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HSS-Analyse: Terror und Aufstände in Mosambik
Stabilität der Region steht auf dem Spiel

Die nördlichste Provinz Mosambiks kann zu einer Sicherheitsbedrohung für die gesamte Region des südlichen Afrikas werden. Was ist nötig, um Cabo Delgado zu stabilisieren?

Die Aufstände in der nördlichsten Provinz Mosambiks bedrohen auch Infrastruktur-, Bergbau-, Bohr- und andere Großprojekte in der Region.

Rainer Lesniewski; ©HSS; IStock

  • Worum geht es in dem Konflikt?

Seit über drei Jahren führt eine Miliz namens al-Shabab (die Jugend) brutale Angriffe auf staatliche Institutionen und wichtige Handelszentren in der nördlichen Provinz Cabo Delgado in Mosambik durch. Sie wird von den Vereinigten Staaten seit März als internationale Terrororganisation gelistet und von ISIS auch als Ahlu Sunna wa Jama (ASWJ) oder einfach ISIS-Mosambik bezeichnet. Al-Shabab hat ganze Landesteile in der Provinz unter ihre Kontrolle gebracht. Die Ursachen für den Konflikt sind vielschichtig und liegen nicht nur in einem religiös-militant geführten Aufstand, sondern auch in schlechter Regierungsführung und Unterentwicklung. Der regionale Staatenverbund, die Southern African Development Community (SADC), stimmte bei einem Gipfel der Regierungschefs am 23. Juni in Maputo, der Hauptstadt Mosambiks, dem Einsatz einer militärischen Eingreifgruppe (standby force) zu.

  • Welche Risiken birgt der Konflikt?

Ohne eine umfassende, und vor allem auf eine Entwicklung der Provinz ausgerichtete Krisenreaktion, getragen durch die Zentralregierung von Präsident Filipe Nyusi, besteht die Gefahr, dass internationale terroristische Netzwerke wie ISIS auf fruchtbaren Boden für Rekrutierung bei der lokalen Bevölkerung stoßen und ihr Operationsgebiet weiter von Mosambik in Richtung Tansania, Simbabwe und Südafrika ausweiten. ISIS hätte damit neben der SAHEL-Zone ein Standbein im südlichen Afrika aufgebaut. Die Aufstände bedrohen auch ausländische Direktinvestitionen in Infrastruktur-, Bergbau-, Bohr- und andere Großprojekte in der Region und könnten dem Investitionsstandort Afrika enorm schaden. Migrationsbewegungen in die Nachbarländer könnten weiter zunehmen.

  • Wie sind die Menschen vor Ort betroffen?

Über 3000 Menschen sind bei den brutalen Angriffen bisher getötet worden. 700.000 Menschen sind auf der Flucht. Die Regierung scheint nicht in der Lage den Binnenflüchtlingen den nötigen Schutz zu garantieren und diese in ihre Heimatdörfer und -städte zurückzuführen. Die Menschen sind traumatisiert. Die Angriffe der Milizen verlaufen oft unglaublich brutal. Enthauptungen, Abhacken von Gliedmaßen, Entführung und Rekrutierung von Kindern sind durch „Save the Children“ und Amnesty International dokumentiert. Gleichzeitig sprechen Analysten auch von Menschenrechtsverletzungen, in die die Armee und die Strafverfolgungsbehörden involviert sein sollen. Die Regensaison, COVID-19, der Ausbruch von Cholera und Nahrungsmittelengpässe verschlimmern die Situation. Über 1,3 Millionen Menschen sind dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. 

  • Was muss getan werden, um Cabo Delgado zu stabilisieren?

In der folgenden Analyse formulieren wir konkrete Handlungsempfehlungen. Eine militärische Reaktion und Ausbildung der schwachen Armee Mosambiks scheint dringend erforderlich. Regionale oder internationale Truppen werden die Notwendigkeit für gut ausgebildete und rechenschaftspflichtige mosambikanische Polizisten und Soldaten jedoch nicht ersetzen können. Es bedarf eines bürgernahen und zielgerichteten militärischen Engagements, gegründet auf professionelle nachrichtendienstliche Aufklärungsarbeit. Nur durch ein rechtsstaatliches Vorgehen gegen die Täter, die für Angriffe auf die Zivilbevölkerung Verantwortung tragen, wird Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen und der Nährboden für Rekrutierung entzogen werden können. Eine militärische Reaktion allein ist jedoch nicht ausreichend. Ein entwicklungspolitischer Ansatz, der von der mosambikanischen Regierung umfänglich mitgetragen wird und der auch auf die Verbesserung der Regierungsstrukturen und Lebensgrundlagen in Cabo Delgado abzielt, ist Grundvoraussetzung für langfristigen Frieden.

Die Analyse im Detail

Eine Frau mit Maske unter dem Kinn blickt erschöpft und verstört drein und lehnt sich an jemandem an.

Über 700.000 Menschen sind derzeit auf der Flucht und gelten als Binnenvertriebene. Das menschliche Leid, das die Aufständischen auslösen, ist enorm. Die Regensaison, COVID-19 und der Ausbruch von Cholera in einigen Gebieten verschlimmern die Lage weiter. Gleichzeitig besteht aber auch das Risiko, dass die Verzweiflung der Menschen von al-Shabab für Rekrutierungszwecke ausgenutzt werden kann, vor allem in den Flüchtlingslagern. Die Aufständischen gehen oft brutal gegen die Zivilbevölkerung vor. In einigen Zeitungen wird sogar von Kindersoldaten gesprochen.

