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Portraits jüdischer Persönlichkeiten
Gesichter unseres Landes: Aron Elias Seligmann

Wir feiern 1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland und Bayern und würdigen den essentiellen Beitrag, den jüdische Persönlichkeiten für die Geschichte, Kultur, Wissenschaft und Wesensart unseres Landes geleistet haben. Heute im Portrait: Aron Elias Seligmann - königlich bayerischer Hofbankier.

Der Großvater von Aron Elias Seligmann, Aron Seligmann, stammte aus Treysa in Hessen und hatte in Leimen bei Heidelberg geheiratet. Dadurch erhielt er 1717 gegen eine bestimmte Summe einen Schutzbrief, der ihm Rechte zubilligte, unter anderem, als Kleinhändler tätig zu sein. Er wurde der zweitreichste Jude in Leimen und war dort auch als Geldverleiher tätig. Seine Finanzkraft war so groß, dass er sogar imstande war, der Gemeinde Leimen Geld zu leihen. Die beiden Söhne Ahron und Eli schlugen denselben Weg ein: Ahron wurde herzoglich-württembergischer Hoffaktor, Eli kurpfälzischer Hofagent. Außerdem erhielten beide im Jahr 1759 für zwanzig Jahre den Salzkontrakt, das heißt, sie importierten, mit Provision, im Auftrag des Großherzogtums Württemberg Salz aus angrenzenden Gebieten. Ahron starb bereits 1774. Im Testament begünstigte er seinen am 26. April 1747 geborenen Neffen Aron Elias Seligmann und übertrug ihm die Führung seiner Geschäfte.

Laut Berthold Rosenthal waren die jüdischen Hoffaktoren nicht nur mit der Geldbeschaffung (oft durch Kredite oder Anleihen bei niederländischen Glaubensgenossen) für den Landesherrn betraut, sondern übernahmen auch Lieferungen für Verpflegung und Ausstattung der Heere und pachteten mit Vorliebe die Münz-, die Lotterie- und andere staatliche Monopole. Die hervorgehobene Stellung innerhalb der jüdischen Gemeinschaft beinhaltete auch die Verpflichtung, sich für die Belange der Glaubensgenossen einzusetzen.

Johann Peter Langer (1756 - 1824) malte  den 62-jährigen Bankier Aron Elias Seligmann in Lebensgröße. Seit dem Jahr 1985 befindet sich das Gemälde im Rathaus der Stadt Leimen.

Johann Peter Langer (1756 - 1824) malte den 62-jährigen Bankier Aron Elias Seligmann in Lebensgröße. Seit dem Jahr 1985 befindet sich das Gemälde im Rathaus der Stadt Leimen.

Stadt Leimen

Tabakmanufaktur und Bankhaus

1783 pachtete A. E. Seligmann, zusammen mit dem Mannheimer Bankhaus Schmaltz, die Pfälzer Salinen für 25 Jahre mit einer Jahrespacht von 90.000 Gulden. 1790 eröffnete er, mit Privileg des bereits in München residierenden Kurfürsten Karl Theodor, eine Tabakmanufaktur in Leimen, die hundert Arbeiter beschäftigte und dem kleinen Ort zu bescheidenem Wohlstand verhalf: Seligmann & Compagnie, Kurfürstlich privilegierte Fabrik.

A. E. Seligmann stieg mit dem von Philipp Lorenz Schmaltz (1684-1737) gegründeten Mannheimer Bankhaus gleichen Namens ins Anleihegeschäft ein. Durch die Koalitionskriege mit Frankreich mussten für die kurpfälzischen Städte Worms, Speyer, Heidelberg und Mannheim Kontributionssummen beschafft werden.

Zwischen 1794 und 1802 ließ er das Leimener Wohnhaus seines Vaters zum Palais ausbauen, was ihn damals die stolze Summe von 80.000 Gulden kostete. Kurfürst Karl Theodor nahm im Jahr 1796 bei Schmaltz und Seligmann sechs Millionen Gulden auf. 1799 wurde der Hoffaktor „per Eilstaffette“ nach München berufen. Die Staatskassen waren erschöpft und für die Truppen im Feld wurden unverzüglich 50.000 Gulden benötigt. Es waren schließlich 14 Millionen Gulden, die der Pfalz und Bayern als Anleihen gewährt wurden, wie der Historiker Karl Günther schreibt.

Da dem nun in München lebenden A. E. Seligmann 1803 vom neuen Landesherrn keine Privilegien für die Leimener Tabakmanufaktur gewährt wurden, wirkte sich das auch negativ auf das Unternehmen aus. So besann er sich auf seine Tätigkeit als Heeresentrepreneur. So hatte er 1779 bereits 3.800 Pferde an die kaiserliche Armee in Österreich geliefert. Für die Truppen beschaffte er auch Korn, Gerste, Hafer, Heu sowie Zugpferde. Die Bayerisch Israelitische Gemeindezeitung schrieb am 31. Oktober 1931:

„Seeligmann war bereits kurpfälzischer Hoffaktor, als er 1786 zum K. und K. Hof- und Kammeragenten ernannt wurde, wegen seiner Verdienste als Lieferant an die kaiserlichen Truppen in den Niederlanden.“

Durch Tabak- und Salzhandel sowie Heereslieferungen hatte A. E. Seligmann seine Finanzkraft so sehr gestärkt, dass er nun in der Lage war, der Kurpfalz und Bayern große Summen mit Anleihen zu gewähren. Im Februar 1799 verstarb Kurfürst Karl Theodor in München und die Regentschaft ging auf seinen Verwandten Max Joseph über, der die bayerischen Finanzen „in großer Unordnung, alle Staatskassen ausgeleert“ vorfand.

