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Meinungsbeitrag von Alexander Hoffmann, MdB
Den deutschen Pass muss man sich verdienen

Autor: Alexander Hoffmann, MdB

Das neue Staatsbürgerschaftsrecht der Ampel steht in der Kritik. Der Innenpolitische Sprecher der CSU - Landesgruppe im Bundestag, Alexander Hoffmann, MdB, stellt infrage, ob es angesichts der immer deutlicher werdenden Integrationsprobleme sinnvoll ist, eine Einbürgerung schon nach drei bis fünf Jahren zu ermöglichen. Kein anderes Gesetz habe so weitreichende Folgen, da es nicht nur neue Anreize für irreguläre Zuwanderung schaffe, sondern der generelle Doppelpass die politischen Einflussmöglichkeiten ausländischer Staaten in Deutschland stärke. Der deutsche Pass müsse am Ende einer gelungenen Integration stehen, nicht am Anfang.

Erinnern Sie sich noch an das Fußballspiel Deutschland gegen die Türkei? Die deutsche Nationalmannschaft erlebte an diesem November-Abend quasi ein Auswärtsspiel –  im Berliner Olympiastadion. Insbesondere der türkischstämmige Kapitän der deutschen Elf, Ilkay Gündogan, wurde von den türkischen Fans bei jedem Ballkontakt gnadenlos ausgepfiffen, von manchen sogar als Verräter beschimpft. Ein ernüchternder Abend, der die Defizite und Versäumnisse in der deutschen Integrationspolitik schonungslos offengelegt hat.

Vor einem Seitenarm der Spree steht Alexander Hoffmann, MdB, und lächelt in die Kamera. Im Hintergrund der Bundestag.

Kritisiert das neue Staatsbürgerschaftsrecht: Alexander Hoffmann, MdB, der Innenpolitische Sprecher der CSU im Bundestag.

Michael Dominik; ©HSS; Büro Hoffmann

Der Treppenwitz der Ampel

Noch schlimmer waren dann die widerlichen Israel-feindlichen Kundgebungen auf unseren Straßen in den Tagen nach dem unfassbar grausamen Überfall der Hamas mit über 1.300 Toten. Wenn sich in Deutschland geborene oder aufgewachsene Menschen so verhalten, dann zeigt sich einmal mehr, dass es viel zu vielen an der Bereitschaft fehlt, unsere Werte anzuerkennen und sich wirklich zu integrieren.

Gerade erleben wir eine aufgeregte Debatte, ob eine islamistische „Erdogan-Partei“ hierzulande schon bald bei der Europawahl (und auch zur nächsten Bundestagswahl) antreten könnte. Vertreter der „Ampel“ erklären, dass sie das auf keinen Fall wollen. Ich halte das für einen Treppenwitz, denn die „Ampel“ hat den Weg dafür doch gerade erst freigemacht durch fundamentale Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht.

Einbürgerung mit Turbo

Mit der von SPD, Grünen und FDP durchgedrückten Turbo-Einbürgerung haben Ausländer künftig die Möglichkeit, nach nur drei Jahren den deutschen Pass zu erhalten. Diese Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit auf fünf beziehungsweise nur drei Jahre lehnen wir als Union entschieden ab. Echte Integration braucht Zeit. Mit den derzeitigen Fristen (grundsätzlich acht Jahre, bei besonderen Integrationsleistungen sechs Jahre) hatten wir einen angemessenen Zeitrahmen und lagen damit im europäischen Mittelfeld.

Auf dem Bild liegt auf einem Tisch ein deutscher Pass neben dem Grundgesetz und einer deutschen Flagge.

Die deutsche Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut – sie muss sich durch Integration, Spracherwerb, Arbeit sowie durch ein klares Bekenntnis zu unseren Werten, zu unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung verdient werden.

Christin Klose; ©HSS; stock.adobe.com

Die „Ampel“ hat die Anforderungen zum Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft drastisch abgesenkt und hat den Doppelpass zum Regelfall erklärt – mit dem Ergebnis, dass nun Personen nach Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit, beziehungsweise des Doppelpasses, deutlich leichter kandidieren können. Wir als Union wollten für die Europawahl eine Drei-Prozent-Hürde einführen – die „Ampel“ hat das abgelehnt.

Was von der „Ampel“ als Modernisierung unseres Staatsangehörigkeitsrechts verkauft wurde, scheint in Wahrheit darauf abzuzielen, unser Land Schritt für Schritt zu einem anderen zu machen. Kein anderes Gesetz hat so weitreichende Folgen. Es verändert schließlich auch die Zusammensetzung des Wahlvolkes der Bundesrepublik. Die „Ampel“ erwartet einen „sprunghaften Anstieg der Einbürgerungsanträge“ und schätzt das Potenzial möglicher Einbürgerungen auf mehr als 2,5 Millionen Personen. Der generelle Doppelpass verstärkt die politischen Einflussmöglichkeiten anderer Staaten in Deutschland und ermöglicht dem Inhaber unter Umständen Rosinenpickerei aus unterschiedlichen Rechtssystemen, etwa im Bereich der Justiz, bei der Wehrpflicht oder was die soziale Absicherung betrifft.

