Print logo

Interview mit Dr. Maren Hunds
MINT-Karriere bei der EU

Sie haben ein naturwissenschaftliches oder technisches Studium abgeschlossen, sind Mathematiker oder Informatiker? Während eines Besuchs von HSS-Stipendiaten in Brüssel erklärte Dr. Maren Hunds vom wissenschaftlichen Dienst der EU, wie Sie nach einem “MINT”-Studium Ihre Karriere bei der “Gemeinsamen Forschungsstelle” starten können.

20 Stipendiat*innen der Hanns-Seidel-Stiftung waren in Brüssel zu Gast. Das HSS-Verbindungsbüro Brüssel hatte das Programm speziell auf die Interessen von MINT-Stipendiaten zugeschnitten (Studierende des Bereichs Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften) - und angesichts der Summen, die die EU in Forschung und Innovation steckt, gibt es da viele interessante Aspekte, die einem im Studium zuhause nur selten begegnen. Dicht gepackt – wie die Atome eines Kristallgitters – war das Programm des Seminars „MINT’s Mission“ in Brüssel. 20 Stipendiatinnen und Stipendiaten, vorwiegend aus dem MINT-Bereich, informierten sich in der europäischen „Hauptstadt“ über Forschung und Innovation unter dem Dach der Europäischen Union.

Interview

Dr. Maren Hunds koordiniert die Beziehungen zu Mitgliedsstaaten im JRC. "Wir sind immer auf der Suche nach exzellenten, engagierten Wissenschaftlern, die an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik arbeiten."

Dr. Maren Hunds koordiniert die Beziehungen zu Mitgliedsstaaten im JRC. "Wir sind immer auf der Suche nach exzellenten, engagierten Wissenschaftlern, die an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik arbeiten."

Göbner; ©HSS

HSS: Frau Dr. Hunds, welche Karriere-Chancen haben MINT-ler beim JRC?

Dr. Maren Hunds: Wir sind immer auf der Suche nach exzellenten, engagierten Wissenschaftlern, die an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik arbeiten und zur Lösungen aktueller Herausforderungen beitragen wollen, wie zum Beispiel Doppelstandards bei der Qualität von Lebensmitteln, CO2 Emissionen oder Grenzwerte für Autoabgase. Da wir die meisten Politikbereiche der EU abdecken, bieten wir attraktive Stellen in diversen Themenfeldern. Außerdem arbeiten wir stark interdisziplinär und experimentieren mit neuen Ansätzen. Einschlägige Forschungs- oder Arbeitserfahrung ist daher sehr von Vorteil. Wir haben beispielsweise ein ‘Policy lab’, das neue Methoden der Politikgestaltung testet. Foresight-Methoden werden immer wichtiger, damit wir frühzeitig neue „globale Megatrends“ erkennen und entsprechend reagieren können. Nur um ein weiteres Beispiel zu nennen: In naher Zukunft werden wir wohl in einem smarten, digitalen Ökosystem leben, in dem virtuelle Kraftwerke nachhaltige Energiesysteme verbinden, in denen sich Elektroautos als intelligente Batterien verhalten, und wo die Bürger Energie produzieren und verbrauchen. Unsere neuen „Smart Grid Interoperability“ und „Smart Home“-Labore werden dazu beitragen, dass neue, intelligente Technologien effektiv zusammenspielen und damit in der Lage sind, unsere Lebensweise zu verbessern.

