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Informationen aus dem Innenministerium
Risiko Reisen

Viele Reiserückkehrer infiziert, Positivrate steigt auch insgesamt, R-Wert bleibt unter eins und: Teststationen werden ausgebaut.

+++ Stets aktualisierte Informationen zum Thema Corona finden Sie auf dieser eigens geschaltetten Webseite https://www.corona-katastrophenschutz.bayern.de/ +++

Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration - KIM - Kommunales aus dem Innenministerium vom 27. August 2020

  • Positivrate steigt auf zwischen 0,9 und 1,7 Prozent
  • Fast jeder zweite Neuinfizierte ein Reiserückkehrer
  • Eine gute Nachricht: R-Wert unter 1
  • Ausbau von Teststationen
  • Staatsregierung verspricht Kommunen Unterstützung
  • Testen weiter Herausforderung
Herrmann am Rednerpult. Eindringlich.

Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, für Sport und Integration

Michael Lucan; ©SA 3.0; Wikimedia Commons

Liebe Leserinnen und Leser,

auch der heutige Newsletter beginnt mit einer Betrachtung der statistischen Zahlen und Daten zur aktuellen Corona-Lage in Bayern. Heute, Donnerstag, 27. August 2020, Stand 08:00 Uhr, verzeichnen wir 56.332 bestätigte COVID-19-Infektionen (Vorwoche 54.147). Das sind im Vergleich zum Donnerstag vor einer Woche 2.185 Fälle mehr. Dies bedeutet einen rechnerischen Tagesschnitt von rund 312 Neuinfektionen. Die Vergleichswerte für die beiden vorangegangenen Wochen lagen bei 245 bzw. 121. Mithin hat sich dieser Parameter binnen drei Wochen etwa um den Faktor 2,5 erhöht. Das ist in der Tendenz nicht gut, auch wenn wir die letzte Woche erhoffte Plateaubildung bei einem Tageswert von ca. 300 Neuinfektionen noch halten.

An oder mit einer Corona-Infektion sind in Bayern mittlerweile 2.633 Personen verstorben, das sind im Vergleich zur Vorwoche vier Sterbefälle mehr.

Positivrate steigt auf zwischen 0,9 und 1,7 Prozent

Gerade die Zahlen zu den Neuinfektionen verlangen nach einer vertieften Analyse. Wer oder was prägt die aktuelle Entwicklung?

Wie bereits letzte Woche ausgeführt, leuchten viele Tests das Dunkelfeld besser aus, als dies bei einem geringen Testgeschehen der Fall wäre. Und wir testen wirklich fleißig. Lag im Juni die Zahl der täglichen Tests im Durchschnitt bei unter 20.000, waren es in der letzten Woche 38.000 Tests und der Tagesspitzenwert betrug 48.000 – wohl gemerkt: wir sprechen von Tageswerten. Deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass die absolute Zahl der erkannten Infektionen tendenziell ansteigt. Haben damit Corona-Skeptiker, Impfgegner und Verschwörungsideologen womöglich sogar recht, wenn sie behaupten, die hohen Infektionszahlen seien mittels der Tests gemacht, um als Legitimation zu dienen, die Freiheit der Menschen einzuschränken? Nein, haben sie natürlich nicht. Zum einen schaffen Tests keine Infektionen und infizieren auch niemanden, Tests decken allein ohnehin vorhandene Infektionen auf.

Zum anderen zeigt der Blick auf die Positivrate, dass die steigenden Zahlen nicht allein eine statistische Folge verstärkter Testungen sind, sondern sich das Infektionsgeschehen als solches intensiviert. Die sog. Positivrate sagt aus, wie hoch der Anteil der positiven Testbefunde an der Gesamtzahl der untersuchten Proben ist. Wären die steigenden Infektionszahlen rein testbasiert, würden diese in gleichem Maße steigen, wie mehr getestet wird. Die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Bewegte sich im Juni die Quote der positiven Befunde aller an einem Tag untersuchten Proben zwischen 0,3 und 0,7 Prozent, liegt die Positivrate nach den Feststellungen des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bisher im August zwischen 0,9 und 1,7 Prozent.

