Kommunalpolitik: Wer anpackt, bewegt.
Hinhören, hinsehen, handeln – für ein soziales Nürnberg
Aus einem politischen Elternhaus stammend – ihr Vater war 42 Jahre im Nürnberger Stadtrat – war Engagement für Catrin Seel von klein auf selbstverständlich. Mit 23 Jahren wurde sie als jüngste Bezirksrätin Bayerns in den Bezirkstag gewählt. Seit 2020 ist sie zudem Mitglied des Nürnberger Stadtrats – eine sinnvolle Ergänzung zur Arbeit im Bezirkstag. Beruflich ist sie als Steuerberaterin tätig, mit Fokus auf Mandanten aus dem Sozial- und Gemeinnützigkeitsbereich.
Catrin Seel
HSS: Sie haben sich erneut für die Kandidatur im Stadtrat Nürnberg aufstellen lassen. Welche Themen liegen Ihnen in Ihrer Stadt besonders
Catrin Seel: Tatsächlich durch meine Arbeit im Bezirkstag, meinen beruflichen Werdegang und meine drei Kinder geprägt, sind es auch in der Stadt die Themen Soziales und Bildung, die mir besonders am Herzen liegen.
Nun sind wir als Mitglieder des Stadtrats nicht für die einzelnen Lehrkräfte und den inhaltlichen Unterricht verantwortlich, aber es ist an uns, die Rahmenbedingungen zu schaffen. Angefangen von der Schulsprengeleinteilung über die Unterstützung besonderer Projekte, der IT-Ausstattung an den Schulen, der Begleitung aller Kinder, vor allem in Übergangsphasen zwischen den einzelnen Ausbildungsabschnitten, bis hin zum Auffangen aller Jugendlichen, die womöglich zunächst ohne Abschluss die Regelschulzeit absolviert haben, um hier nur einige Beispiele zu nennen.
Ganz oft sind es auch ganz kleine Themen, zu denen wir als Stadträte angesprochen werden und genau das macht für mich auch meine Arbeit aus. Vor Ort sein, ein offenes Ohr haben und bei den kleinen Dingen helfen, so weit es mir möglich ist.
Das gilt im gleichen Maße oder vielleicht noch ein wenig mehr für den Sozialbereich. Viele der hier Betroffenen haben vielleicht keine eigene Stimme, sind zu leise. Ihnen Gehör geben, sich um Themen kümmern, ohne dabei über die Menschen hinweg zu entscheiden. Das finde ich wichtig.
Gleichzeitig müssen die sozialen Einrichtungen der Stadt Nürnberg Bedingungen vorfinden, die ihnen ein wirtschaftlich gesundes Handeln ermöglichen. Der Spagat ist hier oft groß und ich glaube sehr, dass mir da mein berufliches Wissen eine große Möglichkeit gibt, mich nicht nur von Betroffenenseite, sondern auch von Anbieterseite in die Thematiken einzubringen.
Antwort als Video
HSS: Was war die größte Herausforderung in all den Jahren Ihres kommunalpolitischen Engagements und was war besonders schön?
Catrin Seel: Die größte Herausforderung in meinem kommunalpolitischen Leben war, das lässt sich ganz klar sagen, die Vereinbarkeit aller Termine mit meinen damals noch kleinen Kindern. Heute sind sie 10, 12 und 14 Jahre alt, sind an einigen Stellen gerne dabei, unterstützen mich im Wahlkampf und sind interessiert an vielen Zusammenhängen.
In den ersten Jahren hätte ich mir sehr eine Kinderbetreuung zu Sitzungszeiten gewünscht, wie sie heute beispielsweise bei der Stadt Nürnberg zu den Stadtratssitzungen angeboten wird, vor allem aber fixe Endpunkte der Sitzungen. Wie lange muss die Babysitterin heute bei uns sein? Schaffe ich es rechtzeitig zu Krippen- oder Kindergartenende wieder vor Ort zu sein? Wie kann ich noch mit meinen Kindern für die Matheschulaufgabe lernen, wenn die zwei Tage vorher mit Sitzungen gut gefüllt sind? So mancher letzter langer Wortbeitrag eines Kollegen oder eine noch anstehende wichtige Abstimmung hat hier oft zu Schweißausbrüchen geführt.
Gleichzeitig die Zerrissenheit – letzte Sitzung vor der Sommerpause und am selben Morgen die große Verabschiedung eines Kindes aus der Grundschulzeit. Es ist schön zu wissen, wenn die eigene Fraktion hier Verständnis hat.
Besonders schön für mich ist zu sehen, dass manche durch mich mit ins Leben gerufene Projekte inzwischen die Volljährigkeit erreicht haben, wie zum Beispiel die Kinder- und Jugendkulturtage des Bezirk Mittelfranken, die schon so viele Stationen gemacht haben und sich immer und immer wieder selbst erneuern und weiterwachsen und leben.
Bewegend sind für mich außerdem all die Momente, in denen ich oft durch ein einfaches Gespräch zwischen Verwaltung und Bürgern vermitteln kann, wenn es nur ein Missverständnis gab oder aber Verwaltungs- und Bürgerdenken von anderen Voraussetzungen ausgingen. Wenn am Ende einem Kind und damit meist einer ganzen Familie geholfen wird, dann ist das einfach ein gutes Gefühl und ich weiß, warum der Einsatz sich lohnt.
HSS: Sie sind sein 24 Jahren im Bezirkstag Mittelfranken tätig. Wie unterscheidet sich dieses Amt von dem im Stadtrat.
Sie sind seit fünf Jahren Stadträtin in Nürnberg und seit 24 Jahren im Bezirkstag Mittelfranken tätig. Wie unterscheiden sich diese beiden Ämter?
Als städtische Bezirksrätin – und ich weiß, dass hier ein wesentlicher Unterschied zu den Kollegen aus den Landkreisen besteht – kämpft man zeitlebens um die Aufmerksamkeit des Bezirks. Mit seinen sozialen Themen, vor allem der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege, ist der Bezirk fast überall präsent, ohne den Titel „Bezirk“ zu tragen, und gleichzeitig in der Großstadt so unsichtbar. Die, die mich kennen, wissen, dass ich über die Jahre mehr und mehr zu einer Kämpferin für den Bezirk Mittelfranken geworden bin, um seine Aufgabe zu vermitteln und präsent zu machen.
Die Tätigkeit ist geprägt von einer immensen örtlichen Größe. Ich lege weite Strecken zurück und verbringe viel Zeit im Auto. Es gibt eine enorme Vielfältigkeit der Voraussetzungen in den unterschiedlichen Regionen des Bezirks und ein beeindruckendes Miteinander unter den Fraktionskollegen.
Die Tätigkeit im Stadtrat ist ganz anders. Lauter, öffentlicher, der Bevölkerung näher und bekannter, weil die Themenfelder viel weiter sind. Nicht nur Menschen mit Behinderung, Pflegebedürftige, Kultur und Partnerschaften, nein, plötzlich kommen Verkehrsthemen hinzu, Wirtschaftsthemen, das ganz normale tägliche Leben rund um Schwimmbadeintritte, Müllabfuhr, Parknutzung, … . Die Sitzungen sind zahlreicher, die Fraktionsarbeit noch ein Stück intensiver, die Fraktion wesentlich größer und daher zwangsweise nicht so nah in der Zusammenarbeit, da wir viel mehr Spezialisten haben, die sich um ihre jeweiligen Themenfelder bemühen.
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Online-Redaktion