©Institute for Security Studies (ISS)

  • Größtes Investment auf dem afrikanischen Kontinent bedroht
  • Nationale und internationale Suche nach einer Lösung: SADC einigt sich auf Entsendung einer Eingreiftruppe – EU bereitet militärische Ausbildungsmission vor
  • Vertrauen in die Sicherheitskräfte - Voraussetzung für militärischen Erfolg
  • Militärische Unterstützung dringend nötig – aber bei weitem nicht ausreichend
  • Komplexe Ausgangslage – Unterentwicklung, Organisierte Kriminalität, Frustration, Islamismus und Terrorismus
  • al-Shabab – von frustrierten Jugendgangs zur bewaffneten, islamistischen Gruppierung
  • Organisierte Kriminalität als wichtiger Wirtschaftsfaktor - Schmuggel mit Drogen, Diamanten und Wildlife
  • Was wäre nötig, um Cabo Delgado zu stabilisieren?

Die Aufstände in der Provinz Cabo Delgado im Norden Mosambiks haben das Potential, die Region des südlichen Afrikas zu destabilisieren. Sie wurden geschürt durch jahrzehntelange Vernachlässigung durch die Zentralregierung in Maputo, durch Organisierte Kriminalität und islamistische Netzwerke. Ohne eine umfassende Krisenreaktion, die vor allem auf die Entwicklung der Provinz abzielt und von der Zentralregierung von Präsident Filipe Nyusi unterstützt wird, besteht die Gefahr, dass internationale terroristische Netzwerke wie ISIS fruchtbaren Boden für Rekrutierung vorfinden und ihr Operationsgebiet weiter von Mosambik in Richtung Tansania, Simbabwe und Südafrika ausweiten.

Bisher hat der Konflikt nicht die vergleichbare geostrategische Bedrohung wie in der Sahelzone erreicht, doch bereits heute kommt es täglich zu Anschlägen. Die Miliz und Terrororganisation al-Shabab (übersetzt „die Jugend“, nicht zu verwechseln mit der AL-Shabaab, die Dschihadisten-Gruppierung in Somalia) hat einige Distrikte unter ihre Kontrolle gebracht und mit bisher über 500 Angriffen die gesamte Provinz destabilisiert. Über 3000 Menschen sind bei den brutalen Angriffen bisher getötet worden. 700.000 Menschen sind auf der Flucht. Das menschliche Leid wird durch die Regen-Saison, COVID-19 und den Ausbruch von Cholera und anderer Krankheiten weiter verstärkt. Viele Menschen sind traumatisiert und fühlen sich von der Regierung allein gelassen.

Größtes Investment auf dem afrikanischen Kontinent bedroht

Die Aufstände bedrohen auch ausländische Direktinvestitionen in Infrastruktur-, Bergbau-, Bohr- und andere Großprojekte in der Region und könnten dem Investitionsstandort Afrika langfristig enorm schaden. Das von der französischen Firma TOTAL umgesetzte Gasprojekt in der Küstenregion der Provinz Cabo Delgado mit einem Volumen von über 15 Milliarden US-Dollar gilt als die größte Investition auf dem afrikanischen Kontinent. TOTAL war gezwungen im Zuge der Angriffe auf die Hafenstadt Palma im März das Großprojekt zur Gewinnung von Flüssiggas vorerst stillzulegen und die Mitarbeiter zu evakuieren. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu 60.000 Arbeitsplätze von dem Großprojekt abhängen. Portugals Galp Energia, ein Partner im zweiten großen Gas-Konsortium von ExxonMobil hat ebenfalls angekündigt alle geplanten Investitionen zurückzuhalten, bis sich die Sicherheitslage verbessert hat. Die Sorge vor einem Flächenbrand im südlichen Afrika hat dazu geführt, dass die Situation in Cabo Delgado nicht nur bei der Afrikanischen Union und der Southern African Development Community (SADC) auf der Prioritätenliste ganz nach oben gerutscht ist, sondern auch in den Nachbarländern wie Südafrika und Tansania verstärkt Beachtung findet. Auch in Washington, Brüssel, Paris und Berlin werden Lösungsansätze diskutiert.

Bisher sind über 3000 Menschen, darunter ca. 1500 Zivilisten, bei den Anschlägen und Attentaten ums Leben gekommen. Ohne eine umfassende und vor allem auf eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung der Provinz Cabo Delgado ausgerichtete Krisenreaktion, besteht die Gefahr, dass der Konflikt zur Destabilisierung des südlichen Afrikas beitragen könnte. Bei der Krisenreaktion sollte auch auf Erfahrungen von Best-Practice Beispielen bei ähnlichen Krisenherden, wie in der SAHEL-Zone und dem Tschadseebecken mit Boko Haram, zurückgegriffen werden. Während eine militärische Reaktion von gut ausgebildeten Spezialeinheiten und Strafverfolgungsbehörden dringend nötig ist, wird Frieden nur dann eintreten können, wenn sich in Cabo Delgado die Regierungsführung verbessert und alternative Einkommensquellen geschaffen werden können.

