Soeben wurde eine Studie zu den bilateralen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland veröffentlicht: HU-EF Barometer - Israelis' Perceptions of Europe and Germany and Germans' Perceptions of Israel. Hierzu konnte neben aktuellen Befragungen auch auf Datensätze der Hebräischen Universität aus den vergangenen 30 Jahren zurückgegriffen werden. Das ermöglicht die Erfassung von Langzeitentwicklungen und Analysen. Dabei wurde festgestellt, dass mehr israelische als deutsche Befragte die Beziehungen zwischen den Ländern als normal ansehen und etwa die Hälfte der israelischen wie der deutschen Befragten sich Berlin als Vermittler im Nahen Osten wünschen.
Insbesondere Akteure der bilateralen Zusammenarbeit, Regierungs- sowie Nichtregierungsorganisationen sowie das akademische und politische Publikum zeigten sich dankbar für die Studie als wissenschaftliche Datengrundlage, mit der sie ihre Arbeit unterfüttern und weiterentwickeln können.
Sämtliche Ergebnisse sind auf https://openscholar.huji.ac.il/hu-ef.barometer abrufbar.
Für die aktuelle Beziehung zwischen Israel und Deutschland ist bezeichnend, dass nur wenige Monate nach seiner Amtseinführung Bundeskanzler Olaf Scholz am 2. März 2022 nach Israel gereist ist. Ihm sei es wichtig gewesen, so betonte er, seinen Antrittsbesuch in Jerusalem trotz des Krieges in der Ukraine durchzuführen. Auch habe er diesen auf eigenen Wunsch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem beginnen wollen. Wenig später präsentierte sich Scholz dann gemeinsam mit seinem israelischen Amtskollegen Naftali Bennet vor den Kameras im King David Hotel.
Als Bennett die Frage gestellt worden war, wie er denn zu der innenpolitischen Wende stehen würde, die Scholz mit seiner Parlamentsrede vom 27. Februar einleitete und die unter anderem ein Aufrüsten Deutschlands beinhalte, zog er einen Vergleich zwischen beiden Ländern: Deutschland sei ein Anker der Verantwortung und Stabilität in Europa, so wie Israel ein Anker der Verantwortung und Stabilität im Nahen Osten sei.
Da wusste vermutlich noch keiner von beiden, dass sie sich bereits wenige Tage später in Berlin wiedersehen würden. Bei einem Vermittlungsversuch war Bennett kurzerhand zum russischen Präsidenten nach Moskau geflogen und anschließend direkt nach Berlin.
Rund 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist ein solches Vorgehen alles andere als selbstverständlich, aber es verweist auf die außerordentliche Tragfähigkeit der aktuellen deutsch-israelischen Beziehungen auf höchster politischer Ebene.
Um zu eruieren, wie die gegenseitigen Beziehungen bei den Bevölkerungen auf beiden Seiten wahrgenommen werden, ließ das Europäische Forum der Hebräischen Universität in Jerusalem - mit Unterstützung der Hanns-Seidel-Stiftung – nach den Bundestagswahlen vom September 2021 repräsentative Umfragen in Israel und Deutschland durchführen.
Die Umfrage in beiden Ländern wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Gisela Dachs vom European Forum at the Hebrew University of Jerusalem vorbereitet.
In Israel wurden 1.006 Männer und Frauen im Zeitraum vom 05. bis zum 26. Oktober 2021 bei sich Zuhause interviewt. Die Befragungen wurden durchgeführt vom PORI-Institut (Public Opinion Research Institute). In Deutschland wurden im selben Zeitraum 1.011 Männer und Frauen von h1 medienanalyse/infas telefonisch befragt.
Bei den Fragen ging es um Einstellungen und Verhalten dem anderen Land gegenüber. Die Ergebnisse, die am 14. März 2022 bei einer Veranstaltung der HSS in Berlin vorgestellt wurden, zeichnen ein komplexes Bild der gegenseitigen Wahrnehmung.
Dabei muss berücksichtigt werden, dass in dieser Hinsicht in beiden Ländern andere Gruppenzugehörigkeiten eine Rolle spielen. So verlaufen die Bruchlinien in Deutschland etwa in Bezug auf Alter, Geschlecht, neue und alte Bundesländer ebenso wie der Frage nach Migration, während in Israel zwischen jüdischen und arabischen Staatsbürgern unterschieden wird und unterschiedlichen Graden an (jüdischer) Religiosität. Im Allgemeinen lässt sich dabei sagen, dass eine positive Haltung gegenüber Deutschland abnimmt, je stärker die religiöse Bindung ist.
Wichtige Ergebnisse der Studie zu Politik, Gesellschaft, Kultur und Religion, sind hier zusammengefasst. Künftig soll in regelmäßigen Abständen eine solche Studie wiederholt werden.
Politik
Landeskenntnisse
Jüdisches Leben in Europa