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Interview mit Alexandra Gaßmann, Gründerin von „KINDERreich in Bayern“
Ehrenamt erfolgreich managen

Wie bringt man politisches Engagement, Großfamilie und Ehrenamt unter einen Hut? Eine bessere Gesprächspartnerin als Alexandra Gaßmann hätten wir nicht finden können.

Alexandra Gaßmann ist Mutter von neun Kindern im Alter von 11 bis 29 Jahren. Als ob das nicht schon Aufgabe genug wäre, engagiert sich Gaßmann seit Sommer 2016 als Münchner Stadträtin und schon seit 2002 im Bezirksausschuss in München-Laim. Im Stadtrat ist sie im Bildungsausschuss, im Sozialausschuss ist sie Sprecherin.

Freundlich lächelnde Frau mit anpackendem Ausdruck und legerem Flair

Alexandra Gaßmann ist Trägerin der "Bayerischen Staatsmedaille für soziale Verdienste" und der "Pater-Rupert-Mayer-Medaille" des Katholikenrats. 2011 erhielt sie den Preis "München leuchtet". Sie leitet den von ihr gegründeten Verein "KINDERreich in Bayern".

Alexandra Gaßmann

Familie und soziale Gerechtigkeit liegen ihr besonders am Herzen. Dafür ist sie auch schon geehrt worden: Mit der „Bayerischen Staatsmedaille für soziale Verdienste“ erst heuer, mit der „Pater-Rupert-Mayer-Medaille“ des Katholikenrats 2012 und mit „München leuchtet“ 2011. Weil sie sich für Familien engagiert, sitzt sie auch dem Verein „KINDERreich in Bayern“ vor. Ihr Verein vertritt die Interessen aller Familien, speziell kinderreicher gegenüber Gesellschaft und Politik, berät, informiert und fördert den Kontakt. Wir haben mit ihr über ihre Motivation für ihre vielfältigen ehrenamtlichen Aufgaben gesprochen. Und ja, Münchner Stadträtin zu sein, ist ein Ehrenamt.

HSS: Schon mal was von der Hanns-Seidel-Stiftung gehört, Frau Gaßmann?

Alexandra Gaßmann: Selbstverständlich habe ich von den vielfältigen Angeboten der HSS nicht nur gehört, sondern sie auch schon genutzt und kann nur jeden ermutigen dies ebenso zu tun. Überdies habe ich hier bereits viele interessante Menschen kennengelernt und Netzwerke aufgebaut.

HSS: Langweilig ist Ihnen bei Ihren vielen Aktivitäten nie, oder?

Nie, und falls mir wirklich langweilig werden sollte, werde ich bestimmt eine sinnvolle Tätigkeit finden.

HSS: Wann stehen Sie eigentlich auf?

Sehr früh... so gegen 5 Uhr, denn ich brauche morgens einfach ein wenig Anlaufzeit.

HSS: Und wann gehen Sie ins Bett?

Oft sehr spät. Viele Termine finden an Abenden statt, da für Ehrenamtliche neben der Berufstätigkeit nur der Abend für weiteres Engagement bleibt.

HSS: Gelernt haben Sie Arzthelferin – schon mal bedauert, nicht das deutlich geregeltere Arztpraxisleben dem Ehrenamts-Engagement vorgezogen zu haben?

Das Praxisleben ist so geregelt auch wieder nicht. Mein Ehrenamtsengagement habe ich noch nie bereut, da mir immer wichtig war, selbst etwas zu bewegen und nicht immer auf andere zu warten. Getreu dem Motto: „Tue es selbst, dann passt es auch für dich“.

HSS: Wie finden es Ihre Kinder und Ihr Mann, wenn Sie ständig von Termin zu Termin jagen?

Das sollten Sie eigentlich meine Familie fragen! Ich glaube allerdings, dass sie mich gerne öfter zuhause hätten.

HSS: Bleibt da überhaupt Zeit für die Familie?

Familie ist mir das Allerwichtigste. Deswegen werde ich mir immer die Zeit nehmen, um ihren kleinen und großen Bedürfnisse nachzukommen.

