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Gastbeitrag von Marcel Huber, Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz
Umwelt und Natur sind kein Luxus

Natur und Landschaft werden in Bayern positiv wahrgenommen und sind für die Bürger von hohem Stellenwert. Bayern hat seit 1970 das erste Umweltministerium in Europa. Ein weiterer Meilenstein war das Jahr 1984, als Bayern als erstes Bundesland den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in die Verfassung aufnahm. Gleichwohl ist dies im Widerstreit der Interessen oft alles andere als leicht. Umweltschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die uns alle in Verantwortung nimmt: „gemeinsam, freiwillig, erfolgreich“.

Dr. Marcel Huber ist 1958 in Mühldorf am Inn geboren. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Bis 2003 assestierte er am Lehrstuhl für Tierzucht an der LMU München, machte die Promotion zum Dr. med. vet. und arbeitete als Tierarzt. Seit 2003 ist Marcel Huber Vorsitzender des CSU-Kreisverbandes in Mühldorf a. Inn und Mitglied des Bayerischen Landtags. Von 2007-2011 war er Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Im Jahr 2011 wurde er dann Staatsminister und Leiter der Bayerischen Staatskanzlei. In den folgenden Jahren war er Staatsminister für Umwelt, Gesundheit, sowie für Umwelt und Verbraucherschutz. 2014-2018 führte er die Staatskanzlei als Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Sonderaufgaben. Seit März 2018 ist er wieder Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz.

Anlässlich des Jubiläumsjahres „Wir feiern Bayern“ organisierte die Akademie für Politik und Zeitgeschehen einen Erfahrungsaustausch von Politikern, Wissenschaftlern und Verbänden zu „Erfolgsfaktoren für den Umweltschutz in Bayern“, den Umweltminister Dr. Marcel Huber mit einem Vortrag zu dem kooperativen Ansatz der bayerischen Umweltpolitik eröffnete.

Portraitbild von Marcel Huber.

"Stabiles Klima, fruchtbare Böden, sauberes Wasser, reine Luft, schöne Landschaften und artenreiche Natur sind kein verzichtbarer Luxus, sondern unabdingbare Voraussetzung für unser soziales und ökonomisches Wohlergehen." (Dr. Marcel Huber)

Bayerische Staatsregierung; bayern.de/staatsregierung/kabinett/staatsminister-dr-marcel-huber

„Wald, Gebirg und Königstraum“, so definiert die Bayerische Landesausstellung zum 100. Geburtstag des Freistaats den viel beschworenen „Mythos Bayern“. Schon auf den ersten Blick fällt ins Auge: Zwei der drei Charakteristika haben unmittelbar mit bayerischer Natur und Landschaft zu tun!

Umwelt- und Naturschutz sichern Wohlstand und Lebensqualität

Und in der Tat: Bayern definiert sich heute nicht nur über Königsschlösser, Hightechschmieden oder Vollbeschäftigung. Majestätische Berge, kristallklare Seen, rauschende Wälder und blühende Wiesen prägen Bild und Identität unserer Heimat ebenso stark. Und auch das gehört zum bayerischen Selbstverständnis: das erste Umweltministerium in Europa, der erste Nationalpark in Deutschland und eines der ersten modernen Naturschutzgesetze überhaupt.

Denn wir haben eines schon früh verstanden: Stabiles Klima, fruchtbare Böden, sauberes Wasser, reine Luft, schöne Landschaften und artenreiche Natur sind kein verzichtbarer Luxus, sondern unabdingbare Voraussetzung für unser soziales und ökonomisches Wohlergehen. Wir müssen unseren Wohlstand in Einklang bringen mit unseren natürlichen Lebensgrundlagen, heute mehr denn je. Klimawandel und Umweltzerstörung, so das Weltwirtschaftsforum in Davos, sind mittlerweile gefährlicher für Frieden, Stabilität und Wohlstand weltweit als Cyberangriffe und Kriege (Global Risks Report 2018).

Ein kleines Boot läuft bei ziemlicher Windstille auf den spiegelnden See. Berge im Hintergrund.

Franke

  1. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen Gemeinschaft anvertraut. Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt. Mit Naturgütern ist schonend und sparsam umzugehen. Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen und auf möglichst sparsamen Umgang mit Energie zu achten, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und dauerhaft zu verbessern,  den Wald wegen seiner besonderen Bedeutung für den Naturhaushalt zu schützen und eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen, die heimischen Tier- und Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume sowie kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten.
  2.  Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts haben die Aufgabe, die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft zu schützen und zu pflegen, (…).
  3. Der Genuß der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet. Dabei ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen. Staat und Gemeinde sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten und allenfalls durch Einschränkungen des Eigentumsrechtes freizumachen sowie Wanderwege und Erholungsparks anzulegen.
Ein windschiefer Baum klammert sich an einen Felsen an einer Klippe

Am Risserkogel, südlich vom Tegernsee

Franke

Umweltschutz der Zukunft – gemeinsam, freiwillig, erfolgreich!

Mit Umwelt- und Naturschutz eine lebenswerte Zukunft für alle zu sichern, ist also eine Kernaufgabe verantwortlicher Politik für das 21. Jahrhundert. Dazu gibt es einen Kernbestand an Regeln und Vorgaben. Der Staat kann die Aufgabe jedoch nicht alleine lösen. Er braucht dazu den Rückhalt in der Gesellschaft. 

Zukunftsfähige Umweltpolitik muss die Menschen mitnehmen. Sie muss ihre Standpunkte und Ziele immer wieder erklären und Diskussionen versachlichen. Sie muss in der Lage sein, konsensfähige Lösungswege zu finden. Denn auch im Umwelt- und Naturschutz gibt es nie nur einen einzigen Weg zum Ziel. Die Herausforderung der modernen Welt ist gerade, Ökologie und Ökonomie intelligent zusammenzubringen. Und die gesellschaftliche Identifikation mit dem Umwelt- und Naturschutz wächst in dem Maße, in dem wir Betroffene aktiv mit einbinden. Der kooperative und freiwillige Ansatz gehört in Bayern seit jeher zur umweltpolitischen „DNA“. Unser Credo heißt: „gemeinsam, freiwillig, erfolgreich“!

Naturreichtum für Bayerns Zukunft

Zum Beispiel im Naturschutz. Hier geht es aktuell darum, das Verschwinden unserer Insekten zu stoppen. 40 Prozent der Insekten in Bayern gelten inzwischen als ausgestorben oder stark gefährdet [Insektenbericht des Bayerischen Landesamtes für Umwelt]. Das ist auch für uns Menschen fatal! Allein Honig- und Wildbienen bestäuben über zwei Drittel unserer Nahrungspflanzen. Diese Leistung der Natur ist deutschlandweit 4 Milliarden Euro pro Jahr wert: Artensterben macht uns also in doppelter Hinsicht arm. 

Naturreichtum dagegen sichert Zukunft – deshalb investieren wir jedes Jahr fast 70 Millionen Euro in Naturschutz und Landschaftspflege. Wir bauen ein neues Bayerisches Artenschutzzentrum als wissenschaftliche Firewall auf. In der Rhön, im Spessart, an der Donau und im Oberallgäu entstehen weitere Zentren, die in den jeweiligen spezifischen Lebensräumen vom Fluss bis zum Hochgebirge zum Erhalt und zur Förderung bedrohter Pflanzen und Tiere beitragen. 

Und wir aktivieren die hoch engagierten Kräfte des gesellschaftlichen Naturschutzes in Bayern, zum Beispiel mit dem neuen Blühpakt für unsere Insekten. Hand in Hand mit Landschaftspflegeverbänden, haupt- und ehrenamtlichen Naturschützern, Kommunen und Bürgern wollen wir unsere Städte, Landkreise und Gemeinden zum Blühen bringen – gemeinsam, freiwillig, erfolgreich! Und mit der Landwirtschaft kümmern wir uns um die Artenvielfalt in der Feldflur. Das Instrument dazu ist der bayerische Vertragsnaturschutz. Aktuell haben wir zum Beispiel über 18.000 landwirtschaftliche Betriebe, die mehr als 90.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche freiwillig naturschonend bewirtschaften.

Gutes Klima für ein lebenswertes Bayern

Praktischer Umweltschutz gemeinsam mit den Menschen sichert Zukunft – das könnte auch als Überschrift über meinem zweiten Thema stehen, Klimaschutz. Der Klimawandel ist eine Tatsache von globalem Ausmaß, die auch uns in Bayern betrifft: Die Luft bei uns erwärmt sich schneller als anderswo. Bis zum Ende des Jahrhunderts drohen dramatische 3,6 Grad plus – eine extreme Belastung für Umwelt und Menschen, eine enorme Herausforderung für unsere Wirtschaft und Landwirtschaft. 

Bayern bleibt deshalb konsequent am Klima-Ball. Mit unserem Klimaschutzprogramm 2050 investieren wir allein im laufenden Doppelhaushalt 190 Millionen Euro für Einsparung von Treibhausgasen, die Anpassung an Klimafolgen und eine hochkarätige Klimaforschung. Bis 2050 wollen wir die Treibhausgase in Bayern auf unter 2 Tonnen pro Einwohner und Jahr senken. Dazu setzen wir beispielsweise auf die energetische Sanierung von Gebäuden – hier haben wir die größten Potenziale für effektiven Klimaschutz und können zugleich die heimische Wirtschaft ankurbeln. Und wir renaturieren Moore als wichtige natürliche Kohlenstoffspeicher. Dadurch konnten wir die Atmosphäre seit 2008 bereits um 87.000 Tonnen CO2-Äquivalente entlasten. 

Und auch im Klimaschutz bauen wir erfolgreich auf gesellschaftliches Umweltengagement: Im Umweltpakt Bayern kümmern wir uns gemeinsam mit mehr als 2.000 Partnern aus der bayerischen Wirtschaft um Energieeffizienz und Klimaschutz in unseren Unternehmen. Und die Bayerische Klima-Allianz mit aktuell 43 Partnern ist unser gesellschaftliches Wurzelwerk für praktischen Klimaschutz im Alltag – zum Beispiel in Kirchengemeinden oder Sportvereinen. 

Wir brauchen diesen breiten gesellschaftlichen Ansatz. Denn je mehr Treibhausgase wir aus der Atmosphäre fernhalten, desto leichter stemmen wir die zweite Hauptaufgabe beim Klimaschutz: die Anpassung an bereits heute spürbare Folgen des Klimawandels, wie zum Beispiel Hochwasser oder Starkregen. 3,4 Milliarden Euro investieren wir bis 2020 für klimagerechten Hochwasserschutz und in die Vorsorge gegen Überschwemmungen durch Starkregen. Doch auch das gelingt nur, wenn alle Beteiligten mitziehen. 

Klimawandel heißt aber nicht nur „zu viel Wasser“. In heißen Sommern werden wir weniger Niederschläge haben – mit der Folge niedriger Grundwasserstände. Hier setzen wir mit einem bayernweiten Aktionspaket „Grundwasserschutz in der Fläche“ oder mit Konzepten für nachhaltige landwirtschaftliche Bewässerung an. Und wir kümmern uns um die Wasserqualität. Dazu haben wir einen bayerischen Wasserpakt geschlossen mit dem Ziel, die Gewässerqualität mit freiwilligen Maßnahmen zusätzlich zu verbessern. Insgesamt investieren wir für den Gewässerschutz 1,2 Milliarden Euro – für beste Wasserqualität für Mensch und Natur in Bayern! 

Umweltpolitik in Bayern – für Menschen, Umwelt und Natur!      

Die bayerische Umweltpolitik hat Naturschätze und Umweltgüter im Fokus, aber den Menschen im Mittelpunkt: Ohne reine Luft, sauberes Wasser, artenreiche Natur und fruchtbare Böden werden wir auf Dauer weder Lebensqualität noch Wohlstand in Bayern erhalten können. Die Sorge für Natur und Umwelt ist dabei eine zentrale staatliche Verantwortung der Daseinsvorsorge, die Bayern ambitioniert wahrnimmt.

Zugleich aber gehen Natur und Umwelt die gesamte Gesellschaft an – dies spiegelt sich in erfolgreichen kooperativen Politikmodellen wie Vertragsnaturschutz, Umweltpakt oder Klima-Allianz. Dieser Politikansatz wird in Bayern auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Eine Verantwortungsgemeinschaft aus Staat und Bürgern arbeitet hier Hand in Hand für ein Bayern, das auch in Zukunft ökonomisch erfolgreich und zugleich ökologisch lebenswert bleiben soll.

Autor: Dr. Marcel Huber

Umwelt und Energie, Städte, Ländlicher Raum
Silke Franke
Leiterin