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100 Tage Papst Leo XIV.
Ein kluger und deutlicher Entscheider

Autorin/Autor: Dr. Matthias Kopp

Mit Leo XIV. hat die katholische Kirche den richtigen Papst zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Es geht ihm um Frieden in der Kirche, im täglichen Miteinander und in der Welt.

Matthias Kopp (links) und der heutige Papst Leo XIV., damals noch Kardinal Robert Francis Prevost, während eines Treffens mit 30 Journalistinnen und Journalisten der „Gesellschaft Katholischer Publizisten“(GKP) im Sommer 2024 in Rom.

Matthias Kopp (links) und der heutige Papst Leo XIV., damals noch Kardinal Robert Francis Prevost, während eines Treffens mit 30 Journalistinnen und Journalisten der „Gesellschaft Katholischer Publizisten“(GKP) im Sommer 2024 in Rom.

© Christian Klenk

100 Tage ist es her, dass die Medien der Welt auf engsten Quadratmetern vor dem Petersdom in Rom und auf den anliegenden Straßen ihre Objekte auf das rostige Ofenrohr richteten, das die vatikanische Feuerwehr auf dem Dach der altehrwürdigen Sixtinischen Kapelle montiert hatte. Eine der ältesten Institutionen der Welt schafft es bis heute, Millionen auf den Kontinenten zu faszinieren. Dass diese Institution im 21. Jahrhundert noch in ihrem wichtigsten historischen Moment mit Rauchzeichen kommuniziert, spricht für Beständigkeit.

Mehr als 6000 akkreditierte Medien

Nach dem Tod von Papst Franziskus am Ostermontag 2025 mussten die 134 wahlberechtigten Kardinäle einen Nachfolger finden. Entsprechend groß war die Spannung, und Fachleute, die gut über den Vatikan Bescheid wissen und ebensolche selbsternannten „Experten“, orakelten über Wochen, wer es denn werden könne. So ist es nicht verwunderlich, dass je länger die Vorbereitungsphase des Konklaves dauerte und dieses dann begann, je mehr Kandidaten durch die Medien als „papabile“ (italienisch für papsttauglich, papstfähig) eingestuft wurden. An einem bestimmten Punkt merkt man auch in Rom, dass die Zeit für die Wahl gekommen ist – nämlich dann, wenn die mehr als 6000 für das Konklave beim Heiligen Stuhl akkreditierten Medien nicht mehr wissen, was sie noch kommentieren sollen, und beginnen, die Kollegen zu interviewen. Ein untrügliches Zeichen, dass jetzt etwas in der Sixtinischen Kapelle passieren muss.

Leo ist mehr Brückenbauer als US-Präsident Trump 

Und dann kam er: der weiße Rauch. Zunächst als dünnes Lüftchen, dann immer stärker, vom imposanten Klang der Glocken des Petersdoms begleitet. Eine ganze Stunde mussten „urbi et orbi“ – die Stadt und der Erdkreis – warten, bis der im Zeremoniell protokollgenau vorgesehene Kardinal das erlösende „Habemus papam“ rief: Robert Kardinal Prevost – Leo XIV., seit zwei Jahren Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, also jenem „Ministerium“, das weltweit für die Bischofsernennungen zuständig ist. Ein Augustinermönch mit Welterfahrung, ein einstiger Bischof aus Peru und ein Amerikaner. Im Weißen Haus in Washington soll man wenig erfreut gewesen sein, dass es nun noch eine Nummer eins als Amerikaner auf der Welt gibt. Aber es wäre zu kurzgefasst, Kardinal Prevost als Gegenentwurf zu Donald Trump zu interpretieren. Da steht ein Papst drüber, und dieser Papst mit seinen fast 70 Jahren dürfte länger ein weltweiter Brückenbauer sein, als Trump US-Präsident ist.

„Der Friede sei mit Euch allen!“

Da stand Leo nun mit seinem gütigen Lächeln, einer die Welt umarmenden Herzlichkeit und einer klaren Sprache mit unmissverständlichen Vorstellungen: „Der Friede sei mit Euch allen“, waren seine ersten Worte und damit ein zentraler Teil des Programms: Papst Leo XIV. geht es um den Frieden – in der Kirche, im täglichen Miteinander, in der Welt. Und so wurde er in den ersten 100 Tagen nicht müde, auf diesen Frieden hinzuweisen. Hier ist zu erinnern an seine Angebote Richtung Moskau und Kiew, den Vatikan für Friedensverhandlungen als Territorium bereitzustellen. Gleiches gilt für das Engagement von Leo XIV. im Nahen Osten. Wenn dann tatsächlich in einer Ecke der Welt der Frieden näherkommt, freut sich der Papst mit. Das machte er Anfang August deutlich, als er den historischen Friedensschluss zwischen Armenien und Aserbaidschan würdigte, der auf Vermittlung der USA zustande kam – übrigens ohne die USA oder Donald Trump zu erwähnen.