©Institute for Security Studies (ISS)

Nationale und internationale Suche nach einer Lösung: SADC einigt sich auf Entsendung einer Eingreiftruppe – EU bereitet militärische Ausbildungsmission vor

Trotz einiger Erfolge in den vergangenen Wochen scheinen die oftmals schlecht ausgebildeten und überforderten mosambikanischen Sicherheitskräfte  bisher nicht in der Lage zu sein, die Aufständischen nachhaltig zurückzudrängen. Ohne Unterstützung privater Sicherheitsfirmen wäre die Situation vermutlich noch schlimmer. Die südafrikanische Sicherheitsfirma Paramount Group unterstützt derzeit bei der Ausbildung. In der Vergangenheit waren die Dyck Advisory Group und die russische Wagner-Gruppe auch im aktiven Gefechtsgeschehen involviert. Grundsätzlich mangelt es an Ausstattung und militärischem Gerät, wie ein Expertenteam der Southern African Development Community (SADC) im Zuge einer fact-finding-mission beschreibt, und vor allem an gut ausgebildetem Personal. Spezialeinheiten der USA trainieren bereits mosambikanische Einheiten vor Ort.

Südafrika drängte in den vergangenen Monaten auf einen militärischen Einsatz unter einem SADC-Mandat und befürwortete von Anfang an die Ergebnisse der o.g. fact finding mission, die u.a. den Einsatz einer Eingreiftruppe, logistische Unterstützung und die Bereitstellung militärischen Equipments einschließen. Bei einem im März durchgeführten SADC-Gipfel diskutierten die sechzehn Staats- und Regierungschefs auf Grundlage der Ergebnisse der Feldstudie den Einsatz einer bis zu 3000 Mann starken Eingreiftruppe. Doch erst am 23. Juni konnten sich die Staatenlenker bei einem Zusammentreffen in Maputo auf einen Beschluss einigen. Im Abschlussdokument wird von der Bereitstellung einer „SADC Standby Force Mission“ gesprochen. Damit signalisiert der Staatenverbund, der von vielen Beobachtern in der Vergangenheit oft als schwach bewertet wurde, Einigkeit.

Lange ließ Präsident Nyusi eine klare Haltung für einen SADC-Einsatz vermissen und bevorzugte bilaterale Kooperationen und private Sicherheitsfirmen zur Unterstützung der nationalen Armee. So hat er in den vergangen Wochen den bilateralen Gesprächsfaden mit seinem Amtskollegen Präsident Paul Kagame in Rwanda und dem Autokraten Emmerson  Mnangagwa in Simbabwe aufgenommen und um militärische Unterstützung gebeten. Präsident Mnangagwa benutzt das simbabwische Militär, um die Opposition im eigenen Land brutal zu unterdrücken. Inwieweit diese bilaterale Zusammenarbeit nun auch parallel zu der regionalen SADC-Entscheidung weiterverfolgt wird, werden die nächsten Tage zeigen. Gerüchte kursieren, dass simbabwische und ruandische Spezialeinheiten bereits im aktiven Gefechtsgeschehen involviert sein sollen.

Mit diesem Vorgehen signalisierte Präsident Nyusi , dass Mosambik seine militärischen Partner selbst bestimmt und nicht umfänglich von Südafrika, SADC, oder der internationalen Staatengemeinschaft abhängen möchte. Auch aus historischen Gründen haben Mosambikaner große Sorge ihre Souveränität durch internationale Truppen zu verlieren. Einige Analysten begründen die bisherige Zurückhaltung der Regierung in Maputo gegenüber einer regional geführten Mission auch damit, dass dadurch die Zugriffsmöglichkeiten auf zukünftige Entwicklungsgelder möglicherweise nicht mehr direkt in der Hand der mosambikanischen Regierung und Regierungspartei Frelimo liegen, sondern eher regionalen Organisationen anvertraut werden könnten, die u.a. auch als weniger korrupt gelten. Aufgrund der oftmals unterschiedlichen Interessenlagen innerhalb der Regierungspartei und Regierung könnte dies für eine zielgerichtete Bekämpfung der Aufständischen einen Vorteil bringen. Nyusi sieht vermutlich das Risiko, die Federführung bei der operationellen Ausgestaltung der SADC-Mission zu verlieren und damit auch innerhalb seiner eignen Partei und der Bevölkerung als Schwach angesehen zu werden. So hat der Präsident direkt nach dem SADC-Gipfel verlauten lassen, dass „die beschlossenen Unterstützungsmaßnahmen von SADC einen wichtigen Beitrag zu den nationalen Bemühungen der Sicherheitskräfte um nationale Souveränität und territoriale Integrität leisten werden“. Regierungsfreundliche Medienhäuser in Mosambik sprechen bereits von einer nötigen Verlängerung der Amtszeit von Präsident Nyusi aufgrund des Kriegszustandes, in dem sich das Land derzeit befinden würde. Im Zuge des Friedensprozesses mit der Opposition, der Resistencia Nacional Mocambicana (Renamo), und laut Verfassung kann Nyusi allerdings nach zwei Amtszeiten bei den Wahlen 2024 nicht mehr antreten.