Fast jeder zweite Neuinfizierte ein Reiserückkehrer

Diese Testergebnisse bilden die Grundlage für weiterführende Aussagen zu den Gründen des Infektionsanstiegs. Dabei ist der Befund ganz klar: Es sind vor allem die Reiserückkehrer, die das Infektionsgeschehen dominieren. Von den 2.185 Neuinfektionen der vergangenen Woche gehen nachweislich 1.050 und somit knapp die Hälfte der Fälle auf Reiserückkehrer zurück. Noch drastischer ist das Ergebnis, schaut man sich die Zahlen zum aktuellen Hotspot Rosenheim und zwei weiteren Gebietskörperschaften mit hohen Werten näher an. In der Stadt Rosenheim, die aktuell eine 7-Tage-Inzidenz von 50,53 ausweist, haben 84 Prozent der Neuinfektionen einen entsprechenden Hintergrund. Im Landkreis Kelheim mit einer Inzidenzrate von 31,9 gilt dies für 80 Prozent und für die Stadt Ingolstadt, aktuelle Inzidenzrate 30,66, ist für 90 Prozent der Neuinfektionen ein Reisegeschehen ursächlich.

Den Zusammenhang zwischen hohen Neuinfiziertenzahlen und Reiseaktivitäten legt auch der Blick auf die hauptbetroffene Alterskohorte nahe. Es sind die nach ihrem Lebensstil sehr mobilen, feierfreudigen und tendenziell im Vergleich weniger risikobewussten 15 bis 35-Jährigen, die statistisch weit überproportional vertreten sind.

Eine gute Nachricht: R-Wert unter 1

Nun zu überwiegend erfreulicheren Aspekten. Wieder genesen sind heute amtlich ausgewiesen 49.820 (Vorwoche 48.870) Personen oder 950 mehr als vor sieben Tagen. Die Zahl der aktuell mit COVID-19 Infizierten beläuft sich momentan in Bayern auf 3.880 im Vergleich zu 2.650 letzte Woche. Dieser Anstieg hat aber zum Glück kaum Auswirkungen auf die Hospitalisierungszahlen. Diese sind nach wie vor niedrig und damit günstig. Stand heute befinden sich in Bayern 100 Patienten wegen Corona in stationärer Behandlung, von diesen liegen 34 auf einer Intensivstation, von denen wiederum 31 künstlich beatmet werden. Das Gesundheitssystem ist also weiterhin weit davon entfernt, von einem Massenanfall schwer COVID-19-erkrankter Patienten überrollt zu werden.

Die auf den Tag abstellende Reproduktionszahl R, die angibt, wie viele weitere Personen ein Infizierter statistisch ansteckt, ehe er gesundet oder verstirbt, bemisst sich heute entsprechend der mathematischen Betrachtungen des Robert Koch-Instituts auf R=0,99 (nach R=1,27 in der Vorwoche). Der auf einen Betrachtungszeitraum von sieben Tagen abstellende „geglättete R-Wert“ beläuft sich auf R=0,87 nach R=1,35 in der Vorwoche. Beide Werte zeigen sich insoweit wieder deutlich freundlicher, liegen sie doch knapp unterhalb der entscheidenden Marke von 1,0. Damit genesen statistisch aktuell mehr Menschen, als sich neu mit Corona infizieren.

Ausbau von Teststationen

Themenwechsel. Auch in dieser Woche haben wir uns wieder intensiv mit der Einrichtung und dem Betrieb von Teststationen befasst. Dies in zwei unterschiedlichen Ausprägungen. Zum einen geht es um die speziell – aber nicht nur – auf Reiserückkehrer zielenden Teststationen an bedeutenden Verkehrswegen. Diesbezüglich haben das Innen- und das Gesundheitsministerium gemeinsam mit den privaten Betreibern zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um speziell für die an den kommenden beiden Wochenenden zu erwartenden Rückreisewellen personell und organisatorisch gewappnet zu sein.

Die zweite Ausprägung bezieht sich auf die in allen 71 Landkreisen und 25 kreisfreien Städten Bayerns einzurichtenden Testzentren. Nach dem Beschluss des Ministerrates vom 11. August sollen alle Zentren spätestens zum 1. September den Betrieb aufgenommen haben. Dies flächendeckend für ganz Bayern zu leisten, kann nur gelingen, wenn in den Ministerien, bei den Bezirksregierungen und vor Ort bei den Landratsämtern und Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte alle Kräfte mobilisiert und mit größter Kreativität schnell gute Lösungen für bis dahin nicht dagewesene Fragestellungen und Probleme ersonnen werden.

