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Bayerische Delegation in Omsk
HSS bringt deutsche und russische Universitäten zusammen

Autor: Jan Dresel

„Unsere Völker sind so sehr miteinander verflochten, dass es für uns wirklich ein Muss ist, gute Freunde zu bleiben und unsere Beziehungen weiterzuentwickeln.“ Mit diesem Satz hat Viktor Nasarow, Gouverneur des Gebietes Omsk, die Prämisse für ein interdisziplinäres Dialogprogramm auf den Punkt gebracht, das die Hanns-Seidel-Stiftung als Kooperationsseminar mit dem Omsker Gebiet, dem Bundesministerium des Innern und weiteren prominenten Partnern durchgeführt hat. Das wichtigste Ergebnis des zweitägigen Treffens ist, dass die Grundlagen für einen Ausbau der bayerisch-sibirischen Beziehungen und speziell für konkrete Partnerschaften zwischen dem Bezirk Oberfranken und dem Gebiet Omsk geschaffen werden konnten.

Bei den Gesprächen ging es um Zusammenarbeit auf den Gebieten Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Tourismus. Die konkretesten Ergebnisse wurden im wissenschaftlichen Bereich erzielt, in dem Partnerschaften der Universität Bayreuth mit zwei Omsker Hochschulen, nämlich der Dostojewskij-Universität Omsk und der Staatlichen Pädagogischen Universität Omsk, vereinbart wurden. Bereits für Oktober ist ein weiteres Treffen in Moskau geplant, bei dem das genaue Format der Zusammenarbeit festgezurrt werden soll. Doch auch in den Bereichen Wirtschaft, Sprache und Kultur sowie Tourismus wurden Vereinbarungen getroffen, die in den kommenden Monaten konkretisiert werden sollen.

Höchste Konzentration bei der deutschen Delegation mit Peter Rief von der CSU-Landesleitung (links), Bundesaussiedlerbeauftragtem Hartmut Koschyk (MdB) und Dr. Alexander Schumacher vom BMI (Mitte).

Höchste Konzentration bei der deutschen Delegation mit Peter Rief von der CSU-Landesleitung (links), Bundesaussiedlerbeauftragtem Hartmut Koschyk (MdB) und Dr. Alexander Schumacher vom BMI (Mitte).

HSS; HSS

Universitäten als Entwicklungsmotoren für die Regionen

Der Präsident der Universiät Bayreuth, Professor Stefan Leible, stellte seine Hochschule als moderne Universität vor, der Interdisziplinarität, Exzellenz, ihre internationale Ausrichtung sowie der Wissens- und Technologietransfer in die Region besonders wichtig seien. Außer Forschung und Lehre gehöre auch der Dialog mit der oberfränkischen Wirtschaft und Gesellschaft zum Auftrag der Universität Bayreuth, wobei Themen wie Gründungsförderung und Weiterbildung, aber auch soziales Engagement im Mittelpunkt stünden. Dem neuen Hochschulcampus in Kulmbach als Außenstelle der Universität Bayreuth für den Bereich Lebensmittel und gesunde Ernährung komme dabei besondere Bedeutung für ganz Oberfranken zu.

Professor Alexej Jakub, Rektor der Dostojewskij-Universität Omsk, stieß in dasselbe Horn und betonte die Bedeutung seiner Hochschule für das gesamte Omsker Gebiet. Auch der hohe Stellenwert ihrer internationalen Ausrichtung sei ein Bindeglied zwischen seiner Universität und der Universität Bayreuth und bilde eine hervorragende Basis für engere Zusammenarbeit. Dr. Swetlana Polujkowa, Dekanin der Fakultät für Fremdsprachen an der Staatlichen Pädagogischen Universität Omsk, sprach insbesondere von der interdisziplinären Ausrichtung als verbindendes Element zwischen allen bei der Tagung vertretenen Hochschulen. Zuvor hatte Professorin Gesine Lenore Schiewer, Inhaberin des Lehrstuhls für Interkulturelle Germanistik an der Universität Bayreuth, bereits die große Bedeutung der Interdisziplinarität für ihren Fachbereich hervorgehoben.

Hartmut Koschyk (MdB) ist seit 2014 bei der Bundesregierung zuständig für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.

Hartmut Koschyk (MdB) ist seit 2014 bei der Bundesregierung zuständig für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten.

HSS; HSS

Zeichen für den Willen zu verstärkter wirtschaftlicher Zusammenarbeit

Für die Betonung des Verbindenden sprach sich der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, aus. Er bezeichnete die Besuche des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer in Moskau und von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Sotschi als „ein Zeichen für den Willen, die bayerisch-russische und die deutsch-russische Zusammenarbeit wieder zu verstärken“. Der richtige Ansatz bestehe darin, einander trotz bestehender Meinungsverschiedenheiten respektvoll zuzuhören und dadurch wieder zu mehr gegenseitigem Verständnis zu finden. MdB Koschyk brachte darüber hinaus den Begriff des Deutschen „als Minderheiten-Muttersprache“ in die Diskussion ein, den der Vizepräsident für Lehre und Studierende der Universität Bayreuth, Professor Martin Huber, als weiteren möglichen Ansatzpunkt für eine Zusammenarbeit mit den Omsker Universitäten aufgriff. 

