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Internationale Podiumsdiskussion
Die weltweite Gewalt gegen Frauen

Gewalt gegen Frauen ist ein globales Problem. Frauen werden weltweit Opfer von physischer und psychischer Gewalt im privaten und öffentlichen Raum. Die Hanns-Seidel-Stiftung widmete sich diesem schwierigen Thema in einer international besetzen Podiumsdiskussion im Konferenzzentrum in München am 29. Juli 2013.

Die weltweite Gewalt gegen Frauen

Susanne Luther, Leiterin des Büros für Auswärtige Beziehungen der Hanns-Seidel-Stiftung

Susanne Luther, Leiterin des Büros für Auswärtige Beziehungen der Hanns-Seidel-Stiftung

Mit Angellah Kairuki, stellvertretende Justizministerin Tansanias, und  Dr. Ranjana Kumari, Vorsitzende des Centre for Social Research aus Indien, konnten zwei Expertinnen gewonnen werden, die über die politische und gesellschaftliche Situation in ihren Ländern berichteten und Handlungsoptionen aufzeigten.

Einführende Worte von Dr. Susanne Luther, Leiterin des Büros für Auswärtige Beziehungen bei der HSS, zeigten die aktuelle Brisanz des Themas, aber auch die Vielschichtigkeit der Gewalt gegen Frauen auf. Auch die Verwehrung von grundlegenden politischen und gesellschaftlichen Rechten, wie Bildung, Partizipation und selbstbestimmtem Leben, sei eine Form von Gewalt. Die Hanns-Seidel-Stiftung sei dabei keine klassische Entwicklungs“hilfe“organisation, sondern eine politische Stiftung, die mit Fortbildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen für das Empowerment von Frauen eintrete, damit diese mehr politische und gesellschaftliche Verantwortung in ihren Ländern wahrnehmen können.

In den anschließenden Impulsreferaten zeigten beide Rednerinnen nicht nur das erschreckende Ausmaß der Gewalt in ihren Ländern auf, sondern wiesen auch auf die oft traditionellen Ursachen hin. Die Gewalt fände dabei hauptsächlich in der eigenen Familie, im Freundeskreis oder in der Nachbarschaft ihren Ursprung. Die gleichen Kreise bauten  Druck auf, da die Angst vor dem gesellschaftlichen Stigma und der Beschmutzung der Familienehre zu groß seien. Fehlende Verfassungswirklichkeit und Rechtsdurchsetzung seien weitere Hindernisse zu mehr Schutz. Dennoch würden immer mehr Frauen den Mut fassen, sich Gehör zu verschaffen, und fänden dabei in den Medien und der aufstrebenden Zivilgesellschaft wichtige Verbündete.

Interessante Einblicke gaben die beiden Expertinnen auch in die gelebte eigene Praxis. Dr. Kumari, die sich in erster Linie als Aktivistin für Frauenrechte versteht, sagte, dass vor allem junge Männer auf die tödliche Vergewaltigung eines jungen Mädchens in Delhi im Dezember mit Protesten reagiert hätten. Kairuki hob hervor, dass alleine schon die Sprache der Gesetze ein Hindernis darstelle. Durch eine zu komplizierte Ausdrucksweise sowie unterschiedliche Stammessprachen, wüssten viele Frauen nicht, welche Rechte sie hätten und einfordern könnten.

Ranjana Kumari, Viola Schenz, Angellah Kairuki

Ranjana Kumari, Viola Schenz, Angellah Kairuki

Die anschließende Podiumsdiskussion, geleitet von der Journalistin Viola Schenz von der Süddeutschen Zeitung, zeigte schnell auf, dass Gewalt gegen Frauen jedoch bei weitem kein alleiniges Problem der Entwicklungs- und Schwellenländer ist.

Die Leiterin der Arbeitsgruppe München von TERRE DES FEMMES, Juliane von Krause, hob hervor, dass jede vierte Frau in Deutschland physische Gewalt erfahre.
Darüber hinaus seien Gewaltakte, wie die weibliche Genitalverstümmlung bei jungen Mädchen von Einwandererfamilien, auch ein Problem in Deutschland geworden. Davon seien laut Juliane von Krause alleine in München 650 Frauen gefährdet. Seit Kurzem stellt die weibliche Genitalverstümmlung sogar einen eigenen Straftatbestand dar.

Durch Frauenhandel, vor allem aus Bulgarien, Rumänien und zunehmend aus Nigeria, globalisierten sich viele Probleme, wobei Deutschland als „Nachfrageseite“ einen erheblichen Anteil daran habe.
Auch das demografische Problem, welches durch das gezielte Abtreiben weiblicher Föten in Indien, China aber auch vielen anderen Ländern, teilweise drastische Ausmaß annimmt, diskutierten die Gäste intensiv. Nach traditionellem Rollenverständnis werden in Indien und Tansania nur männliche Erben als Geschenk, Mädchen hingegen als Belastung gesehen. In Indien sei die Abtreibungsrate mit mehr als 600.000 Fällen jährlich so hoch wie nirgendwo sonst. In manchen Landesteilen gäbe es daher einen massiven Männerüberschuss. (Grenzüberschreitender) Frauenhandel und –raub stellten dabei die gravierendsten Folgen dar.

Das Publikum zeigte am Ende auf, dass eine verstärkte Beteiligung und Ausbildung von Frauen bei Polizei, Justiz und Legislative ein möglicher und nötiger Schritt sei, dem Problem zu begegnen. Doch so lange es nicht wirklich „change of minds“ gäbe, bleibe Gewalt gegen Frauen noch für viele Jahre ein globales Problem.

Die Hanns-Seidel-Stiftung verknüpfte mit dieser Veranstaltung auch die Veröffentlichung der aktuellen Ausgabe der Reihe Argumente und Materialien der Entwicklungszusammenarbeit (AMEZ) mit dem Titel "Frauen brauchen Demokratie, Demokratie braucht Frauen“.

Extern
Dr. Dietmar Ehm
Leiter
Afrika südlich der Sahara
Klaus Liepert
Leiter