Über die konkrete Ausgestaltung der geplanten SADC-Eingreiftruppe, deren Führung, die möglichen Truppenkontingente und vor allem die Finanzierung gibt es bisher jedoch noch keine Klarheit. Der Staatenverbund und das nachgeordnete SADC-Sekretariat, dem es in der Vergangenheit oft an Implementierungskapazitäten und Ressourcen gemangelt hat, wird vermutlich zur Finanzierung der Mission auf internationale Partner zurückgreifen müssen.  

Auch die Europäische Union arbeitet derzeit an der Entsendung einer Europäischen Trainingsmission (EUTM, European Training Mission), dem Beispiel in der Sahelzone folgend. Einen Kampfeinsatz wird es hingegen nicht geben. Es soll ausschließlich um die Aus- und Fortbildung der mosambikanischen Armee gehen. Die europäischen Militärausbilder werden nicht in der Krisenprovinz stationiert sein, sondern im Süden des Landes. Vermutlich wird erstmals auch die Europäische Friedensfazilität zum Einsatz kommen, die es der Europäischen Union ermöglicht, Partnerländer mit militärischem Gerät auszustatten. Inwieweit eine Abstimmung zwischen der EUTM und SADC-Mission erzielt werden kann und ob die Europäische Union diese finanziell unterstützen wird, werden die nächsten Wochen zeigen. Deutschland hat bereits signalisiert, keine Bundeswehrsoldaten im Rahmen der EUTM abzuordnen und sich verstärkt auf einen humanitären und entwicklungspolitischen Ansatz konzentrieren zu wollen.

Es zeichnet sich damit bereits ab, dass eine Vielzahl von Akteuren am Ende multilateral und bilateral zur Aus- und Fortbildung der mosambikanischen Armee und den Strafverfolgungsbehörden beitragen werden. 

Ebenso wichtig scheint ein spezifischer, regionaler Ansatz, der das Einsickern von Dschihadisten, Geld und Waffen nach Cabo Delgado unterbindet ebenso wie Rückzugsmöglichkeiten der Aufständischen und Terroristen in die Nachbarländer. Hierzu könnten die SADC-Truppen einen wichtigen Beitrag leisten. Die Stärkung der Zusammenarbeit der Grenzschutzbehörden und Nachrichtendienste ist dabei ebenfalls von besonderer Bedeutung. Die USA haben in den vergangenen Monaten ihr regionales Engagement diesbezüglich verstärkt und u.a. mit Malawi entsprechende Unterstützungsabkommen geschlossen.

Die Regierungschefs des Staatenverbundes des südlichen Afrikas (SADC) beschließen am 23.06 die Bereitstellung einer militärischen Eingreiftruppe (SADC Standby Force Mission) zur Unterstützung der mosambikanischen Regierung im Kampf gegen den Terrorismus und gewalttätigen Extremismus in Cabo Delgado. Damit signalisiert der Staatenverbund Einigkeit. Gleichzeitig ist die konkrete Ausgestaltung und Finanzierung der militärischen Reaktion bisher noch nicht klar.

Sadac Sekretariat; Twitter

Vertrauen in die Sicherheitskräfte - Voraussetzung für militärischen Erfolg

Ebenfalls abzuwarten bleibt, ob die Zentralregierung in Maputo, der regionale Staatenverbund SADC, die Afrikanische Union (AU) und die internationale Staatengemeinschaft aus den Erfahrungen in ähnlichen Konfliktzonen, wie in der Sahelzone und dem Tschadseebecken mit Boko Haram, die richtigen Schlüsse ziehen und ob Fehler bei der Krisenreaktion aus der Vergangenheit vermieden werden können. Regionale oder internationale Truppen werden die Notwendigkeit für gut ausgebildete und rechenschaftspflichtige mosambikanische Polizisten und Soldaten nicht ersetzen können. Der Missbrauch von Gewalt durch die Sicherheitskräfte war in Ost- und Westafrika sowie in der Sahelzone ein Hauptgrund für die Rekrutierung von Terroristen und sollte in Mosambik unbedingt vermieden werden. Hierfür träg an erster Stelle die mosambikanische Regierung Verantwortung. Der Erfolg von Ausbildungsmissionen, wie der geplanten EUTM, wird auch davon abhängen, ob das Bewusstsein und die Implementierungskapazitäten für einen rechtsstaatlich durchgeführten Militäreinsatz geschaffen werden können. Die Interessenlagen innerhalb des Militärs und die bestehenden Friktionen zwischen Polizei und Militär verkomplizieren die Ausganglage noch weiter. Inwieweit eine einheitliche Strategie und Philosophie bei der Bekämpfung der Aufständischen formuliert und implementiert werden kann, die sich auch in einer Trainingsmission niederschlagen sollte, scheint umso schwieriger, je mehr unterschiedliche Akteure auf das Militär einwirken.

Während anfangs die Polizei die Federführung bei der Bekämpfung der Aufständischen hatte, hat in der Zwischenzeit das Militär die Führung übernommen. Dies verstärkte bereits bestehende Friktionen zwischen Militär und Polizei. Bisher gelingt es nur begrenzt einst geräumte Gebiete dauerhaft zu halten bzw. die Aufständischen von ihren Überfällen und Raubzügen abzuhalten. Die Aufständischen gehen nach Aussagen von Militärexperten strategisch vor. Es scheint ebenfalls bewiesen, dass Menschenrechtsverletzungen auf beiden Seiten stattfinden.

