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Bayern und Amerika
US-Stabschefs in München

Bei einem Treffen in der Hanns-Seidel-Stiftung wurde Brisantes angesprochen: Gemeinsames Vorgehen gegenüber China, mögliche US-Strafzölle gegen Deutschland und die Vision einer gemeinsamen Strategie im Datenschutz.

Ohne eine Gesprächsrunde bei der Hanns-Seidel-Stiftung ist ein politisches Programm in München nicht vollständig. Das wussten auch die zehn Stabschefs von US-Kongressabgeordneten, die vom Auswärtigen Amt zu Gesprächen nach Berlin, München und Brüssel eingeladen wurden. Christian Kattner, Generalsekretär der International Democrat Union, und Ulf Gartzke, früherer Stiftungsleiter in Washington, machten die US-Gäste mit bayerischer Politik und den besonderen Beziehungen zu Amerika vertraut.

Kattner spricht engagiert am IDU-Rednerpult

Unionsparteien müssen Sprung ins digitale Zeitalter schaffen, sagt Christian Kattner, Generalsekretär der "International Democrat Union" (Archivbild)

HSS

Die Ränder werden stärker, die Mitte schwächelt

Dass die politische Stabilität in Deutschland herausgefordert ist, weiß man auch in Amerika. Die jüngsten Landtagswahlen mit Zugewinnen für links- und rechtspopulistische Parteien verdeutlichen die Schwäche des Zentrums. Umso wichtiger ist es daher in den Augen von Christian Kattner, dass die Unionsparteien geschlossen auftreten und keine Zweifel an ihrer engen Zusammenarbeit aufkommen lassen. Unter der neuen Führung von Annegret Kramp-Karrenbauer und Markus Söder sei eine neue Gemeinsamkeit spürbar. Um ihre Stellung als maßgebliche Volkspartei zu halten, müsse die CSU jetzt den Sprung ins digitale Zeitalter schaffen. Online-Mitgliedschaften, anhaltende Social Media-Präsenz und regelmäßige Mitgliederbefragungen seien heute unerlässliche Mittel der politischen Arbeit. Zudem komme es darauf an, dass man sich inhaltlich breit aufstelle und die soziale, wirtschaftliche und ökologische Kompetenz durch verschiedene Persönlichkeiten verkörpere. Im Unterschied zur CSU sei die AfD eine Ein-Themen-Partei, die nur die Migrationskrise aufgreife und in xenophobischer Zuspitzung zur Radikalisierung und Verunsicherung der Gesellschaft beitrage.

Werden sich die USA und Europa auf gemeinsame Standards für Datenschutz einigen?

Werden sich die USA und Europa auf gemeinsame Standards für Datenschutz einigen?

Systemrivalität mit China

Die grundsätzlich schwierige weltpolitische Lage Deutschlands und Europas zwischen Amerika, China und Russland thematisierte Ulf Gartzke. Mit der Einstufung Chinas als systemischen Rivalen schließt sich die EU jetzt den USA an, die China schon länger als schärfsten geopolitischen Gegenspieler der westlichen Wertegemeinschaft im 21. Jahrhundert sehen. Bei aller Kritik an Donald Trump: mit der eindringlichen Warnung vor China hat er Recht. Auf der Grundlage eines Schulterschlusses gegenüber China könnte man jetzt besser die gemeinsamen transatlantischen Interessen in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik im Auge behalten. Wenn man Win-Win-Situationen in der transatlantischen Wirtschafts- und Handelspolitik anstrebe, sei es kontraproduktiv und geradezu absurd, deutsche Automobile als Gefahr für die nationale Sicherheit Amerikas zu betrachten. Der latent drohende Wirtschaftskonflikt zwischen Amerika und Europa verstellt den Blick dafür, dass Bayern insgesamt und die Region München im Besonderen für US-Unternehmen ein attraktiver Standort sind, der Handels- und Businessperspektiven für ganz Deutschland und Europa eröffnet. Auch in der Welt von Big Data habe Europa solide Voraussetzungen geschaffen. Zwar sei die europäische Datenschutzgrundverordnung sicherlich für kleine und mittlere Unternehmen eine erhebliche Belastung, doch schaffe sie vernünftige Rahmenbedingungen für informationelle Selbstbestimmung einerseits und die wirtschaftliche Nutzung von Daten andererseits, so Gartzke.

Die spannende Frage der Zukunft wird sein, ob sich Amerika und Europa auf gemeinsame Regeln im Umgang mit Daten einigen. Obwohl die Wirklichkeit heute noch anders aussehe, wünschenswert sei dies. Der große Datenaustausch zwischen den USA und der EU scheitert bislang an unterschiedlichen Datenschutzregeln. Damit behindert man Wirtschaftswachstum und sorgt nicht für globale Standards, denen letztlich auch andere, weniger regelbasierte Länder wie China oder Russland folgen müssten. Mehr US-Kontakte in Deutschland und ein verbessertes Wissen über Deutschland in Europa sind die Grundpfeiler der transatlantischen Partnerschaft. Der intensive Gesprächskreis mit den Stabschefs aus dem US-Repräsentantenhaus hat dazu wertvolle Impulse gegeben. 

 

Autor: Christian Forstner, Leiter des HSS-Büros in Washington