Es gibt gute Gründe, warum sich die Welt gerade heute für das Schicksal der 5,2 Millionen Palästina-Flüchtlinge interessieren sollte. Diese Kernbotschaft hatte Pierre Krähenbühl bei seinem Besuch in der Hanns-Seidel-Stiftung am 18. Oktober im Gepäck. Der gebürtige Schweizer steht seit 2014 als Generalkommissar an der Spitze des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), das 1949 von der UNO-Generalsversammlung ins Leben gerufen wurden und ein Jahr darauf seine Arbeit aufgenommen hat. Ursprünglich mit einem einjährigen Mandat ausgestattet, direkte Hilfs- und Arbeitsprogramme für Palästina-Flüchtlinge umzusetzen, solange bis eine gerechte und dauerhafte Lösung der Palästina-Flüchtlingsfrage gefunden ist, ist der Auftrag der UNRWA heute, 66 Jahre nach ihrer Gründung, noch immer, die Sicherung der Grundbedürfnisse und den Schutz der Palästina-Flüchtlinge zu garantieren sowie deren menschliches Potential und Entwicklung zu fördern. Diesem Auftrag kommt sie heute mit über 30.000 Beschäftigten in Jordanien, Syrien, dem Libanon, dem Gaza-Streifen sowie im Westjordanland nach.
UNRWA-Generalkommissar Pierre Krähenbühl war auf Einladung von Hanns-Seidel-Stiftung und Deutsch Arabischer Freundschaftsgesellschaft zu einer Expertenkonferenz in die bayerische Landeshauptstadt gekommen. Moderiert von Staatsminister a.D. Otto Wiesheu legte er vor Vertretern aus Politik und Verwaltung, Wirtschaft, Kirchen und Gesellschaft dar, dass die 5,2 Millionen Palästina-Flüchtlinge aufgrund von weitverbreiteter Ernährungsunsicherheit, Armut und hoher Jugendarbeitslosigkeit heute dringender als je zuvor auf die Hilfe der UNRWA angewiesen seien. Obgleich sie dank der Gesundheitsversorgung (mit jährlich 9,5 Millionen Patientenbesuchen in UNRWAs medizinischen Zentren) und Ausbildungsmöglichkeiten (von mehr als 500.000 Kindern und Jugendlichen in 685 UNRWA-Schulen und 7.200 zusätzlichen Plätzen in Berufsschulen) über ein hohes Maß an Potenzial verfügten, fehle es ihnen oftmals an den nötigen finanziellen Mitteln und Chancen für eine eigenständige und nachhaltige Existenzsicherung. Bewaffnete Konflikte in Syrien, dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen trügen seit Jahren dazu bei, dass sich die Situation der Palästina-Flüchtlinge verschärfe. Eine wachsende Anzahl von ihnen werde von wichtigen Aspekten des sozialen, politischen und wirtschaftlichen Zusammenlebens ausgeschlossen und ihnen würden aufgrund ihres rechtlichen Status wichtige Grundrechte verweigert.
In diesem Zusammenhang sei die UNRWA ein stabilisierender Faktor und unterstütze die Palästina-Flüchtlinge, indem sie auf ihre Kernziele hinarbeite, dass die international anerkannten Rechte von Flüchtlingen gewahrt und gestärkt würden, dass die Flüchtlinge ein langes und gesundes Leben genießen könnten, dass Kinder im Schulalter Zugang zu hochwertiger, gerechter und umfassender Grundbildung haben könnten, dass die Fähigkeit der Flüchtlinge zur Lebensgrundlagensicherung gestärkt werde und dass die Grundbedürfnisse von Flüchtlingen in Bezug auf Ernährung, Unterkunft, Gesundheit und ihre Umwelt garantiert seien. Die UNRWA werde dabei seit vielen Jahren von Deutschland als einem wichtigen und zuverlässigen Partner unterstützt. 2015 habe sich die finanzielle Unterstützung Deutschlands auf insgesamt 83,2 Millionen Euro belaufen.
Für diese Unterstützung gebe es aus deutscher wie internationaler Perspektive gute Gründe. Konkret hob Pierre Krähenbühl im Rahmen der Expertenkonferenz der Hanns-Seidel-Stiftung die folgenden hervor:
Deshalb schloss der UNRWA-Generalkommissar mit dem dringenden Appell: „Wenn wir heute unsere Augen verschließen, vor dem Leid der Palästina-Flüchtlinge und den Verletzungen ihrer Würde und Rechte, wird uns die Wirklichkeit in ein paar Jahren einholen. Dann wird die Situation allerdings noch schlimmer, dramatischer und gefährlicher sein. Und der Druck auf die Gastländer wie Jordanien und den Libanon sowie die UNRWA wird sich weiter erhöht haben.“