Im Gegensatz zum Alpenrand und dem Bayerischen Wald sind Teile Unterfrankens mit teils weniger als 500 Millimeter Niederschlag pro Jahr geradezu ein Trockengebiet – was durch den Klimawandel noch verstärkt wird. In den Alpen, wo sich die feuchten Luftmassen beim Aufstieg abregnen, liegt der Jahresniederschlag bei bis zu 2.000 Millimeter. Insgesamt ist der Wasserhaushalt besonders in Unter- und Mittelfranken eine Herausforderung´. Einige Bäche trocknen zeitweise sogar ganz aus, auch, weil die nordbayerischen Flüsse nicht zusätzlich durch Schmelzwasser aus den Alpen gespeist werden. Das große Ballungsgebiet Nürnberg-Fürth-Erlangen mit rund einer Million Einwohnern wird hauptsächlich durch die relativ kleinen Flüsse Rednitz/Regnitz und Pegnitz bewässert, Würzburg und Schweinfurt durch den Main.
Deshalb schlug schon vor Jahren der Landtagsabgeordnete Ernst Lechner (CSU) aus Gunzenhausen vor, Wasser vom Süden in den Norden zu pumpen. Durch einen Beschluss des Bayerischen Landtags vom 16. Juli 1970 wurde die Bayerische Staatsregierung beauftragt, einen überregionalen Wasserausgleich zwischen Donau- und Maingebiet zu schaffen. Dabei helfen sollte der seit 1960 im Bau befindliche Main-Donau-Kanal.
Gesagt, getan, heute erfolgt diese Überleitung auf zwei voneinander unabhängigen Wegen:
In den Wintermonaten führen die Flüsse allerdings regelmäßig selbst genügend Wasser.
Diese Überleitung hat viele Vorteile. Die Anhebung der Flusspegel in Trockenperioden verbessert die Wasserqualität erleichtert auch den Gütertransport. Durch die Entnahme können größere Hochwasser im Tal der mittleren Altmühl vermieden werden. „Mit dem Überleitungssystem können wir selbst auf extreme Verhältnisse reagieren“, betonte 2015 die damalige Umweltministerin Ulrike Scharf. Es profitieren aber auch die Landwirte rund um Nürnberg, die ihre Felder teilweise mit Regnitz-Wasser bewässern, sowie Unternehmen, die es zur Kühlung verwenden.
Ein weiterer Vorteil: Mit der fränkischen Seenlandschaft rund um den Brombachsee ist ein Naherholungs- und Urlaubsgebiet entstanden, von dem starke wirtschaftliche Impulse für die gesamte Region ausgehen. Am gesamten Main-Donau-Kanal ist an mindestens einem Ufer ein Betriebsweg. Aufgrund seiner minimalen Steigungen sind das beliebte Wander- und Radwege. Der Freizeit- und Erholungswert des Kanals ist auch dank Festivals wie „Lieder am See“ und „Burning Beach“ mittlerweile so groß, dass der Tourismus sogar zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Region geworden ist, mit rund 4000 Arbeitsplätzen, 1,3 Millionen Übernachtungen (2023) und 170 Millionen Euro an Tourismuseinnahmen pro Jahr.
Auch ökologisch lieferten Seenland und Kanal Verbesserungen trotz der anfänglichen großen Eingriffe in die Natur und wichtige Feuchtgebiete. Ohne das frische Wasser aus dem Süden hätte es schon öfter Fischsterben in Nordbayern gegeben. Die Überleitung stützt aber durch Sickerwasser auch die Grundwasservorkommen. Niedrigwasser bedeutet mangels Binnenschifffahrt zudem mehr LKW-Güterverkehr und mehr CO2. Auch der Seeweg von der Nordsee ins Schwarze Meer ist durch den Main-Donau-Kanal um 60 Prozent kürzer. Fünf Wasserkraftwerke gibt es an den Seen insgesamt, zusammen können sie etwa 4000 Haushalte mit Strom versorgen.
Im Altmühlsee entstand ein Naturschutzgebiet von circa 200 Hektar Größe, dessen Kern eine große Flachwasser- und Inselzone bildet. Über 200 verschiedenen Vogelarten sind auf der Vogelinsel zu Hause. Besonders bedrohte Vogelarten wie Bekassine und Großer Brachvogel finden dort Rückzugsmöglichkeiten, der Seeadler ein gutes Jagdrevier. Auch an den anderen Seen wurden bestimmte Ufer- und Seegebiete unter Naturschutz gestellt. Flora und Fauna haben sich im Kanal- und Seenlandgebiet verändert, einige Tier- und Pflanzenarten sind verschwunden, andere hinzugekommen.
Es war insgesamt ein Projekt mit Weitblick, denn 1970 war die Debatte über den Klimawandel praktisch unbekannt. Der Bau der Seen war vielmehr auf den Wassermangel der wachsenden Industrie in Franken, schwindende Grundwasservorräte, eine strukturschwache Region und verschmutzte Gewässer durch zunehmendes Abwasser zurückzuführen. Die Überleitung war mit Gesamtkosten von rund 460 Millionen Euro (einschließlich des Grunderwerbs) einst Bayerns größtes wasserbauliches Projekt. Heute würde es ein Vielfaches dieser Summe kosten. Etwa 20 Prozent der Projektsumme flossen damals in ökologische Ausgleichsmaßnahmen - erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik.
Jährlich können insgesamt also rund 150 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem wasserreichen Donauraum nach Franken übergeleitet werden. In den vergangenen 20 Jahren flossen mehr als 2,4 Milliarden Kubikmeter Wasser nach Nordbayern – etwa das Volumen des Chiemsees. Ohne dieses Wasser würde Franken immer wieder buchstäblich auf dem Trockenen sitzen.