Das Vertrauen der Zivilbevölkerung in das Militär, die Strafverfolgungsbehörden und die Staatlichkeit insgesamt wird eine zentrale Voraussetzung darstellen, um zu einer nachhaltigen Konfliktlösung beizutragen. Nur durch einen Vertrauensgewinn bei der Bevölkerung können geräumte Gebiete auf Dauer gehalten und Rekrutierungsmöglichkeiten unterbunden werden. Doch genau hieran mangelt es in Mosambik. Militär und Polizei gelten als korrupt und schlecht ausgebildet. Das Vertrauen der Menschen in die Sicherheitsbehörden ist gering. Menschenrechtsverletzungen der Sicherheitsbehörden in Cabo Delgado werden bei der Konfliktlösung nachhaltig schaden. Im Rahmen der Stärkung des Sicherheitssektors sollte gleichzeitig auch ein Fokus auf die Aus- und Fortbildung der Polizei und Staatsanwaltschaft gelegt werden, um zu einer professionellen Ermittlungsarbeit gegen die Täter beizutragen und der Bevölkerung zu signalisieren, dass der Staat handlungsfähig ist und zu ihrem Schutz und Sicherheit beiträgt.

Militärische Unterstützung dringend nötig – aber bei weitem nicht ausreichend

Während eine militärische Reaktion und die Fokussierung auf die regionalen Strafverfolgungsbehörden, wie Polizei und Justiz, zur Eindämmung des Konflikts unmittelbar nötig wären, wird der Konflikt nur nachhaltig beigelegt werden können, wenn die Lebensumstände und Möglichkeiten zur Entwicklung der Menschen in Cabo Delgado greifbar verbessert werden. Die Alphabetisierungsrate in der Provinz beträgt gerade einmal 33%, gegenüber 60,7% im Rest des Landes. Trotz der Ressourcenvielfalt zählt Cabo Delgado zu den ärmsten Provinzen. Etwa 54% der Menschen in Cabo Delgado sind muslimischen Glaubens, während der Rest des Landes mehrheitlich christlich geprägt ist (ca. 60% Christen). Konflikte verlaufen auch entlang ethnischer Zugehörigkeiten. Es braucht damit weit mehr als militärisches Engagement, um den Konflikt zu befrieden.

Komplexe Ausgangslage – Unterentwicklung, Organisierte Kriminalität, Frustration, Islamismus und Terrorismus

Denn die Ursachen für den Konflikt sind nicht nur mit einem islamistischen Terroristennetzwerk zu erklären. Zwar übernimmt ISIS öffentlichkeitswirksam Verantwortung für die Angriffe und suggeriert, dass al-Shabab für die Attentate und Angriffe Unterstützung durch den Islamischen Staat erhalte. Sicherlich sind auch aus den Nachbarländern, vor allem aus dem Grenzgebiet zu Tansania, in den vergangenen Jahren internationale Kämpfer und Anhänger von ISIS nach Cabo Delgado eingesickert, ebenso wie Waffen und Geld. Die USA haben daraufhin al-Shabab als Terrororganisation gelistet. Auch die Zentralregierung in Maputo erkennt in der Zwischenzeit an, dass es sich nicht mehr nur um einen rein lokalen Konflikt handelt. Es besteht jedoch bei dieser Betrachtungsweise das Risiko, dass durch eine Fokussierung des Konflikts auf internationale Terrorgruppen die eigentlichen komplexen Ursachen des Aufstands in den Hintergrund treten und Lösungsstrategien dadurch verwässert werden.

al-Shabab – von frustrierten Jugendgangs zur bewaffneten, islamistischen Gruppierung

Der Einfluss salafistischer Strömungen nimmt seit Ender der 90er Jahre in Cabo Delgado zu, nachdem u.a. Studenten des Islamic Council of Mozambique (CISLAMO) von ihren Auslandssemestern in islamisch geprägten Ländern wie Algerien, Somalia, Sudan, Libyen und Saudi-Arabien zurückkehrten, schreibt die International Crisis Group (ICG) in einer kürzlich veröffentlichen Analyse. Es ist davon auszugehen, dass auch die Finanzierung für den Bau von Gebetshäusern, deren Anzahl seit den frühen 2000-Jahre zugenommen hat, über Netzwerke aus diesen Ländern erfolgte und dazu führte, dass der traditionell gelebte liberalere Sufismus in den Küstenorten unter Druck geraten ist. Gleichzeitig, so schreiben die ICG-Experten, knüpften junge Händler im Zuge ihrer illegalen Schmuggelgeschäfte Kontakte mit bestehenden islamistischen Netzwerken an der Ostküste Afrikas. Hinzu kamen ethnische Rivalitäten und vor allem eine Rebellion Jugendlicher aus den enthnischen Gruppen muslimischen Glaubens der Mwani und Makua, die sich politisch und wirtschaftlich gegenüber den von der Regierungspartei FRELIMO bevorzugten Makonde, die beispielsweise bei der Ausbeutung von Bodenschätzen, vor allem Diamanten wie in der größten Mine Montepuez ruby mininig,und Besetzung von Posten in der kommunalen Verwaltung bevorteilt wurden, ausgegrenzt fühlten.