HSS: Woraus schöpfen Sie Ihre Herkules-Kräfte um das alles zu meistern?

Meine Kinder stolz auf mich zu machen und für die Anliegen der Menschen nicht nur ein Ohr zu haben, sondern auch was zu bewegen und zu erreichen.

HSS: Und wodurch finden Sie Ihren Ausgleich?

Der Ausgleich findet zuhause statt und wenn Sie es nicht weitersagen: Ich handarbeite, handwerke und koche sehr gerne. Aber Pssst!

HSS: Zum Stadtrat: Was muss in München ganz konkret dringend angepackt werden?

Die wichtigsten Themen sind der Wohnungsbau, hier aber vor allem der bezahlbare. Denn Familien brauchen ein Zuhause, das sie sich leisten können. Zum anderen braucht München ein Verkehrsnetz, das den Menschen und deren Anforderungen gerecht wird und das vor allem zuverlässig ist. Da ich selbst zu 95 % öffentlich unterwegs bin, beobachte ich leider, wie genervt und aggressiv die Menschen mittlerweile geworden sind. Oftmals sind Menschen mit Behinderungen, Mütter mit Kinderwägen, Senioren mit und ohne Rollator die Leidtragenden. Das gefällt mir gar nicht. Das hat auch nichts mehr mit dem Münchner „Grantler” zu tun, der ist einer zum Teil offenen Aggressivität gewichen. Diese Entwicklung können wir nicht dulden und müssen gegensteuern. Ein besseres Angebot und mehr Zuverlässigkeit im ÖPNV entzerrt die Rushhour und entschärft nach meiner Ansicht die oft gespannte Stimmung wegen des Gedränges, wenn Fahrzeuge ausfallen und deswegen oft Überfüllung herrscht.

HSS: Ihre erste Aktion, wenn Sie als Stadträtin auf Listenplatz 24 wiedergewählt werden?

Als erstes würde ich sicherlich mit der Familie (die hilft ja mit) feiern und vor allem DANKE sagen bei all den fleißigen Helfern. Denn allein erreicht man zwar etwas, miteinander aber noch viel mehr.

HSS: Wie läuft Ihr neuer Verein „KINDERreich in Bayern“ an?

Sehr gut. Was mir hier besonders gefällt ist zum einen die hohe Anerkennung von Seiten der Politik und zum anderen der hervorragende Zusammenhalt im Verein. Wir entwerfen z.B. Kurse für Kinder. Das macht richtig viel Spaß. Die Familien sollen profitieren.

HSS: Und welche Ziele verfolgen Sie mit ihm?

Wir sind der Meinung, dass Kinder unsere Gesellschaft reicher machen. Oftmals gestaltet sich das allerdings nicht so leicht. Deswegen wollen wir Familien bessere Zugänge zu den über 150 Familienleistungen des Staates ermöglichen. Hier fehlt den Familien einfach meist der Überblick und auch die Zeit.

Der große Nutzen von Familie, vor allem der von kinderreichen Familien soll für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft klar aufgezeigt und in den verschiedenen Bereichen etabliert werden. Der Nutzen von kinderreichen Familien in Bezug auf die Rente liegt ja klar auf der Hand, aber auch die Vorteile gegenüber der Wirtschaft. Schließlich brauchen kinderreiche Familien nicht nur einen Kindersitz. Hier darf auch mal die Frage an die Politik gestellt werden, ob nun 19% Mehrwertsteuer beim Milchpulver richtig sind im Vergleich zu 7% Mehrwertsteuer beim Fischfutter. Wir wollen in allen Bereichen kritische Fragen stellen und auch Lösungsmöglichkeiten für Probleme mit erarbeiten. Wir wollen, dass man mit uns spricht und nicht nur über uns.

HSS: Liebe Frau Gaßmann, wir wünschen Ihnen viel Glück bei der Kommunalwahl am 15. März 2020 und bedanken uns für das Gespräch.

Auch ich bedanke mich für das Gespräch.

 

Das Interview führte Thomas Reiner für die HSS.

Leiterin Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit, Onlineredakion

Susanne Hornberger