Neben Partnerschaften im wissenschaftlichen Bereich stand die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Mittelpunkt der Gespräche. Für den Vorsitzenden des Internationalen Verbandes der Deutschen Kultur, Heinrich Martens, müssen Kultur und Wirtschaft „Hand in Hand gehen“. Gouverneur Nasarow bezeichnete wirtschaftliche Investitionen als sehr wichtig für das Gebiet Omsk. Der Bayreuther Wirtschaftsjurist Dr. Michael Hohl bot konkrete Hilfe dabei an, Unternehmen aus den Regionen Omsk und Oberfranken zusammenzubringen und brachte dabei auch die Industrie- und Handelskammer für Oberfranken als mögliche Vermittlerin ins Spiel, die in Bayreuth ihren Sitz hat. Gleichzeitig betonte er die große Bedeutung von Rechts- und Investitionssicherheit für ausländische Unternehmen, die sich über eine Niederlassung in Russland Gedanken machen.

Jubiläumsveranstaltung zu 25 Jahre "Deutscher Nationalrayon Asowo".

Jubiläumsveranstaltung zu 25 Jahre "Deutscher Nationalrayon Asowo".

HSS; HSS

Das Deutsch-Russische Haus in Omsk – Enorme Nachfrage nach Deutschkursen

Als Paradebeispiel für die Förderung der deutschen Sprache und Kultur in Russland gilt das Deutsch-Russische Haus in Omsk, das erst 2016 eingeweiht wurde und bereits im zweiten Jahr seines Bestehens elf Gruppen von Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren das Erlernen der deutschen Sprache ermöglicht. Lediglich Lehrer- und Raummangel würden die Leitung des Hauses daran hindern, die enorme Nachfrage nach Deutschkursen vollständig abdecken zu können, wie der ehemalige Landrat des Deutschen Nationalrayons Asowo Bruno Reiter ausführte. Angesichts dessen sagte MdB Koschyk spontan Zuschüsse von deutscher Seite für den weiteren Ausbau der Einrichtung zu, falls die russische Seite sicherstellen könne, dass die entsprechenden Räumlichkeiten auch tatsächlich zur Verfügung gestellt würden.

Pawel Baginskij, Landrat des Deutschen Nationalrayons Asowo

Pawel Baginskij, Landrat des Deutschen Nationalrayons Asowo

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Info:

Der Deutsche Nationalrayon Asowo liegt gut 40 Kilometer von der Gebietshauptstadt Omsk entfernt und entspricht verwaltungstechnisch gesehen in etwa einem deutschen Landkreis. Die Gegend um das heutige Verwaltungszentrum Asowo weist seit dem späten 19. Jahrhundert einen hohen Anteil russlanddeutscher Bewohner auf, die aus dem europäischen Teil des Russischen Kaiserreichs nach Asowo gekommen waren und die deutsche Sprache und Kultur bis heute weitergegeben haben. Bei einem Referendum im Oktober 1991 sprachen sich fast 83 Prozent der lokalen Bevölkerung für die Gründung des Deutschen Nationalrayons Asowo aus, der am 17. Februar 1992 eingerichtet wurde.

Im Kindergarten „Solnischko“: Hier wird deutsch-russisches Brauchtum von klein an gepflegt.

Im Kindergarten „Solnischko“: Hier wird deutsch-russisches Brauchtum von klein an gepflegt.

HSS; HSS

Deutsches Theater im russischen Kindergarten

Im Deutschen Nationalrayon Asowo vermittelte der Besuch zweier landwirtschaftlicher Betriebe den Delegationsmitgliedern einen Eindruck von den Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen bei der Produktion von Lebensmitteln. Anschließend begleitete Pawel Baginskij, Landrat des Rayons Asowo, die Delegation zu einer Schule mit erweitertem Deutschunterricht und zum Kindergarten „Solnischko“, in dem die Kinder ihre Deutschkenntnisse bei einer Theateraufführung unter Beweis stellten. Den feierlichen Abschluss des Besuchs in Asowo bildete die Teilnahme an einem Festakt zum 25-jährigen Bestehen des Deutschen Nationalrayons Asowo, bei dem musikalische Darbietungen und beeindruckende Tanzeinlagen von der Verbundenheit der Bevölkerung mit dem deutschen Brauchtum zeugten.

Jan Dresel (HSS, Mitte) mit Heinrich Martens (links, Vorsitzender des Int. Verbandes der Deutschen Kultur) und dem Vizegouverneur des Omsker Gebiets, Wladimir Kompanejschikow (rechts).

Jan Dresel (HSS, Mitte) mit Heinrich Martens (links, Vorsitzender des Int. Verbandes der Deutschen Kultur) und dem Vizegouverneur des Omsker Gebiets, Wladimir Kompanejschikow (rechts).

HSS; HSS

Sowohl beim öffentlichen Teil des Dialogprogramms als auch bei den Gesprächen im Hintergrund zeigten sich Gouverneur Nasarow und Landrat Baginskij sehr interessiert an einem Austausch zwischen dem Omsker Gebiet und dem Bezirk Oberfranken, aber auch zwischen dem deutschen Nationalrayon Asowo und einem oberfränkischen Landkreis. Der Bundesaussiedlerbeauftragte Hartmut Koschyk hat zugesagt, dieses Interesse gegenüber den entsprechenden Stellen in Oberfranken sowie gegenüber der bayerischen Staatsregierung zu übermitteln. Im Anschluss an das Dialogprogramm in Omsk zeigten sich sowohl die deutschen Delegationsmitglieder als auch die russischen Teilnehmer sehr zufrieden mit den Ergebnissen der Gespräche und gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass auch in Zukunft ähnliche Veranstaltungen durchgeführt werden.

Jan Dresel, Regionalprojekt Frieden und Demokratie in Osteuropa
Jan Dresel
Projektleiter
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