Diese Enttäuschung und Frustration hat erst dazu geführt, dass sich Jugendgangs bildeten, die sich gegen die religiösen Sufi-Führer stellten und gegen den CISLAMO, den sie als verlängerten Arm der FRELIMO- Zentralregierung betrachteten. Diese Gangs versuchten in einem ersten Schritt islamistische Vorgaben wie das Tragen der Burka in Gemeinden durchzusetzen ebenso wie ein Arbeitsverbot für Frauen oder das Verbot von Alkohol.  

Aus diesem Mix aus sozio-ökonomischer Benachteiligung, ethnischen Ungleichheiten und islamistischem Gedankengut formte sich die al-Shabab (die Jugend). Somit ist eine der Hauptursache des Konflikts auch in der schwachen Regierungsführung und der Abwesenheit staatlicher Strukturen in Cabo Delgado durch die Regierungspartei zu suchen, die mosambikanische Befreiungsfront (FRELIMO). Islamisten aus u.a. Tansania haben sich mit den Aufständischen zusammengeschlossen und befeuern den Konflikt. Es ist wohl weiterhin recht unklar, wie viele ausländische Kämpfer sich al-Shabab bereits angeschlossen haben, jedoch bekleiden gerade ausländische und stark ideologisch geprägte Kämpfer zum Beispiel aus Tansania die Führungspositionen, während die Mehrheit der Anhänger sich weniger aus religiösen als vielmehr wirtschaftlichen Gründen, Zwang und Angst der Terrorgruppe angeschlossen haben. Es wird berichtet, dass die al-Shabab ihre Kämpfer finanziell versorgt und verwundeten Kämpfern extra Hilfeleistungen zur Verfügung stellt. Für eine Bekämpfungsstrategie birgt diese Konstellation ggf. einen Vorteil: Während die Regierung die Terrorgruppe möglicherweise nicht in einen Dialog zwingen kann, so könnte sie durch Anreize die breite Masse von der Organisation loslösen. Dafür müsste jedoch zuerst gezielter militärischer Druck aufgebaut werden, sodass auch die Sorge um die körperliche Unversehrtheit kombiniert mit materialistischen Anreizen eine Zerschlagung ermöglichen würde.

Die al-Shabab Kämpfer verwenden oft als Symbol die schwarze ISIS-Flagge. Die Gruppierung hat in den letzten zwölf Monaten starken Zulauf zu verzeichnen. Schätzungen gehen davon aus, dass sich zwischen 1500 und 4000 Personen angeschlossen haben sollen. Rekrutierungsmaßahmen laufen wohl auch nicht mehr nur in Cabo Delgado, sondern auch in den Nachbarprovinzen Niasa und Nampula ab. Mit Maschinenpistolen und Granatwerfern bewaffnet haben sie die gesamte Provinz in Cabo Delgado destabilisiert und einige Distrikte unter ihre Kontrolle gebracht. Dabei gehen sie mit einer Guerillataktik gegen strategische Ziele vor, wie Polizeistationen, Militärposten und wichtige Handelszentren, zum Beispiel die Hafenstädte Pemba und Mocimboa da Praia. Auf ihren Raubzügen plündern sie Geschäfte, überfallen Banken und zerstören öffentliche Einrichtungen, darunter bisher über 40 Schulen in der Provinz.  

Die zivile Bevölkerung ist Ziel brutaler Übergriffe. Es wird berichtet, dass vor allem Personen zur Zielscheibe werden, wenn der Verdacht besteht, dass sie der Regierung nahe stehen könnten oder wenn sie christliche Namen haben. Enthauptungen, das Abhacken von Gliedmaßen und Folter sind dokumentiert. Analysten sprechen ebenfalls von der Verschleppung, Rekrutierung von Kindern und Versklavung von Frauen.

Der bisherige Höhepunkt dieser Angriffe wurde im März mit dem Sturm von ca. 120 schwer bewaffneten Aufständischen auf die Hafenstadt Palma erreicht. Einer Spezialeinheit der mosambikanischen Polizei mit Unterstützung der südafrikanischen Dyck Advisory Group, einer privaten Sicherheitsfirma, die auch Luftunterstützung mit einem Helikopter lieferte, gelang es nicht, die Aufständischen zurückzudrängen. Expats, die für TOTAL arbeiteten, versuchten zu fliehen und wurden angegriffen. Die für die Zentralregierung wertvollen Gasfelder liegen in direkter Umgebung der Hafenstadt. TOTAL evakuierte daraufhin alle Mitarbeiter. Bei den Gefechten kamen dutzende Menschen ums Leben, mehr als 30.000 wurden vertrieben.

Der Angriff auf Pemba verdeutlichte, dass die al-Shabab zunehmend in der Lage ist, Angriffe mit über 100 Kämpfern zu organisieren. Offensichtlich gelang es der Gruppierung auch ihr Waffenlager durch Raubzüge und Überfälle auf Militärbasen und Polizeistationen auszubauen.