Drei Millionen Gulden für den bayerischen Staat

Durch neuerworbene Gebiete und den zweiten Koalitionskrieg war das bayerische Königreich finanziell so stark geschwächt, dass eine große Anzahl von Anleihen beim Hoffinanzier Seligmann getätigt wurden.

Dazu schrieb die Gemeindezeitung von 1931:

„Im Jahre 1802 gewährte Seeligmann dem bayerischen Staat eine 3-Millionen- Gulden Anleihe zu 6 % Zinsen gegen Verpfändung der Zolleinnahmen. Im Jahre 1804 wurde dem Hofbankier A. E. Seeligmann das Rechnungswesen des ‚Ministerialauswärtigen Departements‘ übertragen. Der Hofbankier hatte die Gehaltszahlungen an die Beamten des auswärtigen Dienstes in München und im Ausland vorzunehmen … Da die Bezahlung der Staatsbeamten viele Jahre hindurch großen Unregelmäßigkeiten ausgesetzt war, so wurde wenigstens dem bayerischen Gesandtschaftspersonal im Ausland die Gehaltszahlung durch den Hofbankier gesichert. Auch für den sonstigen Geldbedarf des auswärtigen Dienstes, für Geschenke, Reisekosten und dgl. hatte Seeligmann die Mittel bereitzustellen. Neben der Finanzierung des diplomatischen Dienstes leistete der Hofbankier fortwährend Vorschüsse an den immer geldbedürftigen König Max I. So gewährte Seeligmann der kgl. Kabinettskasse vom 22. Februar 1809 bis 10. Februar 1810 nicht weniger als 12 Vorschüsse, welche zusammen 253 224 (Gulden) ausmachten.“

Im Jahr 1799 erhielt der Hoffaktor als Anerkennung das Privileg, das ihm, seinen Kindern und Schwiegersöhnen die vollen staatsbürgerlichen Rechte zuerkannte, das heißt, sie wurden den christlichen Untertanen gleichgestellt. Familie Seligmann erreichte so eine Stellung, die, Jahrzehnte vor der allgemeinen Judenemanzipation, nur dem ausgewählten Kreis der Hoffaktoren zuteilwurde. A. E. Seligmann war der erste praktizierende Jude, der den Rang eines Königlich Bayerischen Hofbankiers bekleidete, und war auch der erste Israelit in Bayern, der nobilitiert wurde.

Adelung zum Freiherrn von Eichthal

Nach seiner Ernennung zum Hofbankier richtete er im Juli 1814 ein Schreiben an den König, mit der Bitte, ihn in den Freiherrenstand zu erheben. Er hatte das Gut Maria Eich in Gauting im Würmtal erworben und wurde am 22. September 1814 zum Freiherrn von Eichthal geadelt. Das Adelsprädikat war Anerkennung für „Anhänglichkeit und mannigfaltigen getreuen Dienste“, die er innerhalb einer Zeitspanne von 40 Jahren dem Haus Wittelsbach geleistet hatte. Der Titel war vererbbar und wurde auch auf seine zahlreichen Kinder und die in Mannheim lebende Ehefrau Hindele übertragen, die sich nun Henriette von Eichthal nannte. Ihr Mann ließ sich am 21. Oktober 1819 in der Münchner Pfarrei in der Au auf den Namen Leonhard taufen, seine zehn Kinder waren auch alle zur katholischen Konfession übergetreten, nur seine Ehefrau behielt ihren Glauben bei.

Leonhard Aron Elias Freiherr von Eichthal starb am 11. Januar 1824 in München und fand seine letzte Ruhe auf dem Südlichen Friedhof. In seinem Testament bedachte er das Münchner Armeninstitut mit 2.000 Gulden. Seine Nachkommen erhöhten die Summe um ein Vielfaches. 

Autorin: Susanne Reber ist Fach- und Literaturübersetzerin und interessiert sich, durch persönliche Kontakte, für die Geschichte der jüdischen Deutschen.

Schnee, Heinrich, Die Hoffinanz und der moderne Staat, Berlin, 1953-67, S. 213-241

Günther, Karl, „Das Haus Seligmann“, in: Heitz, Michael und Röcker, Bernd (Hg.), Jüdische Persönlichkeiten im Kraichgau, 2013, Heidelberg- Ubstadt-Weiher, S. X-Y???

Alphabetisches Verzeichnis der sämtlichen Einwohner zu Mannheim mit Bemerkung ihrer Wohnung aufgestellt im Monat Januar 1815

Rosenthal, Berthold, Zur Ahnentafel des Georg Ludwig Mayer aus Mannheim, 1937, Leo Baeck Institute

http://www.rijo.homepage.t-online.de/pdf/DE_MU_JU_eichthad.pdf

https://www.alemannia-judaica.de/leimen_synagoge.htm

https://www.leimen.de/de/stadt-leimen/leimener-persoenlichkeiten/die-familie-seeligmann/chronologie-seligmann-von-eichthal

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Thomas Klotz
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