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April, April - Gutes Wetter, schlechtes Wetter

Wetter und klimatische Veränderungen haben die Menschheit schon immer in ihrer Lebensweise beeinflusst und etliche Traditionen entstehen lassen. Ein Seminar vom 1. bis 3. April in Kloster Banz ging den Auswirkungen von Klimaveränderungen und Wetterphänomenen auf das Leben der Menschen in Bayern nach.

Darstellung der Sintflut in der Martinskapelle in Bürgstadt

Darstellung der Sintflut in der Martinskapelle in Bürgstadt

Schon in der biblischen Sintfluterzählung wird den Menschen einerseits vor Augen geführt, dass Wetter eine tödliche Bedrohung darstellen kann. Andererseits erlaubt eine Periode milden Klimas die Ausweitung landwirtschaftlicher Nutzflächen, deren höhere Erträge das Überleben der Menschen erleichtern. Ein Blick in die Geschichte der süddeutschen Region zeigt, dass v.a. die sogenannte "Kleine Eiszeit" zwischen ca. 1300 und 1850 mit ihrem permanenten Wechsel von Klimaextremen die Menschen in immerwiederkehrende Hungersnöte trieb, die wechselweise von Dürreperioden, wiederkehrenden Überschwemmungen und langen, frostreichen Wintern verursacht wurden. In der Vorstellung der Bevölkerung entlud sich in diesen Extremen der Zorn Gottes und sie versuchten, ihn durch Wetterkerzen oder Bittgänge zu besänftigen.

Dr. Inge Weid erläutert die Bedeutung der Wetterkerzen.

Dr. Inge Weid erläutert die Bedeutung der Wetterkerzen.

Auch lassen sich Verbindungen zu Juden- und Hexenverfolgungen herstellen: mangels wissenschaftlicher Interpretationsmöglichkeiten suchten die Menschen nach Sündenböcken und glaubten, sie dort zu finden. 

Dass falsche Einschätzung der Wetterentwicklung auch kriegsentscheidend sein kann, zeigt beispielsweise der Verlauf des Russlandfeldzugs von Napoleon 1812: Die allermeisten französichen Soldaten starben nicht auf dem Schlachtfeld, sondern auf dem Rückzug der Grande Armée von Moskau nach Westen, als der extreme Winter die Armee fast vollständig aufrieb. Zar Alexander hatte sich das Wetter zunutze gemacht und den Todesmarsch der Napoleonischen Streitkräfte just im einsetzenden Winter provoziert.

Der Wetterhahn am Dach zeigt, aus welcher Richtung der Wind weht.

Der Wetterhahn am Dach zeigt, aus welcher Richtung der Wind weht.

Diese sind weltweit verbreitet und lassen sich nach kurzfristigen Beobachtungen ("Morgenrot, Schlechtwetterbot'"), Alltagsregeln und Moralvorgaben ("Der frühe Vogel fängt den Wurm"), Markierungen im Jahreslauf ("Eisheilige") und Anleitungen zur Strukturierung des Jahreslaufs ("Soll das Korn gar üppig stehen, muss man es St. Benedikt säen") klassifizieren. Einige von ihnen greifen auch Lostage auf, wie zum Beispiel der heute noch gerne zitierte Siebenschläfertag. Da Bauernregeln jedoch weder den Wechsel vom julianischen zum gregorianischen Kalender noch regionale Besonderheiten berücksichtigen, war ihr Wahrheitsgehalt nie wirklich hoch. Dennoch hielten die Menschen an ihnen fest. Auch hier bewirkten erst moderne naturwissenschaftliche Erkenntnisse einen rationaleren Umgang mit dem Phänomen Wetter.

Heute stellt sich uns die Frage, ob wir die Bauernregeln nur noch als Elemente der Wissenschaftsgeschichte verstehen sollen oder ob sie Ausdruck einer (oft unerfüllbaren) Sehnsucht nach einem Leben im Einklang mit der Natur sind. In jedem Fall aber sind sie Ausdruck unseres kulturellen Erbes.

Dr. Helmut Groschwitz analysiert Wetterregeln.

Dr. Helmut Groschwitz analysiert Wetterregeln.

Im Zeitalter der Aufklärung begann man mit systematischen Wetterbeobachtungen und -aufzeichnungen. Das bekannteste Beispiel hierfür ist sicherlich der "Hundertjährige Kalender", verfasst vom Abt des Klosters Langheim, Mauritius Knauer, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Nach seiner noch im ptolemäischen Weltbild verhafteten Denkweise war jeweils einer der sieben die Erde umkreisenden Planeten für das Wetter vom 21. März des einen bis zum 20. März des folgenden Jahres verantwortlich. Somit war es seiner Ansicht nach ausreichend, das Wetter in einem Siebenjahreszyklus aufzuzeichnen, um daraus ein Calendarium oeconomicum practicum perpetuum, also einen "immerwährenden Kalender" mit Voraussagen für das Wetter eines Jahres erstellen zu können. Zu dieser Arbeit veranlassten ihn ganz praktische Gründe: das Kloster war nach dem 30jährigen Krieg in einem wirtschaftlich schlechten Zustand und der Abt wollte sich einen Wissensvorsprung zur Ertragssteigerung seiner klösterlichen Landwirtschaft und Viehzucht sichern. Eine weite Verbreitung seiner - regional beobachteten - Wetterdaten lag ihm fern. Dennoch verbreitete sich der Kalender schnell in ganz Europa und wurde unter dem Namen "Hundertjähriger Kalender" bekannt, wobei sich diese Zahl lediglich auf die Übersichtstabelle bezieht, der man entnehmen kann, welcher Planet in welchem Jahr das Wetter beeinflussen wird. Auch wenn man heute längst weiß, dass die Vorhersagen ausschließlich auf Oberfranken ausgelegt waren, erfreut sich der Kalender auch heute noch großer Beliebtheit und ist in der Tradition von Bauernkalendern und Bauernregeln zu sehen.