Info:

Das Joint Research Center (JRC) hat rund 2800 Mitarbeiter, zu großen Teilen Naturwissenschaftler. Der Sitz des JRC ist in Brüssel, Standorte befinden sich u.a. in Petten (Niederlande), Ispra (Italien), Sevilla (Spanien) und Karlsruhe. Das JRC ist der unabhängige Wissensdienstleister und -vermittler der Europäischen Kommission und arbeitet an der Schnittstelle von Wissenschaft und EU-Politik. Ob Grenzwerte oder schnelle Information über Schadensausmaße nach Naturkatastrophen: Ziel ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse und Instrumente bereitzustellen, um wirksame, effiziente, gerechte und nachhaltige Lösungen für aktuelle und künftige Herausforderungen zu finden. Energie, Verkehr, Migration, Lebensmittel oder digitaler Wandel sind nur einige der Tätigkeitsfelder des JRC, das derzeit jährlich mit circa 373 Millionen Euro budgetiert ist. Dr. Maren Hunds koordiniert die Beziehungen zu Mitgliedsstaaten im JRC.

Stellenausschreibungen beim JRC: https://ec.europa.eu/jrc/en/working-with-us/jobs/vacancies
Informationen zu den Auswahlverfahren der EU: https://epso.europa.eu/home_de

HSS: Welche Anforderungen sind zu erfüllen?

Wissenschaftler aus einem EU-Mitgliedsland oder einem dem Forschungsrahmenprogramm assoziierten Land können bei bestandenem Auswahlverfahren bis zu sechs Jahre bei uns als Vertragsangestellte arbeiten; vielleicht sogar am „Green Deal“ oder daran, wie man Europa fit macht für’s digitale Zeitalter. Unsere Wissenschaftler müssen ein abgeschlossenes Universitätsstudium und einschlägige Forschungserfahrung haben. Eine Promotion und entsprechende Publikationen sind von großem Vorteil, Fremdsprachen ein Muss, da wir in einem multikulturellen Umfeld und mit einer Vielzahl internationaler Partner zusammenarbeiten. Deutsche Bewerber sollten auch mindestens auf Englisch oder Französisch, den offiziellen Arbeitssprachen der Institutionen, arbeiten können. Da wir viele Bewerbungen bekommen, führen wir, wie andere EU-Generaldirektionen, gezielte Auswahltests durch. Diese organisiert das Europäischen Amt für Personalauswahl (EPSO).

Wer mal drei bis fünf Monate reinschnuppern möchten, sollte sich als Praktikant bewerben. Wir schreiben unsere Stellen direkt aus. Jede Ausschreibung enthält für gewöhnlich die Aufgaben des Praktikanten, wie der Praktikant zur Arbeit der entsprechenden Abteilung beiträgt und welche besonderen Fachkenntnisse oder Qualifikationen dafür erforderlich sind. Praktika gibt es zum einen für Studenten am Ende ihres Studiums oder für jene, die ihr Studium abgeschlossen haben und in den ersten fünf Jahren danach Erfahrungen sammeln möchten. Praktika werden übrigens auch vergütet. Natürlich gelten auch hier die Mindestanforderungen für Fremdsprachenkenntnisse.

HSS: Wie steigt man ein, wo findet man Stellenausschreibungen oder Praktikums-Stellen?

Wir schreiben unsere Stellen online aus; die für befristete Mitarbeiter genauso wie für Praktika. Wer sich für eine konkrete Stellenausschreibung beim JRC bewerben möchte, muss vorab auf der Seite des Europäischen Amtes für Personalauswahl sein Profil hinterlegen. Nur für Praktika wenden sich Bewerber ausschließlich und direkt an uns. Aber grundsätzlich würde ich jedem empfehlen, der sich für eine Stelle bei einer EU-Institution interessiert, sich vor allem auf der EPSO-Webseite über die Auswahltests im Detail zu informieren. EPSO sollte die zentrale Anlaufstelle sowohl für diejenigen sein, die zeitlich befristet bei einer Institution wie dem JRC arbeiten möchten, als auch für jene, die sich auf die Auswahlverfahren für eine EU-Beamtenlaufbahn bewerben möchten.

HSS: Vielen Dank Frau Dr. Hunds für diese Informationen!

Autor und Interview: Volker Göbner

Leiterin Institut für Begabtenförderung

Dr. Jutta Möhringer