Organisierte Kriminalität als wichtiger Wirtschaftsfaktor - Schmuggel mit Drogen, Diamanten und Wildlife

Eine weitere zentrale Rolle bei dem Konflikt nimmt der Schmuggel mit Drogen (u.a. Heroin, Chrystal Meth, Kokain) und Diamanten ein und die damit verbundene organisierte Kriminalität (OK), die zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor in der Region und im ganzen Land geworden ist. Drogen in großen Mengen werden aus Afghanistan auf dem Seeweg die Ostküste Afrikas entlang transportiert, um sie nach Europa weiter zu schmuggeln. Eine Studie des Institut for Security Studies und der Global Initiative Against Organized Crime aus dem Jahr 2018, die auch die kriminellen Netzwerke im Norden Mosambiks analysierte, hat Zusammenhänge zwischen der organisierten Kriminalität und politischen Persönlichkeiten, der Regierungspartei und ihren kriminellen Kontakten aufgezeigt. Einige Analysten verweisen derzeit darauf, dass die anfängliche Zögerlichkeit der Regierung, den Konflikt als regionale Sicherheitsbedrohung wahrzunehmen, auch damit zu tun haben könnte, dass Mitglieder und Anhänger der Regierungspartei FRELIMO selbst von diesen kriminellen Netzwerken profitieren und somit an einer zu starken, regionalen oder internationalen Krisenreaktion gar kein Interesse haben. Diese OK-Netzwerke sind transnational und reichen auch in die Nachbarländer, zum Beispiel nach Südafrika.

Nicht ganz klar scheint, ob auch ein Zusammenhang zwischen Drogenschmuggel und der Finanzierung der al-shabab besteht. Experten sprechen davon, dass sich der Schmuggel von Cabo Delgado in andere Provinzen verschoben habe. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Aufständischen direkt oder indirekt vom Schmuggel profitieren, bspw. indem sie Handelswege blockieren und für den sicheren Transport von Drogen Geld verlangen.

Längerfristig wird sich die Region daher nur erholen, wenn alternative Lebensgrundlagen geschaffen werden und Maßnahmen zur Armutsbekämpfung greifen, um die Abhängigkeit der lokalen Bevölkerung vom Schmuggel und Drogenhandel zu lösen. Diese illegale Wirtschaft bzw. organisierte Kriminalität ist tief in Mosambiks großem informellen Sektor verwurzelt und wird sich einer Regulierung widersetzen.

Was wäre nötig, um Cabo Delgado zu stabilisieren?

Im Rahmen des von der Hanns-Seidel-Stiftung unterstützten Programms Emerging Threats in Southern Africa (neue Sicherheitsbedrohungen im südlichen Afrika) bei unserer langjährigen Partnerinstitution, dem afrikanischen Institute for Security Studies (ISS), haben Experten in einem kürzlich veröffentlichten Positionspapier nötige Handlungsempfehlungen formuliert, die zu einer Stabilisierung beitragen könnten. Das Positionspapier ist in deutscher, englischer und portugiesischer Sprache verfügbar. Dabei wird deutlich, wie vielschichtig eine regional und international koordinierte Reaktion aussehen müsste, um dem Sicherheitsvakuum in der Provinz zu begegnen. Die ISS-Experten schlagen u.a. vor:

Bürgernaher militärischer Einsatz, professionelle nachrichtendienstliche Aufklärungsarbeit

  • Schaffung eines rund um die Uhr aktiven Nachrichten-, Polizei-, und Einsatzzentrums, das ein tagesaktuelles und umfängliches Lagebild erstellen und auf entsprechende Überwachungssysteme (Land, Luft, See) zurückgreifen kann. Es mangelt bisher vor allem an Analysekapazitäten und der Verknüpfung mit den Strafverfolgungsbehörden und Militär. Im Rahmen einer SADC technical assessment mission empfehlen die SADC-Mitarbeiter die Einrichtung eines Regional Coordination Mechanism und eines gemeinsamen Intelligence Fusion Centre (nachrichtendienstliche Zentralstelle). Unmittelbare Priorität sollte es sein, ein Aufklärungsnetzwerk aus menschlichen Quellen zu schaffen. Ein wichtiges Element einer SADC-Intervention sollte daher die Sammlung, Aufbereitung und Teilung nachrichtendienstlicher Informationen darstellen.
  • Mosambik benötigt dringend in Cabo Delgado stationierte Sicherheitsorgane (Militär und Polizei), die sich schnell (Land, Luft, See) in der gesamten Region und entlang der tansanischen Grenze bewegen können. Sicherheitskräfte müssten die Grenze zu Tansania stärker sichern. Auch die Schmuggelrouten, die die illegale Wirtschaft in der Provinz befördern, müssten geschlossen werden. Eine wirksame Strategie muss den Aufständischen die Beschaffung von Waffen und die Rückzugsmöglichkeiten in die Nachbarländer verwehren. Hier könnte eine geplante SADC-Truppe beitragen, vorausgesetzt die Soldaten sind für nicht-konventionelle Operationen ausgebildet und handeln bürgernah. In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass jegliches internationales oder regionales militärisches Engagement die Notwendigkeit für gut ausgebildete mosambikanische Polizisten und Soldaten nicht ersetzen kann. Der Missbrauch von Gewalt durch die Sicherheitskräfte war in Ost- und Westafrika sowie in der Sahelzone ein Hauptargument von Terroristen bei der Rekrutierung neuer Mitglieder und muss in Mosambik unbedingt vermieden werden.
  • Parallel müsste Mosambik seine polizeiliche, militärische und nachrichtendienstliche Zusammenarbeit vor allem mit Tansania noch weiter vertiefen, einschließlich Vereinbarungen zur Möglichkeit der grenzüberschreitenden Fahndungen nach Zielpersonen im Grenzgebiet zu Tansania; dies gilt auch für das Seegebiet. Die bestehende gemeinsame Einsatzzentrale in Mtwara, im Süden Tansanias, ist bisher nicht vollständig einsatzfähig.