Ganz am Anfang des Prozesses stand eine Grundsatzfrage: Schaffen wir Lösungen, die quasi standardisiert für alle hier in Rede stehenden Gebietskörperschaften identisch aussehen, oder geben wir einen Rahmen vor, der den Verantwortlichen genügend Luft lässt, für die spezifischen Gegebenheiten vor Ort möglichst passgenaue Lösungen maßzuschneidern?

Die erstgenannte Variante hat durchaus Charme, passt doch in einer an allen Einsatzorten identischen Lösung „aus einem Guss“ ablauftechnisch alles zusammen, ist etwa im Austausch von Personal flexibler möglich, ggf. der Betrieb langfristig billiger und in den Arbeitsabläufen leichter optimierbar. Letztlich haben wir uns aber mit voller Überzeugung für dezentrale Strukturen entschieden. Denn erstens lässt uns das Virus schlicht nicht die Zeit, um über ein halbes oder dreiviertel Jahr hinweg etwas völlig Neues zu entwickeln. Das Virus zwingt uns angesichts der steigenden Infektionszahlen, siehe oben, JETZT umfangreich zu testen und nicht erst nächstes Jahr.  

Staatsregierung verspricht Kommunen Unterstützung

Für die Stabilität des Betriebes und die Effizienz der Abläufe ist zum einen die eingesetzte IT-Umgebung entscheidend. Hier wollte ich keine Situation erleben frei nach dem alten Kalauer „Was haben Software und Bananen gemeinsam? Beide reifen erst beim Kunden.“ Deshalb setzen wir auf Lösungen, die bereits im Einsatz sind und stabil laufen, auch wenn das bedeutet, dass etwa für die Erstellung von Statistiken und die Etablierung von Meldewegen etwas mehr Aufwand getrieben werden muss.

Für die Stabilität des Betriebes und die Effizienz der Abläufe ist vor allem aber entscheidend, dass eine klare Verteilung der Verantwortung besteht, die handelnden Akteure ihr Handwerk verstehen und sie sich mit der Aufgabenstellung uneingeschränkt identifizieren, weil sie von der Sinnhaftigkeit des Dienstes am Bürger durchdrungen sind. Dass alle diese Kriterien die Landratsämter und Verwaltungen der kreisfreien Städte uneingeschränkt erfüllen, ist eine der unumstößlichen Gewissheiten der öffentlichen Verwaltung in Bayern. Nicht nur im routinemäßigen Behördenalltag, sondern auch bei schwersten Katastrophen und Krisen haben die hier besonders geforderten Behörden und ihre gewählten politischen Spitzen vielfach ihre Leistungsfähigkeit und ihr Improvisationsgeschick bewiesen.

Dass uns die Regierungen, Landratsämter und Stadtverwaltungen auch dieses Mal nicht im Stich lassen werden, davon konnte ich mich gestern Abend gemeinsam mit Gesundheitsministerin Huml, Gesundheitsstaatssekretär Klaus Holetschek und Staatssekretär Gerhard Eck eindrucksvoll überzeugen. Meiner kurzfristigen Einladung nach Nürnberg zu einer Dienstbesprechung waren mitten in der Haupturlaubszeit alle Regierungspräsidentinnen und -präsidenten bzw. deren Vertreter, zahlreiche Landräte und Oberbürgermeister aus den Reihen des Bayerischen Landkreistages und des Bayerischen Städtetages sowie die Geschäftsführenden Präsidialmitglieder der beiden genannten kommunalen Spitzenverbände gefolgt. Hierbei haben wir für alle Regierungsbezirke den jeweiligen Stand der Umsetzung beraten und erkannte Probleme intensiv und dabei sehr sachlich diskutiert

