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Junge HSS - Kurz erklärt
Wohl doch noch nicht reif für die Insel - Jamaika-Sondierung geplatzt. Und jetzt?

Autor: Susanne Hornberger

Nachdem heute Nacht die FDP die Jamaika-Sondierungsgespräche abgebrochen hat, kommen erst mal keine Koalitionsverhandlungen zwischen diesen Partnern zustande. Will heißen: Deutschland wartet nach wie vor auf eine neue Regierung und wird weiterhin geschäftsführend von der alten regiert. Und wie geht’s jetzt weiter? Drei wichtige Szenarien:

Bleistiftzeichnung von Merkel, die eine beschwichtigende Geste mit den Händen macht.

Alles andere als ideal: In einer Minderheitsregierung wäre Angela Merkel bei jedem Gesetz auf die Stimmen der Opposition angewiesen, also von ihren politischen Gegnern.

dianakuehn30010; CC0; Pixabay

1. Große Koalition aus Union und SPD

Es kommt doch noch zu einer großen Koalition zwischen Union und SPD. Die SPD hatte sich allerdings schon direkt am Wahlabend in die Oppositionsrolle begeben und ist seitdem auch nicht wieder davon abgerückt. Noch an diesem Wochenende hat Parteivorsitzender Martin Schulz bekräftigt, dass die SPD jederzeit für Neuwahlen bereit sei.

2. Minderheitsregierung

Das würde dazu führen, dass die Kanzlerin mit wechselnden Mehrheiten agieren müsste. Was heißt das? Die Bundeskanzlerin müsste sich bei jedem Gesetz um die Unterstützung einer Bundestags-Oppositionsfraktion bemühen, damit ein Gesetz mit Mehrheit beschlossen werden kann. Das macht das Regieren wahnsinnig schwierig und langwierig, gerade in politisch unruhigen Zeiten wie aktuell. Außerdem hat die Kanzlerin das am Wahlabend ausgeschlossen, als sie ihre Absicht betonte, Deutschland eine stabile Regierung geben zu wollen. Die SPD hatte ausgeschlossen, eine Minderheitsregierung unter Merkel zu dulden.

Bundespräsident Steinmeier blickt ernst in die Kamera.

"Ich erwarte von allen Parteien Gesprächsbereitschaft zur Regierungsbildung", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier heute in Berlin.

Rabenspiegel; CC0; Pixabay

3. Neuwahlen

Für Neuwahlen muss der Bundestag erst einmal aufgelöst werden.  Das kommt dann infrage, wenn der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellt und sie verliert. Mit der Vertrauensfrage will die Regierung feststellen, ob der Bundestag grundsätzlich noch mit ihrer Haltung übereinstimmt. Wenn nicht, führt das zu Neuwahlen. Das gab‘s mit unterschiedlichen Voraussetzungen schon mal 1972, 1982 und 2005. Derzeit geht dieses Verfahren aber nicht, weil es ja schon einen neuen Bundestag gibt, aber keine neue Regierung und die Kanzlerin nur geschäftsführend im Amt ist. Damit kann sie auch keine Vertrauensfrage stellen.

Daher bleibt jetzt nur die Möglichkeit einer Auflösung des Bundestags. Zuerst muss aber der Bundeskanzler gewählt sein: Der Bundespräsident kann dem Bundestag einen Vorschlag für einen Bundeskanzler machen. Sollte für diesen keine absolute Mehrheit zustande kommen, kann die Wahl innerhalb von 14 Tagen wiederholt werden. Wenn auch die zweite Wahl an der absoluten Mehrheit scheitert, reicht im dritten Wahldurchgang eine relative Mehrheit. Dann hat der Bundespräsident zwei Möglichkeiten: Entweder er ernennt den Kanzler (dann einer Minderheitsregierung) oder löst den Bundestag auf. Für diese Entscheidung darf er nur sieben Tage brauchen. Wenn er sich dazu entschließt, den Bundestag aufzulösen, muss innerhalb von 60 Tagen neu gewählt werden. 

Schwierig alles.

Leiterin Onlineredaktion/Internet

Susanne Hornberger