und Flüchtlingen in die Gesellschaft zu verbessern, legale Einwanderungswege zu finden, um die Zuwanderung der auf dem Arbeitsmarkt benötigten Fachkräfte zu erleichtern, die Außengrenzen zu sichern und mit den Mitgliedstaaten beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus zusammenzuarbeiten. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit von Vizepräsident Schinas liegt bei den Themen Chancengleichheit und der Rolle von Sport für eine gelungene Integration.

Der erfahrene EU-Beamte und talentierte Kommunikator machte bereits im Rahmen seiner Anhörung deutlich, dass es keinesfalls darum gehe, einen Konflikt zwischen unserer Kultur und einer anderen zu befeuern, sondern um eine konsequente Orientierung an den im Rahmenwerk des Lissabon-Vertrags verankerten europäischen Grundrechten, wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Fairness, Vielfalt, Inklusion, Gleichheit und Menschenwürde. Migration dürfe nicht als Bedrohung für die Sicherheit betrachtet werden. Dennoch müssten auch die Lücken zwischen Asyl- und Rückführungsvorschriften geschlossen werden. Hierzu gehört die Umsetzung der Dublin-Reform mit einem verbesserten und konsequenteren Rückkehrverfahren, das auch die Verhandlung mit den Transit- und Herkunftsländern einschließt, die Bekämpfung der illegalen Einwanderung sowie die Schaffung von legalen Einreisemöglichkeiten in die EU.

Die Themen Asyl, Migration und Integration waren in den vergangenen Jahren unter den sensibelsten Punkten auf der europäischen Agenda. In kaum einem anderen Bereich waren gleichermaßen Erwartungen wie auch Widerstand so hoch. Trotz einiger Fortschritte scheiterten letztlich alle Versuche, ein neues Asyl- und Migrationspaket und somit die Reform des sog. Dublin-Verfahrens abzuschließen an einer Blockade im Rat. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen setzt hier eine klare Priorität: In Zukunft werden sich gleich mehrere Kommissare mit diesem polarisierenden Politikfeld beschäftigen. Vizepräsident Schinas wird u.a. eng mit dem Hohen Vertreter der EU für Auswärtige Angelegenheiten zusammenarbeiten, um Innen- und Außenpolitik in Einklang zu bringen. In den Bereichen Migration und Asyl stimmt er sich mit der schwedischen Kommissarin Ylva Johansson ab, der Kommissionspräsidentin von der Leyen das Ressort „Inneres“ übertrug.

Autorin: Angela Ostlender

Belgien (Europa-Büro Brüssel)
Dr. Thomas Leeb
Leiter