Wir sollten stattdessen das Institut der Doppelten Staatsbürgerschaft insgesamt auf den Prüfstand stellen. Die Ereignisse um die Anti-Israel-Demonstrationen sowie um das Fußballspiel unserer Nationalmannschaft gegen die Türkei zeigen doch, dass wir dort eher nachschärfen müssen als liberalisieren. Wenn der türkisch-stämmige Kapitän der deutschen Mannschaft ausgebuht und als Verräter beschimpft wird – von Menschen, die hier oft schon seit Jahrzehnten leben und bei der zurückliegenden türkischen Präsidentenwahl zu zwei Dritteln Erdogan die Stimme gegeben haben –, dann zeigt das doch, dass wir in Sachen Identifikation mit unserem Land höhere Anforderungen stellen müssen und nicht geringere.

Bekenntnis zu unseren Werten

Auch das ausdrückliche Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel wäre eine zusätzliche Anforderung für eine Einbürgerung. Wer als Doppelstaatler antisemitisch auffällt, dem muss man die Staatsbürgerschaft aberkennen können. Wer schon aufgefallen ist wegen antisemitischer Äußerungen, der kann sie gar nicht erst bekommen. Entsprechende Anträge von uns wurden von der „Ampel“ abgelehnt.

Wir als Union hatten nämlich einen Antrag vorgelegt mit dem Ziel, den Wert der deutschen Staatsangehörigkeit zu bewahren. Der deutsche Pass – einer der wertvollsten weltweit – steht am Ende einer gelungenen Integration, nicht am Anfang. Die deutsche Staatsbürgerschaft ist ein hohes Gut – sie muss sich durch Integration, Spracherwerb, Arbeit sowie durch ein klares Bekenntnis zu unseren Werten, zu unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung erst verdient werden. In anderen Ländern mit kürzeren Fristen wie Frankreich, Schweden oder Belgien, sind die Probleme mit der Integration unübersehbar. Zudem schafft die Herabsetzung von Einbürgerungsvoraussetzungen neue Anreize für irreguläre Zuwanderung.

Mit der „Ampel“ erleben wir in Sachen Migration einen Paradigmenwechsel, eine Politik der offenen Türen. Fast alle europäischen Partner verfolgen mittlerweile eine restriktive und begrenzende Asylpolitik. Nur die Bundesregierung ist als Geisterfahrer unterwegs mit ihrem Spurwechsel, ihrem Zweckwechsel, ihren Sonderaufnahmeprogrammen, ihrem „Chancen-Aufenthalt“ und ihrem Abschiebeverhinderungsgesetz.

Von der Realität entrückte Politik

Der sogenannte Spurwechsel in der Asylpolitik, also der neuen Möglichkeit für Asylbewerber, die bis März 2023 hier ankamen, in das Einwanderungsverfahren zu wechseln, wenn sie während ihres Aufenthaltes Arbeit finden, sendet in alle Welt das Signal, dass jeder bleiben kann, der es irgendwie ins Land geschafft hat. Es vermischt zudem legale und illegale Zuwanderung und zieht nur weitere minderqualifizierte Arbeitskräfte an, was erneute Fehlanreize setzt. Der neue Zweckwechsel, also der Wechsel des Aufenthaltszwecks, ermöglicht es, dass sogar mit einem Touristenvisum nach Deutschland Eingereiste nachträglich in die Erwerbsmigration wechseln könnten. Die Sonderaufnahmeprogramme für Syrer, Afghanen und Staatenlose sind widersinnig in einer Zeit, in der unsere Kommunen ohnehin mit den zu vielen Migranten, die sie unterzubringen haben, völlig überfordert sind. Das neue „Chancen-Aufenthaltsrecht“ der „Ampel“ belohnt selbst ausreisepflichtige Geduldete mit ungeklärter Identität mit einer neuen Aufenthaltsmöglichkeit – also diejenigen, die sich jahrelang verbotenerweise in Deutschland aufhalten und von denen wir nicht wissen, wer sie eigentlich sind. Das „Rückführungsverbesserungsgesetz“ mit dem neuen, von den Grünen durchgesetzten Rechtsbeistand für Abschiebehäftlinge – obwohl in diesen Fällen ja bereits alle rechtsstaatlichen Mittel ausgeschöpft sind – ist damit in Wahrheit ein Abschiebeverhinderungsgesetz. Diese völlig der Realität entrückte Politik ist gefährlich.

Die Pflicht von Demokraten muss gerade in Zeiten wie diesen sein, sich der AfD entgegenzustellen. Dafür ist unerlässlich, dass wir im Deutschen Bundestag gemeinsam eine Politik machen, die die Probleme in diesem Land löst – und nicht die bestehenden Probleme verschärft oder gar neue erzeugt. Doch genau das ist nun geschehen durch die einschneidenden Änderungen im Staatsangehörigkeitsrecht, die die „Ampel“-Koalition einmal mehr gegen den breiten Mehrheitswillen der Bevölkerung beschlossen hat.

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Redakteur: Andreas von Delhaes-Guenther
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