Sechs Wochen nach der Wahl im von der Bevölkerungszahl kleinsten Flächenland und eine Woche vor der im größten Flächenland Nordrhein-Westfalen wurde in Schleswig-Holstein gewählt. Diese Wahl wies einige Besonderheiten auf: Es handelte sich um das zweitkleinste Flächenland im Westen bezogen auf die Zahl der Bewohner, das in der Vergangenheit durch viele spektakuläre Regierungswechsel aufgefallen war – die Namen Barschel, Engholm und Simonis sind noch ein Begriff.
Die CDU konnte mit Peter Harry Carstensen 2005 nach langer Durststrecke wieder den Regierungschef stellen, bis 2012 Torsten Albig von der SPD das Amt übernahm, der sich zur Wiederwahl stellte. Eine einmalige Besonderheit ist der Status des „Südschleswigschen Wählerverbandes“ (SSW). Dieser ist als ursprüngliche Vertretung der dänischen und friesischen Minderheit von der 5%-Hürde befreit, hat sich aber mittlerweile klar zu einer Unterstützerpartei des linken Lagers entwickelt und war in der amtierenden rot-grünen Landesregierung vertreten. Insofern war die Ausgangslage für die CDU schwierig, die mit dem noch nicht sehr bekannten Spitzenkandidaten Daniel Günther antrat. Ein Kampf gegen einen Amtsinhaber, bei (dank SSW) schieferer Schlachtordnung als in anderen Ländern und möglicherweise bei Rückenwind durch den „Schulz-Effekt“ im Land? Angesichts dieser Situation sind mögliche Rückschlüsse auf die Bundesebene schwierig. Bei 2,88 Millionen Einwohnern waren etwa 2,32 Millionen Bewohner über 16 Jahren wahlberechtigt. Es versprach aber in jedem Fall interessant zu werden, weil die CDU die regierende SPD in den Umfragen vor dem Wahltermin ab Ende April überholt hatte. In der letzten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen, am Freitag vor der Wahl, lag die CDU drei Punkte vor der SPD (32% zu 29%). Die FDP versprach, deutlich besser abzuschneiden als in anderen Ländern und trotz des SSW war damit die rot-grüne Mehrheit in Gefahr. Die AfD kam in den Umfragen nur knapp über die 5%-Hürde, mit der die Linke noch stärker kämpfte. Selbst der Vorsprung des Amtsinhabers gegenüber dem Spitzenkandidaten der CDU ging kurz vor dem Wahltermin weiter zurück.
Das Ergebnis bestätigte den Trend: Die CDU schloss mit 32,0% der Zweitstimmen so gut ab wie zuletzt prognostiziert und die SPD mit 27,2% klar schlechter - ähnlich wie bei der Saarland-Wahl wenige Wochen zuvor. Die guten Ergebnisse für Grüne mit 12,9% und FDP mit 11,5% waren ebenso deutlich präziser vorhergesagt worden wie das knappe Scheitern der Linken mit 3,8% und das Verschwinden der Piraten. Die AfD kommt mit 5,9% knapp in den Landtag, hatte aber mit deutlich mehr gerechnet - die Partei wird also in Umfragen nicht mehr untergewichtet. Auch die Wahlbeteiligung ist wieder klar angestiegen von 60,2% auf 64,2%. Die Regierungsbildung wird noch eine Zeit dauern, aber es ist klar, dass eine Landesregierung gegen die erstarkte CDU nicht möglich sein wird - nicht einmal mit dem Sonderfaktor SSW an der Seite. Die SPD hat nicht nur die Wahl mit einem Amtsinhaber verloren (was sehr selten vorkommt), sondern auch noch vom Wähler bescheinigt bekommen, dass der "Schulz-Effekt" nichts ausgerichtet hat - oder sich sogar negativ auswirkt haben könnte. Damit könnte auch ein Signal für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen eine Woche später und vor allem für die Bundestagswahl im September ausgehen. Einige Botschaften gehen auch von dieser Wahl wieder aus: Die CDU hat auf die richtigen Themen gesetzt - sowohl die Landesthemen Bildung und Verkehr als auch das übergreifende Thema Sicherheit. Sie hat (laut Infratest dimap) nicht nur 51.000 Stimmen von den Nichtwählern, sondern auch 24.000 von der SPD geholt. Die SPD konnte bei den Landesthemen nicht punkten und konnte von der Instrumentalisierung der sozialen Gerechtigkeit (im Land wie im Bund) nicht profitieren. Sowohl FDP wie Grüne nutzten ihre Themen wie die Popularität mancher Spitzenfiguren. Der AfD wurde verdeutlicht, dass ihre Bäume nicht in den Himmel wachsen. Der Zuwachs an Stimmen und Prozentpunkten ging bei den Parteien im Parlament (neben der AfD) ausschließlich an Parteien der bürgerlichen Mitte. Wenn dies in Nordrhein-Westfalen bestätigt würde, wäre eine Trendwende hin zu einer bürgerlichen Mehrheit bei der nächsten Bundestagswahl eingeläutet.