Print logo

Besserer Frauen- und Opferschutz in Indien
Neues Konzept für Karnataka

Gewalt gegen Frauen – ein Thema, auf das man fast täglich beim Durchblättern indischer Zeitungen stößt. Der Rechtsschutz für Frauen besteht zumeist nur auf dem Papier, Polizei und Staatsanwaltschaft werden meist als Teil des Problems denn als Lösung betrachtet. Daher unterstützt die Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) Programme zum Frauen- und Opferschutz in Indien.

Vipul Kumar diskutiert mit indischen Polizisten und Staatsanwälten

Vipul Kumar diskutiert mit indischen Polizisten und Staatsanwälten

HSS

Sieben Tage die Woche müsse sie im Einsatz sein, sagte Radhika. Als leitende Polizeibeamtin steht sie einem Distrikt vor und hat die Verantwortung über sieben Bezirke und 1,8 Millionen Einwohner. Die Jüngste von drei Geschwistern ist in ihrer Familie die einzige Polizeibeamtin. Sie gehört zu den 6,6 Prozent weiblicher Polizeibeamten im indischen Bundesstaat Karnataka. Die Mutter einer zweijährigen Tochter erläuterte vor 35 Kollegen, wie Frauen in Indien systematisch kulturell und gesellschaftlich benachteiligt würden.
Sie präsentierte die Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppe in einem Workshop über Frauen- und Opferschutz in der Polizeiakademie des indischen Bundesstaat Karnataka, einer Partnerregion Bayerns.

Die Hanns-Seidel-Stiftung unterstützt dort die Polizei, damit diese bürgernäher und sensibler im Umgang mit Frauen und Opfern sexueller Gewalt wird. Noch immer sind Frauen in starren Rollen gefangen und häufig Opfer körperlicher und sexueller Straftaten. So werden etwa Streitigkeiten um die Mitgift an den jungen Ehefrauen ausgelassen, unabhängig von der Gesellschaftsschicht. Die meisten häuslichen Straftaten werden nicht zur Anzeige gebracht, weibliche Föten werden gezielt abgetrieben, Hier reicht es nicht aus, sich auf den (relativ umfangreichen) Rechtsschutz zu verlassen. Die Polizei muss diesen auch anwenden.

Engagiert arbeiten die Teilnehmer an dem neuen Konzept für besseren Opferschutz

Engagiert arbeiten die Teilnehmer an dem neuen Konzept für besseren Opferschutz

HSS

Ergebnis des Workshops

Bernhard Egger, Leitender Kriminaldirektor beim Landeskriminalamt Bayern und Heike Krämer, Kriminalhauptkommissarin beim Polizeipräsidium Mittelfranken in Nürnberg, leiteten den Workshop Anfang Dezember 2017. Sie unterstützten mit ihrer Expertise 38 Polizisten in Karnataka dabei, für ihren Bundesstaat ein Konzept zum Frauen- und Opferschutz zu erarbeiten. Die Kenntnis der deutschen Experten war gefragt. In interaktiven Sitzungen wurden Antworten gesucht und Ideen für eine Verbesserung der Lage gesammelt. So waren die Teilnehmer besonders an diesen Themen interessiert: Wie schnell werden Anzeigen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet? Kann die bayerische Polizei auch auf Verdacht aktiv werden, wenn Kinder beteiligt sind? Wie werden Zeugen vor äußerer Einflussnahme geschützt?
Frauen- und Opferschutz ist ein Teil des Konzepts der bürgernahen Polizei, erklärte Egger. Die Polizei sei ein Dienstleister, dessen Service die meisten Bürger nur ein einziges Mal benötigten. Darum sei bei jeder Interaktion mit dem Bürger Sensibilität gefragt.

Die indischen Teilnehmer interessieren sich sehr für den Erfahrungsaustausch mit Heike Krämer und Bernhard Egger

Die indischen Teilnehmer interessieren sich sehr für den Erfahrungsaustausch mit Heike Krämer und Bernhard Egger

HSS

Weitere Aktionen sind geplant

Generalinspektor und Leiter der Polizeiakademie in Karnataka, Vipul Kumar, war stolz auf das Resultat und die Teilnehmer des Workshops: „Dies ist euer eigenes Produkt“.
Das neue Konzept zum Frauen- und Opferschutz soll bald in ganz Karnataka verpflichtend werden. „Bayern hat ein eigenes Gesetz zum Frauen- und Opferschutz – warum nicht wir?“, so Superintendentin Savitha Hoogar, Direktorin einer Polizeischule. Mit diesem Workshop wurde die Zusammenarbeit zwischen dem Freistaat Bayern und dem indischen Bundesstaat Karnataka vertieft.

Viele weitere praktische Maßnahmen sollen folgen. Karnataka ist an einem flächendeckenden Programm und einer praxisnahen Ausbildung seiner Polizeikräfte interessiert. Die HSS unterstützt den Austausch mit der bayerischen Polizei. Gleichzeitig werden an unterschiedlichen Orten in Karnataka Seminare für Bürger und Polizisten über Menschenrechte sowie Frauen- und Opferschutz durchgeführt. Karnataka hat große Herausforderungen zu meistern – gerade im Vergleich mit Bayern: „Wir müssen uns stärker anstrengen“, brachte es Vipul Kumar zum Abschluss des Workshops auf den Punkt. Man habe im Austausch mit der bayerischen Polizei Anregungen aufgenommen, die sofort umsetzbar seien, wie etwa die Einbindung der Staatsanwaltschaft beim Schutz von Opfern.
Auch Radhika nahm einige Ideen für ihren Distrikt mit. „Opferschutz ist dringend notwendig, damit Frauen Vertrauen in das Justizsystem zurückgewinnen.“
Radhika musste sich verabschieden: In ihrem Distrikt wurde ein Polizist wegen sexueller Belästigung angezeigt.