Print logo

Ein Kommentar von Prof. Dr. Diane Robers
ESG Regulierung – mehr Pragmatismus oder genug ist genug?!

Autor: Prof. Dr. Diane Robers

Seit 20 Jahren gibt es in Europa einen ESG-Regulierungsprozess. Die Abkürzung „ESG“ steht für Environmental, Social und Governance, drei Grundpfeiler unternehmerischer Nachhaltigkeit. Die Unternehmen sollen sich sozial und ökologisch verantwortlich verhalten und über ausreichende Aufsichts- und Kontrollstrukturen verfügen. Doch wie weit geht diese Regulierung und wie wirkt sie sich auf die unternehmerische Leistung aus? Ein Kommentar von Prof. Dr. Diane Robers, Leiterin der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der HSS.

Was ist der ursprüngliche Zweck staatlicher Regulierung? Unter „Regulierung“ werden direkte Eingriffe staatlicher Institutionen in Marktabläufe sowie die Beeinflussung des Verhaltens von Unternehmen durch Vorschriften zur Erreichung bestimmter, im allgemeinen Interesse stehender Ziele verstanden. Dies ist im Ursprung wohlgemeint, Unternehmer sehen sich heute aber einer überbordenden Regulierungsflut gegenüber, die bis zu 70 Prozent ihrer Arbeitszeit in Anspruch nimmt, was so nicht intendiert sein kann. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass die Wirtschaftsleistung eines Landes sowohl von der Regulierungsdichte als auch von der gegebenen Verwaltungsqualität abhängen (vgl. bspw. Kritikos 2023). Insbesondere die aktuelle Diskussion um die Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESG Regulierung) zeigt, dass es nun darum gehen muss, das Richtige zu tun, aber gleichzeitig Bürokratie stimulierende übermäßige Regelungen und neue Gesetzgebungen aktiv auf ihre negativen oder positiven Auswirkungen auf die Praxis zu hinterfragen (vgl. bspw. GDV 2023, BDI 2023).

Prof. Dr. Diane Robers ist die Leiterin der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der HSS.

Prof. Dr. Diane Robers ist die Leiterin der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der HSS.

Nachhaltigkeit durch Regulierung?

Die Abkürzung „ESG“ leitet sich aus dem Englischen (Environmental, Social und Governance) ab und bildet das Dreieck der unternehmerischen Nachhaltigkeit ab. Unternehmen sollen sozial und ökologisch agieren sowie ausreichende Aufsichts- und Kontrollstrukturen besitzen. Der ESG-Regulierungsprozess in Europa kann mittlerweile auf eine über 20-jährige Historie zurückblicken, die sich über Corporate Social Responsibility, die Non-Financial Reporting Directive, die Sustainable Finance Disclosure Regulation, die Taxonomy Regulation und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erstreckt. Die Berichtspflichten der CSRD betreffen Großunternehmen und börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die über Nachhaltigkeitsaspekte wie Standards zu Klimaschutz oder Biodiversität, Menschenrechte und Arbeitsbedingungen, Unternehmensethik und Geschäftspraktiken in detaillierter Form auskunftspflichtig sind. Es kommt damit zu einer erheblichen Erweiterung des Umfangs der Berichtsbestandteile: Inhaltlich sollen sowohl Wirkungen des Umfelds auf das Unternehmen, als auch Auswirkungen des Unternehmens auf sein Umfeld abgedeckt werden (Outside-In und Inside-Out Perspektive). Bei konkreten Verstößen drohen Sanktionen, auch in Form von Ordnungsgeldern. Die größten Schwierigkeiten sehen die Unternehmen derzeit bei der ESRS-Implementierung (Europäische Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards) hins. Anforderungen, Datenqualität/Prüfbarkeit, Datenverfügbarkeit, personeller Ressourcen oder der zeitlichen Herausforderung (Müller 2023). Die Intention für mehr Nachhaltigkeit in Europa ist löblich, aber die Wahl der Mittel erfordert eine dringende Rückbesinnung auf die Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft und damit, was staatliche bzw. Unternehmensaufgabe ist.

Unternehmerische Geschäftsmodelle haben zum Ziel einen Marktbedarf zu erfüllen und treten in Konkurrenz mit globalen Wettbewerbern. Idealerweise suchen sich Unternehmen zu deren Verwirklichung günstige, externe Rahmenbedingungen (z.B. Steuern, Energiekosten, Lohnkosten, politische Stabilität, Planungssicherheit, Verwaltungskosten o.ä.), die sie an verschiedenen internationalen Standorten finden können. Der europäische Umsetzungserfolg von Regulierung gelingt dann gemeinsam mit den Unternehmen, wenn Augenmaß, Regulierung und pragmatischer Machbarkeit ganzheitlich vom Anfang zum Ende mitgedacht werden: So sollte sich die Berichterstattung doch auf nur diejenigen Inhalte fokussieren, die nachweislich zu mehr Nachhaltigkeit führen.

Quellen:

BDI (2023): Die Industrie macht Umweltschutz nachhaltig, [online] https://bdi.eu/spezial/wir-machen/nachhaltigkeit/

GDV (2023): Zu viel Regulierung schadet Kunden und Versicherern, [online] GDV: Zu viel Regulierung schadet Kunden und Versicherern

Kritikos, A. S. et al. (2023): Verwaltungsqualität entscheidet mehr als Regulierungsdichte über Wachstumspotenziale von Unternehmen, [online] https://www.diw.de/de/diw_01.c.882931.de/publikationen/wochenberichte/2023_42_1/verwaltungsqualitaet_entscheidet_mehr_als_regulierungsdichte_ueber_wachstumspotenziale_von_unternehmen.html

Müller, S. (2023): DRSC-Kurzumfrage zur Implementierung der ESRS unter den DAX 40-Unternehmen, [online] DRSC-Kurzumfrage zur Implementierung der ESRS | Finance | Haufe

Kontakt

: Prof. Dr. Diane Robers
Leiterin
Akademie für Politik und Zeitgeschehen
Prof. Dr. Diane Robers
Telefon: 
Fax: 
E-Mail: