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HSS-COVID-Studie wird in Berlin vorgestellt
"Africa First!"

Dr. Jakkie Cilliers, Autor des Buches „Africa First! – Igniting a Growth Revolution“, hat die Ergebnisse einer ersten umfassenden Langzeitvorhersage über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf dem afrikanischen Kontinent Mitgliedern des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (AWZ) vorgestellt.

Die Afrikanische Union (AU) wird im kommenden Frühjahr gemeinsam mit Vertretern der EU die AU-EU-Strategie angesichts der Corona-Pandemie neu ausrichten. Das gab dem Besuch des Zukunftsforschers, Dr. Jakkie Cilliers, beim Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit (AWZ) des Deutschen Bundestags in Berlin besondere Aktualität. Der Afrika-Experte und Gründer des Think-Tanks „Institute for Security Studies“ (ISS) aus Pretoria/Südafrika präsentierte Mitgliedern des AWZ die Ergebnisse der ersten umfangreichen und aktuellen Studie zu den sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie in Afrika, die von der Hanns Seidel Stiftung unterstützt wurde. Das Gespräch wurde vom Vorsitzenden des Ausschusses, Bundesminister a.D., Dr. Peter Ramsauer, MdB, geleitet.

Cilliers Gesicht in Großaufnahme. Dynamisch, voller Energie. Er lächelt.

Dr. Cilliers forscht zur Zukunft Afrikas. Bis 2015 war er Direktor des Instituts for Security Studies (ISS), das er 1990 mitbegründet hat. Heute ist er Vorsitzender des Vorstands des ISS und Leiter des African Future & Innovation Programmes des Institutes in Pretoria. Als Afrika-Experte spricht er regelmäßig auf Konferenzen und Seminaren überall auf Welt und als Kommentator im lokalen und internationalen Radio und Fernsehen.

©ISS

Fazit: Insgesamt wiegen die wirtschaftlichen Folgen der Eindämmungsmaßnahmen in Afrika schwerer als die gesundheitlichen Folgen der Covid-19 Pandemie. Die meisten Experten hatten mit höheren Todeszahlen gerechnet. Auch die befürchtete Überlastung der Gesundheitssysteme ist ausgeblieben. Ob dies dem beherzten Eingreifen vieler afrikanischer Regierungen zu verdanken ist oder ob die junge Bevölkerungsstruktur für den bislang eher glimpflichen Verlauf der Pandemie verantwortlich ist, klar ist: Millionen Menschen auf dem Kontinent haben ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren. Viele Entwicklungsfortschritte des vergangenen Jahrzehnts sind zunichte gemacht worden.

Auf die gravierenden sozio-ökonomischen Folgen der Pandemie in Afrika wird auch die derzeit neu formulierte EU-AU Partnerschaft Antworten finden müssen, so Cilliers. Um diese abzufedern, sprach er sich für vier zentrale politische Empfehlungen aus:

  1. Ein Schuldenerlass für besonders betroffene Nationen Afrikas, um drohende Schuldenkrisen abzuwenden. Cilliers wünscht sich hierbei nicht nur die Unterstützung der EU, sondern plädiert für einen Zusammenschluss der G20 Staaten, inklusive China.
  2. Intensive Investitionen in die Gesundheitssysteme. Auch der Zugang zu Sanitäranlagen müsse verbessert werden.
  3. Unterstützung für eine vorausschauende Planung beim Ausbau der Infrastruktur. Momentan werde angesichts rapiden Bevölkerungswachstums und Urbanisierung ständig dem Bedarf hinterhergebaut. Stadt- und Infrastrukturplanung müssten vorausschauend konzipiert werden.
  4. Europa sollte außerdem dabei helfen, die Volkswirtschaften Afrikas umzugestalten, die häufig noch stark vom Export von Rohstoffe abhängen. Ein größerer Teil der Wertschöpfung müsse in den Ländern Afrikas selber stattfinden.
Cilliers und Raumsauer in einem hohen Raum mit Säulen im Hintergrund. Ramsauer hält das Buch in der Hand. Beide lächeln.

Jakkie Cilliers (links) mit dem Vorsitzenden des AwZ, Dr. Peter Ramsauer, MdB, im Paul-Löbe-Haus in Berlin.

©HSS

Landwirtschaft, Demographie, Binnenhandel

Cilliers ging außerdem auf eine Reihe weiterer Bereiche ein, in denen ein grundsätzlicher Wandel stattfinden müsse, um die langfristige Entwicklung Afrikas sicherzustellen und zu beschleunigen. Diese werden in seinem aktuellen Buch, Africa First!, das ebenfalls von der Hanns Seidel Stiftung unterstützt wurde, ausführlich beschrieben.

Unter anderem wären eine Modernisierung der Landwirtschaft, eine Senkung der Geburtenraten, die Ankurbelung innerafrikanischen Handels und die aktive Nutzung moderner Technologien notwendig, damit der Kontinent zu der Entwicklung anderer Weltregionen langsam aber sicher aufschließen könne.

Deutsche und europäische Entwicklungszusammenarbeit sollten sich seiner Ansicht nach auf Ausbildungskompetenz, Techniktransfer und die Förderung afrikanischen Unternehmertums konzentrieren. Die Weiterentwicklung der initiierten afrikanischen Freihandelszone könnte einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung des Kontinents nach der COVID-19-Pandemie leisten. 

Gleichzeitig machte Cilliers deutlich, dass Afrika nicht zum „Spielball“ im Handelskrieg zwischen Amerika, dem Westen und China werden dürfe. Als Gemeinschaft wäre die EU immer noch größter Handelspartner Afrikas, betonte er. Gemeinsamkeiten wie Sprachen, Geschichte und Zeitzone würden die beiden Kontinente verbinden und eine Zusammenarbeit erleichtern.

Autorin: Marlene Barnard, HSS

Die Ergebnisse der HSS-COVID-19-Studie können Sie sich hier im Video ansehen.

Eine Zusammenfassung von Africa First! in deutscher Sprache ist hier erhältlich.

Lesen Sie auch unseren letzten Artikel zum Thema Afrika und Covid-19 vom Juni!

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Marlene Barnard
Senior Project Officer