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Interview mit Staatsminister Bernd Sibler
„Bei allen Zukunftsthemen nicht vergessen, die Menschen mitzunehmen“

Seit Beginn des Jahres ist der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, MdL, Vertreter der Bundesländer bei der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK). In seiner zweijährigen Amtszeit will Sibler das Augenmerk auf Wissenschaftskommunikation, eine bessere Vernetzung von wissenschaftlichen Einrichtungen und eine Exzellenzinitiative für Spitzenmedizin legen.

Der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, MdL, ist seit Beginn des Jahres Vertreter der Bundesländer bei der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern.

Der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Bernd Sibler, MdL, ist seit Beginn des Jahres Vertreter der Bundesländer bei der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern.

Andreas Gebert; Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst

HSS: Herr Staatsminister Sibler, Sie haben zu Jahresbeginn das Amt des Vorsitzenden der Länderseite in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern übernommen. Welche Aufgaben bringt diese Position mit sich?

Staatsminister Bernd Sibler:  In der GWK arbeiten Bund und Länder im Bereich der Wissenschafts- und Forschungsförderung zusammen. Durch gemeinsame Förderprogramme mit einem finanziellen Volumen von über 15 Milliarden Euro jährlich sichern Bund und Länder die starke Stellung der Wissenschaft in Deutschland. Bund und Länder wechseln sich in der GWK jährlich im Vorsitz ab. Ich freue mich sehr auf unsere Zusammenarbeit und die Verantwortung, die mir meine Länderkolleginnen und Länderkollegen und der Bund in diesem wesentlichen Bund-Länder-Gremium übertragen haben. In der Funktion als Vorsitzender der Länderseite fungiere ich quasi als „Ländersprecher“. Dabei kann ich die Wissenschaftspolitik in ganz Deutschland von Bayern aus noch stärker mitgestalten – eine verantwortungsvolle und sehr schöne Aufgabe.

Im Jahr 2022 werden wir für unsere gemeinsamen Förderformate von Bund und Ländern wichtige Weichen neu stellen. Wir müssen zum Beispiel über die Ausgestaltung der zweiten Förderrunde der Exzellenzstrategie entscheiden. Zudem streben Bund und Länder an, die bestehenden Netzwerke der Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung um zwei Zentren zu erweitern: das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit und das Deutsche Zentrum für Kinder- und Jugendgesundheit.

HSS: Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen für die Wissenschaftspolitik in Deutschland?

Das deutsche Hochschul- und Wissenschaftssystem befindet sich in einem sehr guten Zustand. Mit Blick auf laufende und anstehende Transformationsprozesse müssen wir weiter in ihre Zukunftsfestigkeit investieren. Mir ist wichtig, dass wir bei allen Zukunftsthemen nicht vergessen, die Menschen und die Gesellschaft mitzunehmen, denn Wissenschaft und Forschung sollen den Menschen dienen. Insgesamt müssen wir den Stellenwert, den Studieren, Lehren und Forschen in unserem Land der Dichter und Denker haben sollen und haben müssen, mit den entsprechenden, weiterentwickelten Programmen unterfüttern.


„Wissenschaft und Forschung sollen den Menschen dienen.“ 
 

HSS: Wie artikulieren Sie die Interessen der Bundesländer gegenüber dem Bund? Wo sind die größten Diskrepanzen?

Die GWK stellt durch die Mitgliedschaft von Bund und Ländern, aber vor allem auch von Wissenschaftsressorts und Finanzressorts eine besonders schlagkräftige Organisation dar. Das gibt ihr im föderalen Gefüge der Bundesrepublik Deutschland ganz spezifische Handlungs- und Entscheidungsspielräume. Das zeigt sich unter anderem daran, dass bei einstimmig gefassten Beschlüssen der GWK die Zustimmung der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern als erteilt gilt und diese damit unmittelbar für Bund und Länder verbindlich werden.

Mir schwebt eine noch bessere Abstimmung und Vernetzung zwischen Bund und Ländern und den einzelnen Organisationen, für die wir zuständig sind, vor. Wir sollten flexibler, schneller und agiler arbeiten, die digitalen Möglichkeiten besser ausschöpfen. Als länderseitiger Vorsitzender möchte ich hier noch stärker als bisher die bayerischen Erfahrungen und Expertisen einbringen.

HSS: Welche Ideen möchten Sie in Ihrer zweijährigen Amtszeit realisieren?

Großen Zukunftsthemen wie zum Beispiel Spitzenmedizin und Gesundheitsversorgung, Nachhaltigkeit oder Quantentechnologien muss sich die GWK noch gezielter gemeinsam annehmen, und dies über Fächergrenzen hinweg, ohne dabei die Bedeutung starker Fachdisziplinen zu schwächen. Einer meiner ersten Vorschläge wird sein, dass wir eine Exzellenzinitiative in der Spitzenmedizin auf den Weg bringen.

Ein besonderes Augenmerk werde ich auf die Einbindung der Gesellschaft legen, mittels einer effizientere Wissenschaftskommunikation. Die COVID-19-Pandemie führt uns ja sehr eindringlich vor Augen, wie wichtig die Vermittlung von Fakten, von Erkenntnissen und Erkenntnisprozessen der Wissenschaft ist.

HSS: Wie ist es um die Wissenschaft im europäischen und internationalen Vergleich bestellt?

Die vergangenen Jahre waren unter anderem mit dem „Zukunftsvertrag Studium und Lehre stärken“, dem „Pakt für Forschung und Innovation“ und unserer Exzellenzstrategie – hier hat Bayern mit der „Hightech Agenda Bayern“ übrigens europaweit beachtete Akzente gesetzt – erfolgreiche Jahre für die deutsche Wissenschaftslandschaft. Darauf dürfen wir uns aber nicht ausruhen. Diesen Zustand nicht nur zu halten, sondern mit Blick auf ihre Zukunftsfestigkeit weiterzuentwickeln, muss das gemeinsame Ziel sein, auch im Hinblick auf unseren Anspruch, den europäischen Forschungsraum mitzugestalten.

HSS: Herr Staatsminister Sibler, vielen Dank für das Gespräch. 

Das Interview führte Thomas M. Klotz, Leiter des Referats Bildung, Hochschulen, Kultur an der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung.

Bildung, Hochschulen, Kultur
Thomas Klotz
Leiter