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Von Quoten bis Karrieren
Junge Frauen in Führungspositionen

Autor: Dr. Thomas Leeb

Wie beeinflussen traditionelle Geschlechterrollen und Stereotypen die Entscheidungen und Möglichkeiten junger Frauen, Führungspositionen zu übernehmen? Sind Frauenquoten notwendig und sind diese ausreichend?

Quoten in Bezug auf gleiche Repräsentanz in Führungspositionen sind nur ein erster Schritt.

Quoten in Bezug auf gleiche Repräsentanz in Führungspositionen sind nur ein erster Schritt.

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Strukturelle Probleme in Angriff nehmen

Am Internationalen Frauentag demonstrieren Frauen jährlich weltweit für Rechte und Gleichstellung und gegen Diskriminierung und Unterdrückung. Dies ist notwendig, da auch in der Europäischen Union weiterhin eine beträchtliche Diskrepanz in Bezug auf Entlohnung und Aufstiegschancen zwischen Frauen und Männern besteht. Statistiken zeigen, dass Frauen im Durchschnitt 24 % weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen auf Managerebene, während sie nur ein Drittel der Führungspositionen besetzen. Diese Ungleichheit spiegelt sich nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik wider, wo Frauen nach wie vor unterrepräsentiert sind.

Weiterhin werden 70 % der unbezahlten Arbeit von Frauen verrichtet. Dazu gehören Hausarbeit, Kinderbetreuung und Pflege älterer Menschen. Dies schafft insbesondere Probleme bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und ist eine der Hauptursachen für die ungleiche Verteilung von Männern und Frauen in Führungspositionen. Bei einer Neuverteilung beruflicher und häuslicher Verantwortlichkeiten sollten sich Männer genau wie Frauen für Hausarbeit und Familienerziehung verantwortlich fühlen. Neue Konzepte für eine ausgewogene Work-Life-Balance könnten dazu beitragen, dass die Vereinbarkeit von Karriere oder Familie erleichtert wird. Für die Expertin Sana Afouaiz hat die Gesellschaft Frauen im Stich gelassen. Der Wert einer Frau wurde seit jeher zum großen Teil an ihren Fähigkeiten als Hausfrau und Mutter gemessen, während für die individuellen Bedürfnisse und Wünsche von Frauen lange Zeit kein Raum vorgesehen war. Diese "Genderblindheit" habe verheerende Auswirkungen, nicht nur auf gesellschaftlicher Ebene, sondern auch in anderen Bereichen, wie beispielsweise der Medizin, die ihre Forschung vornehmlich auf Männer fokussiert habe; teilweise mit fatalen Folgen für Frauen.

Auch sind Frauen, die Stärke zeigen und im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen, häufiger Opfer von genderbasiertem Hass und Hetze auf Social Media, was beispielsweise bei Politikerinnen schon zur Aufgabe von Ämtern geführt hat.

Gleichberechtigung und Chancengleichheit erfordern einen strukturellen Wandel. Quoten in Bezug auf gleiche Repräsentanz in Führungspositionen sind nur ein erster Schritt. Dieser Meinung ist auch die Europapolitikerin Martine Kemp, für die mehr passieren muss, um ein gesellschaftliches Umdenken bezüglich der Rollen von Frauen und Männern zu erreichen.

Zukunftsaussichten und Lösungsansätze

Es ist unbestreitbar, dass Unternehmen und Organisationen das Potenzial von Frauen als Fach- und Führungskräfte zunehmend erkennen müssen. Junge Frauen als Mehrheit der Hochschulabsolventen stellen einen bedeutenden Teil des künftigen Fach- und Führungspersonals dar. In Deutschland wird nur jedes sechste mittelständische Unternehmen von einer Frau geführt. Unternehmen tragen hier die Verantwortung, aktiv Budgets für die Förderung von Frauen bereitzustellen und verstärkt in ihre Weiterbildung zu investieren, beispielsweise durch Mentorenprogramme und Anreize wie flexible Arbeitszeiten, mehr Möglichkeit zum Home-Office, oder ein zuvorkommender Umgang mit Mitarbeitern mit kleinen Kindern.  

Neben der wichtigen Rolle von sowohl männlichen als auch weiblichen Mentoren, betont Expertin Afouaiz die Notwendigkeit von exklusiven Frauennetzwerken, in denen sich Frauen in sogenannten "Safe Spaces" im gegenseitigen Vertrauen austauschen können. Eine Stärkung des Selbstbewusstseins sei oftmals notwendig und gelingt vor allem durch die Unterstützung von starken und inspirierenden Frauen in Führungspositionen, die sich in solchen Frauenzirkeln als Gesprächspartnerinnen zur Verfügung stellen.

Auch Frauen müssten lernen, selbstbewusster aufzutreten und sich Führungspositionen zuzutrauen, so der Tenor der Expertinnen und weiblichen Führungskräfte. Limitierende Selbstbilder und mangelndes Selbstbewusstsein seien oft die größten Hindernisse für die Entwicklung von Frauen. Dazu gehöre auch die Fähigkeit, Nein zu sagen und Grenzen zu setzen. Für die junge Start-Up Unternehmerin Amelie Binder ist es weiterhin essenziell, Männer einzubeziehen, indem sie lernen, Frauen zuzuhören und aktive Unterstützung zu zeigen, beispielsweise durch ihre Teilnahme an Veranstaltungen zu Frauenthemen. Zudem sollten Männer bereit sein, über ihre Privilegien nachzudenken und Frauen insbesondere zu Hause zu entlasten und den Rücken zu stärken.

Am 18. März 2024 fand eine Diskussionsveranstaltung zum Thema: „Junge Frauen in Führungspositionen“ statt, die vom Europa-Büro der Hanns-Seidel-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Bayerischen EliteAkademie (BEA) und der Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union organisiert wurde. Diskutiert wurde "Von Quoten bis Karrieren“ mit Martine Kemp, luxemburgische Abgeordnete der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Sana Afouaiz, CEO der Womenpreneur Initiative, und Amelie Binder, CEO des Start-ups Cargokite, unter Moderation von Katrin Pribyl.

Sana Afouaiz, CEO der Womenpreneur Initiative, Amelie Binder, CEO des Start-ups Cargokite und Martine Kemp, luxemburgische Abgeordnete der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament im Interview.

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Leiter: Dr. Thomas Leeb
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