Die Kernbotschaft lautet: Alle 96 Gebietskörperschaften werden fristgerecht entweder selbst oder gemeinsam mit einem „Nachbarn“ ihr Testzentrum in Betrieb nehmen. Dass hierbei wahrscheinlich sogar bei den meisten bis zum Stichtag intensiv weitergearbeitet und auch in den nächsten Wochen noch vielfach nachjustiert und optimiert werden muss, versteht sich beinahe von selbst. Entscheidend ist, dass alle ihren Bürgerinnen und Bürgern termingerecht ein Testangebot machen können. Besonders gefreut haben mich die Wortmeldungen mehrerer Landräte, die Hinweise und Maßgaben des Innenministeriums seien deutlich und stringent genug, um der Basis zu vermitteln, was die Staatsregierung erwarte, aber auch flexibel genug, um für passgenaue Lösungen den nötigen Freiraum zu verschaffen.

Testen weiter Herausforderung

Natürlich wird es vor allem in den ersten Tagen nach Betriebsaufnahme eine Herausforderung sein, den Zustrom der Probanden von vorne herein so zu kanalisieren, dass es keine größeren Staus und Wartezeiten gibt. Dies umso mehr, als um den Monatswechsel mit der letzten größeren Welle von Rückreisenden zu rechnen ist, und auch das neue Schuljahr dann unmittelbar bevorsteht und sich viele Lehrer und Schüler testen lassen werden. Deshalb kann ich nur an die Verantwortlichen vor Ort appellieren, sich intensiv abzusprechen und die Abläufe zu ordnen und zu planen. 

Heute habe ich gemeinsam mit Landrat Christian Bernreiter, der auch Präsident des Bayerischen Landkreistages ist, das Testzentrum des Landkreises Deggendorf eröffnet. Deggendorf ist damit bei den ersten, die ihr neues Testzentrum in Betrieb nehmen und liegt deshalb perfekt im Zeitplan.

Dass für die Pandemie Staatsgrenzen keine hermetisch wirkenden Hürden darstellen, konnte ich heute mit dem neuen österreichischen Innenminister besprechen. Kollege Karl Nehammer hatte mich zu einem ersten intensiven Gedankenaustausch nach Wien eingeladen und natürlich stand auch bei dieser Gelegenheit die wirksame Bekämpfung der Pandemie im Zentrum aller Betrachtungen. Wir waren uns einig, dass wir uns gerade in einer für den weiteren Verlauf der Pandemie in unseren Ländern entscheidenden Phase befinden. Wenn wir jetzt zu locker sind oder sonst schwere Fehler machen, werden die Probleme im Herbst und Winter erheblich sein. Deshalb denken unsere südlichen Nachbarn u.a. darüber nach, die Maskenpflicht wieder zu verschärfen und wir werden jedenfalls in nächster Zeit keine Lockerungen vornehmen.      

Ich darf zum Schluss kommen. Nachdem es mir heute schwergefallen ist, mich für eine Freude der Woche zu entscheiden, werde ich ihnen beide Sachverhalte vorstellen und zum Ausgleich auf einen Ärger der Woche verzichten.

Die eine Freude der Woche bezieht sich auf den Championsleague-Sieg des FC Bayern München und den damit verbundenen Gewinn des Triples. Wäre es im Sommer nicht gelungen, die Pandemie entsprechend einzudämmen und den ins Stocken geratenen Spielbetrieb in der Bundesliga, im DFB-Pokal und der Championsleague wieder rechtzeitig flott zu bekommen, hätte dieser grandiose, ja historisch zu nennende Erfolg nicht gelingen können. Nochmals herzlichen Glückwunsch an „die Bayern“. Das war absolute Extraklasse!!!!!!

Die andere Freude der Woche bezieht sich auf den oben geschilderten Aufbau der Testzentren. Es erfüllt mich mit großer Freude und auch mit Stolz, mit welchem Einsatzwillen, mit welchem Herzblut und mit welcher Kreativität alle Beteiligten aller Ebenen sich ins Zeug legen, um zum Wohle der Menschen in Bayern das im Ländervergleich intensivste Testkonzept zu einem Erfolg werden zu lassen. Hierfür sage ich allen Beteiligten ein herzliches „Vergelt`s Gott“!

Mit besten Grüßen

Ihr

Joachim Herrmann, MdL
Staatsminister

Leiterin Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Onlineredakion

Susanne Hornberger