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Die Viererkoalition

Bei der Landtagswahl 1954 erhält die CSU 38,4% der Stimmen und stellt mit 83 Abgeordneten die größte Fraktion im Landtag.

Nach vielen Verhandlungen bildet aber Wilhelm Hoegner am 9.12.1954 mit SPD, BP, BHE und FDP die Viererkoalition.

Bayerische Wähler habt Ihr das gewollt? Flugblatt der CSU nach der Landtagswahl 1954

Bayerische Wähler habt Ihr das gewollt? Flugblatt der CSU nach der Landtagswahl 1954

ACSP; ACSP, Fl 1954_6

Landtagswahl 1954 und Bildung der Viererkoalition

Aus den Landtagswahlen am 28. November 1954 ging die CSU mit 38,4% als Wahlsieger hervor. Der Stimmenzuwachs erhöhte auch die Zahl der Sitze im Landtag von 64 auf 83. Für die CSU boten sich zwei Möglichkeiten für die Regierungsbildung: Denkbar war eine bürgerliche Koalition mit der Bayernpartei (BP) und dem Bündnis aus Gesamtdeutschen Block (GB) und Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE). Die CSU-Fraktionsvorsitzenden, Prälat Georg Meixner und Alois Hundhammer, wären zu einer Fortführung der bisherigen großen Koalition mit der SPD bereit gewesen, bestanden aber auf dem Führungsanspruch der CSU. Am 10. Dezember 1954 wurde überraschend ein Koalitionsvertrag unterschrieben, allerdings ohne Beteiligung der CSU. Auf Initiative des SPD-Fraktions- und Landesvorstandes Waldemar von Knoeringen schlossen sich die so heterogenen Parteien SPD, FDP, Bayernpartei und Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten zur sog. Viererkoalition zusammen. Ministerpräsident wurde Wilhelm Hoegner.

Hans Ehard, Wilhelm Hoegner und Alois Hundhammer (Foto: Harald Hoegner)

Hans Ehard, Wilhelm Hoegner und Alois Hundhammer (Foto: Harald Hoegner)

aus Bernhard Taubernberger, "Licht übers Land" Die bayerische Viererkoalition 1954-1957, München 2002.

Entkonfessionalisierung und Modernisierung?

Die CSU übte heftige Kritik an der gegen alle Erwartungen zustande gekommenen Koalitionsregierung, die sich in erster Linie aus Gegnerschaft gegen die CSU zusammengefunden hatte. Die neue Regierung schrieb sich die Entkonfessionalisierung und Modernisierung von Staat und Gesellschaft in Bayern auf die Fahnen. Unter der Viererkoalition kehrte am 1. September 1955 der Kreis Lindau an Bayern zurück, die Pfalz hingegen wurde endgültig dem neuen Bundesland Rheinland-Pfalz zugesprochen. Erfolgreich agierte die neue Regierung auf dem bildungspolitischen Sektor mit der Gründung der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, mit Initiativen zur Bildung des Wissenschaftsrates und bei der Förderung des Freistaates Bayern als Wissenschaftsstandort. Keine Einigung konnte in der Frage einer Schulreform in Bayern erlangt werden. Die Lehrerausbildung sollte auf ein akademisches Niveau gehoben und konfessionsfrei werden. Die Weigerung der katholischen Kirche zur Zustimmung verschob das Problem auf die Nachfolgeregierung, dann wieder unter der CSU.

Karikatur über die Viererkoaltion von Herbert Kolfhaus 1954

Karikatur über die Viererkoaltion von Herbert Kolfhaus 1954

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Das Ende der Viererkoalition

Das Ende der Viererkoalition leitete die Bundestagswahl 1957 ein. Auf Bundesebene konnten CDU und CSU mit einem Ergebnis von 50,2% die absolute Mehrheit erringen. In Bayern gelang es der CSU sogar, 57,2% der Stimmen für sich zu verbuchen, was schließlich zum Auseinanderbrechen der Viererkoalition führte. Am 27. September 1957 schlossen CSU, BP und GB/BHE einen Vorvertrag über eine künftige Koalition. Das Bündnis aus GB/BHE stieg am 8. Oktober 1957 aus der Viererkoalition aus, kurz darauf folgte die Bayernpartei. Die Landtagsmehrheit ging folglich verloren, Ministerpräsident Wilhelm Hoegner trat am gleichen Abend zurück.