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Interview mit Johannes Singhammer
Auf Augenhöhe mit Afrika

Autor: Maximilian Witte

Im HSS-Interview erklärt Johannes Singhammer, was die größten Baustellen in den Beziehungen zu den Ländern Afrikas sind und warum die Entwicklungszusammenarbeit des letzten Jahrhunderts für ihn gescheitert ist.

Am Rande eines Vortrages in der Hanns-Seidel-Stiftung über die Prioritäten des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in den Ländern Afrikas, bei dem Herr Johannes Singhammer die Eröffnungsworte sprach, war der ehemalige Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Träger des Bayerischen Verfassungsmedaille und langjähriger Afrikareisende bereit, Fragen der HSS zum Thema Entwicklungszusammenarbeit zu beantworten.

Johannes Singhammer

*1953; römisch-katholisch; verheiratet, sechs Kinder. Zwischen 1999 und 2003 war der Münchner Bezirksvorsitzender der CSU in seiner Heimatstadt; von 2004 bis 2009 arbeitete er im Beirat der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen. Seit 1994 ist er Mitglied des Bundestages und engagierte sich bis 1998 als Mitglied der Kinderkommission (zuletzt als deren Vorsitzender); bis 2002 war er Vorsitzender des Arbeitskreises „Arbeit und Sozialordnung, Gesundheit, Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ der CSU-Landesgruppe. Die drei folgenden Jahre vertrat Singhammer als wirtschafts- und arbeitspolitischer Sprecher die CSU-Landesgruppe; von 2005 bis 2009 war er Vorsitzender der AG „Familie, Senioren, Frauen und Jugend“ der CDU/CSU- Fraktion; seit 2009 stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag für die Bereiche Gesundheit, Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Zwischen 2013 und 2017 war er Vizepräsident des Deutschen Bundestages.

Älterer Herr mit runder Brille und gut sitzendem Anzug, lächelnd.

"Europa steht für Menschenrechte, die nichts zu tun haben mit einer neuen Form von Kolonialismus." (Johannes Singhammer)

Henning Schacht; CC-BY-SA-3.0-DE; Wikimedia Commons

HSS: Herr Singhammer, was halten sie bei der Bekämpfung der Fluchtursachen für die wichtigsten Baustellen der Entwicklungszusammenarbeit?

Wir in Europa brauchen mit Afrika eine Zusammenarbeit auf ehrlicher Augenhöhe. Das bedeutet: In den Bereichen, wo afrikanische Staaten Angebote wirtschaftlicher Art machen können und wettbewerbsfähig sind, darf die europäische Union sie nicht diskriminieren, sondern muss sie fördern.


HSS: Gibt es für die Region des nördlichen Afrika (MENA-Region) spezielle Vorhaben?

Die nordafrikanischen Staaten sind noch mehr Schicksalsnachbarn als alle anderen Staaten in Afrika. Wenn es den Menschen im nördlichen Afrika schlecht geht, dann wird es den Menschen in Europa auf Dauer nicht gut gehen können! Deshalb brauchen wir eine dynamische Umsetzung der neuen Zusammenarbeitspolitik, wie sie Bundesminister Gerd Müller vorgestellt hat.


HSS: Was sind in Ihren Augen die größten Chancen für gemeinsame afrikanisch-europäische Wirtschaftskooperationen?

Die Entwicklungszusammenarbeit des letzten Jahrhunderts ist nachhaltig gescheitert. Schlimme Beispiele: riesige Investitionen, die vor sich hin rosten. Die Zahl der nachhaltig erfolgreichen Projekte ist überschaubar, wenn auch sehr wichtig. Die neue Dimension der Zusammenarbeit heißt Wirtschaftskooperation. Nur wenn Unternehmen dauerhaft in afrikanischen Ländern investieren, ist die Prognose der Nachhaltigkeit mit Arbeitsplätzen und mehr Bildung berechtigt.


HSS: Herr Singhammer, Sie haben privat und in ihren offiziellen Funktionen die Länder Afrikas über viele Jahre bereist. Welche Veränderungen fallen Ihnen besonders ins Auge?

Die afrikanischen Staaten erleben eine Bevölkerungsexplosion, während der europäische Kontinent demographisch implodiert. Die vielen jungen Menschen sind Afrikas Reichtum und prägen das Bild der Städte und Dörfer. Das ist das Entscheidende.


HSS: China investiert stark in Afrika, gerade in rohstoffreiche Nationen des Kontinents. Wie sehen sie das wirtschaftliche Engagement Chinas in Bezug auf Nachhaltigkeit und Vorteile für die Menschen vor Ort?

China ist in Afrika deshalb besonders erfolgreich, weil Investitionen und Finanzierung aus einer Hand angeboten werden. Deshalb ist die neue Linie der Bundesregierung richtig, über KFW-Darlehen und andere Finanzierungsinstrumente die gute deutsche Technologie zusammen mit einer hervorragenden Finanzierung anzubieten.


HSS: Wie muss sich Europa China gegenüber in Sachen Wirtschaft UND Menschenrechten politisch positionieren?

Europa steht für Menschenrechte die nichts zu tun haben mit einer neuen Form von Kolonialismus.


HSS: Wie können wir das wirtschaftliche Engagement europäischer Unternehmen in Afrika so gestalten, dass die Menschen vor Ort von der wirtschaftlichen Entwicklung profitieren?

Das wirtschaftliche Engagement von europäischen Unternehmen ist dann besonders erfolgreich, wenn der Kontakt zu politisch Verantwortlichen vertrauensvoll gewachsen ist. Um dieses Vertrauen sollten wir uns alle bemühen. 


HSS: Herr Singhammer, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Onlineredaktion/Internet
Maximilian Witte
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