Aufrechter und zügiger Gang

Neben diesem politischen Anspruch des Papstamtes lassen sich in den ersten 100 Tagen weitere Charakteristika dieses jungen Pontifikats festhalten. Leo XIV. versteht sich als Seelsorger und Bischof, das spürt man in der Art wie er Gottesdienste feiert und wie er predigt. Sein Ziel ist es, den Menschen etwas von der befreienden und hoffnungsvollen Botschaft des Jesu von Nazareth mitzugeben. Und das macht er am liebsten, wenn er – auch darauf achtet er trotz aller sicherheitstechnischen Notwendigkeiten – den Menschen nahe ist. Dieser Papst geht wie schon sein Vorgänger auf Tuchfühlung: bei den großen Audienzen, bei Begegnungen im Kinderkrankenhaus von Rom, auf den Straßen von Castel Gandolfo (italienische Stadt in der Region Latium). Er vermittelt den Eindruck – das ist zu spüren –, dass er die Aufgabe mit Freude und Zuversicht ausfüllt. Natürlich weiß er um die große Verantwortung, aber man hat bei Leo XIV. nicht den Eindruck, es sei eine Last, die ihn niederdrücke. Schon der aufrechte und zügige Gang führt zu einer völlig neuen Dynamik im Vatikan, verbunden mit der Idee spontaner Ausflüge in die Umgebung von Rom. Es ist zu wünschen, dass sich Leo diese Spontanität bewahren kann.

Ein Papst, der zuhört

Leo XIV. sieht sich vor allem in Kontinuität zu Papst Franziskus. Es gibt kaum eine Ansprache oder Predigt, in der er nicht Bezug auf seinen Vorgänger nimmt. Das gilt auch für das für Franziskus so wichtige Thema einer synodalen Kirche. Leo XIV. weiß um diese Herausforderung und hat in den ersten 100 Tagen den weiteren weltweiten synodalen Prozess bis 2028 bestätigt. Dabei ist er kein Revolutionär, sondern ein Pragmatiker mit einer internationalen Erfahrung und den Erkenntnissen, die er als Mitglied der beiden Generalversammlungen der Weltsynode 2023 und 2024 im Vatikan sammeln konnte. Synodale Kirche bedeutet für Leo XIV., Brücken zu bauen und alle mitzunehmen. Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance, Synode als das zu verstehen, was sie bedeutet: gemeinsam zu gehen. Auch hier zeigt sich ein Charakteristikum, das aber schon immer zu Leo XIV./Robert Prevost gehört: Er ist ein Papst, der zuhört und die Dinge aufnimmt, dann abwägt und noch einmal gegenprüft und nach einem inneren, auch geistlichen Prozess, entscheidet. Noch sind keine größeren Entscheidungen in den ersten 100 Tagen gefallen, aber man sollte Leo hier nicht unterschätzen, da er – in seinen bisherigen Funktionen – als kluger und deutlicher Entscheider bekannt ist.

Worte entschärfen, Welt entwaffnen 

Mit Leo XIV. hat die katholische Kirche den richtigen Papst zur richtigen Zeit am richtigen Platz. Die den Menschen zugewandte Art, die Sprachenvielfalt zur Verständigung und der überzeugende Wille, Brücken zu bauen – innerhalb der Kirche, aber auch in die Welt hinein – stehen für Leo XIV. Eines seiner Worte in den ersten 100 Tagen ist dabei zentral und wird das weitere Pontifikat prägen: „Entschärfen wir die Worte, und wir werden dazu beitragen, die Erde zu entwaffnen. Eine entschärfte und entwaffnende Kommunikation ermöglicht uns einen gemeinsamen, anderen Blick auf die Welt und ein Handeln, das unserer Menschenwürde entspricht.“

Matthias Kopp ist seit 2009 Pressesprecher und Leiter der Pressestelle/Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Bischofskonferenz und wurde von Papst Franziskus 2024 zum Berater im Dikasterium für die Kommunikation im Vatikan berufen. Von ihm ist das Buch „Friede sei mit euch allen! – 100 Worte von Papst Leo XIV.“ erschienen, Verlag Neue Stadt (Oberpframmern), 18 Euro.

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Deutsche Bischofskonferenz: Dr. Matthias Kopp
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