Rechtsstaatliches Vorgehen gegen die Täter, die für Angriffe auf die Zivilbevölkerung Verantwortung tragen

  • Ein militärisches Eingreifen müsste Hand in Hand mit einem rechtsstaatlichen Vorgehen gegen die Verantwortlichen für die Angriffe und Übergriffe auf die Zivilbevölkerung erfolgen. Langfristig Sicherheit zu schaffen ist viel wahrscheinlicher, wenn Polizei und Staatsanwälte, informiert von der lokalen Bevölkerung, rechtsstaatlich vorgehen und nicht einfach Militäraktionen zur Beseitigung der Terroristen durchgeführt werden. Aufständische und Beschuldigte, die bereits in Haft sind, dürfen keiner Gewalt ausgesetzt werden. Der Fokus von einer reinen militärischen Ausbildungsmission sollte daher so früh wie möglich auch auf Polizei und andere Strafverfolgungsorgane ausgedehnt werden.
  • Ein Amnestiesystem und ein nachvollziehbares Entwaffnungs-, Demobilisierungs-, Rehabilitations- und Reintegrationsprogramm sind ebenfalls dringend nötig. Dabei sind formale Überprüfungen und Profiling von Personen Voraussetzung, um sicherzustellen, dass einerseits Unschuldige re-integriert und Täter von der Justiz erfasst werden.
  • Die mosambikanische Regierung sollte breit angelegte Aufklärungs- und Dialogarbeit mit der Zivilgesellschaft, vor allem mit der Jugend, Frauen und religiösen Institutionen unterstützen. Zivilgesellschaftliche Austauschplattformen auf Gemeindeebene könnten zur Lösung der Krise beitragen.

Ohne entwicklungspolitischen Ansatz, keine Aussicht auf Frieden

  • Schaffung einer nationalen Behörde, die für die Umsetzung der Konfliktregulierung zuständig ist und Entwicklungschancen in der Provinz gewährleistet, unter Einbezug (sicherheits-)politischer, humanitärer, wirtschaftlicher, sozialer und religiöser Aspekte. Ziel sollte sein, einen inter-institutionellen Ansatz zu verfolgen und eine einheitliche nationale Antwort auf die entwicklungs- und sicherheitspolitischen Herausforderungen zu liefern. Mit der Integrated Northern Development Agency (ADIN) sind erste Schritte in diese Richtung zu verzeichnen. Bis zur Schaffung einer professionellen Entwicklungsorganisation ist es jedoch noch ein weiter Weg. Die Regierung müsste sicherstellen, dass alle wichtigen Interessengruppen, einschließlich religiöser Gruppen, des privaten Sektors und der traditionellen Autoritäten die Agentur und ihre Maßnahmen im humanitären, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bereich unterstützen. Außerdem müsste sichergestellt werden, dass ADIN professionell und unabhängig geführt wird und nicht als verlängerter Arm der Regierungspartei zur Versorgung von Posten gesehen wird.
     
  • Besonderen Fokus müsste auf die vertriebenen Menschen gelegt werden, auf ihren Schutz und die Rückführung in ihre Heimatdörfer und    -städte.
     
  • Das Bildungssystem muss wiederbelebt werden, um die lokale Bevölkerung zu schulen und auf neue Arbeitsmöglichkeiten vorzubereiten. Die Behörden in Cabo Delgado müssten auch in öffentliche Bauvorhaben investieren, um Arbeitsplätze zu schaffen.
  • Eine besonders wichtige Maßnahme zur schnellen Armutsbekämpfung und zum Vertrauensaufbau mit der Bevölkerung wäre ein Sozialhilfeprogramm für die Bedürftigsten. Die Überweisung von Bargeld in Form von Sozialzuschüssen könnte das Engagement der Regierung für Entwicklung in Cabo Delgado demonstrieren. ADIN hat bereits 25 Millionen US-Dollar für ein derartiges Programm in drei Provinzen vorgesehen. Die langfristige Finanzierung könnte durch Einnahmen aus Erdgasprojekten erzielt werden.
  • Eine gute Koordination der vielen multilateralen und bilateralen Geber, Hilfs- und Entwicklungsorganisationen und damit verbundenen Hilfsgelder, die in die Region fließen, wird ebenfalls entscheidend sein, um Entwicklungsfortschritte in Cabo Delgado zu erzielen. Die Weltbank, USAID, die EU, und viele andere bilaterale Geber engagieren sich bereits in Cabo Delgado. Um einen nachhaltigen Mittelabfluss garantieren zu können, wird auch der Aufbau und Ausbau lokaler Organisationen nötig sein.

Autor: Hanns Bühler, HSS, Südliches Afrika 

Laden Sie hier das Positionspapier unserer Partnerinstitution, dem Institute for Security Studies, hier herunter:

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Hanns Bühler
Projektleiter