Mit der Verabschiedung der Globalen Nachhaltigkeitsziele in New York und dem Klimavertrag in Paris ist 2015 das Entwicklungsjahr. Im Entwicklungspolitischen Forum am 17. Dezember 2015 gingen wir der Frage nach, wie die Ergebnisse des Klimagipfels zu bewerten sind: Wie weitreichend und verbindlich sind die Beschlüsse? Welche Hoffnungen sind damit verbunden? Mit auf dem Podium waren auch Vertreter aus Südostasien, die schilderten, welche Bedeutung der Klimawandel für sie hat.
„Der Klimawandel gehört zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Täglich konfrontieren uns Nachrichten, Dokumentationen und Interviews mit den Auswirkungen. Die klimabedingte Migration, die vor allem die Entwicklungsländer betreffen wird, ist keine Zukunftsvision mehr, sondern Realität.“ In ihren Begrüßungsworten machte Dr. Susanne Luther, Leiterin des Instituts für Internationale Zusammenarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung, den Ernst der Lage deutlich.
Wie ist vor diesem Hintergrund der Ausgang der UN-Klimakonferenz von Paris (COP21) zu bewerten? Dr. Susanne Dröge, ausgewiesene Expertin in der internationalen Klimapolitik, lieferte hierzu einen prägnanten Überblick. Für sie ist das Abkommen ein beachtlicher klimadiplomatischer Erfolg, denn immerhin mussten sich 195 Vertragsstaaten einigen - und es ist ihnen gelungen! Anders als im Kyoto Protokoll, wird nun von allen Staaten ein Beitrag abverlangt, auch von den Entwicklungsländern. Die Ratifizierung soll ab April 2016 erfolgen. Das Abkommen tritt in Kraft, sobald wenigstens 55 Staaten, die für mindestens 55 % der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, unterzeichnet haben.
Die 32 Seiten, die das Dokument umfasst, sind durchaus substanzreich. Während der erste Teil auf die Beschlüsse verweist, ist das eigentliche Übereinkommen (Paris Agreement) im Anhang niedergelegt. Dröge fasste den Inhalt in zehn Punkten zusammen:
So lautete das Fazit von Dröge: „Das Abkommen ist ambitioniert. Es bindet Industrie- und Entwicklungsländer ein und schafft eine gute Balance zwischen Klimaschutz und Klimaanpassung. Durch die regelmäßige Überprüfung der selbstgesteckten Ziele ist nun endlich eine Verstetigung eingebaut. Das öffentliche Interesse an dieser Bilanz wird sicherlich beflügelnd wirken. Doch zunächst kommt noch der schwierige Teil, nämlich die konkrete Ausgestaltung“. Genau hierauf bezogen sich auch die Anmerkungen aus dem Publikum, die auf die Lücken des Vertrages hinwiesen, etwa mangelnde Verbindlichkeit oder das Fehlen von Regulierungsmechanismen z.B. in Landwirtschaft und Verkehr, die zu den größten CO2-Verursachern gehören.
Für Frank Fass-Metz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verlief Paris „besser als erwartet“. Das Motto „Die Industrieländer gehen voran, die Entwicklungsländer folgen entsprechend ihren Fähigkeiten und mit finanzieller sowie technologischer Unterstützung“, unterstreicht die Arbeit des Ministeriums. Fass-Metz: „Wir werden die Klimaziele nicht erreichen, wenn wir die Entwicklungsziele nicht erreichen“. Deutschland hat ein Signal gesetzt, indem es die finanziellen Mittel von zwei Milliarden in 2014 auf vier Milliarden in 2020 verdoppelt. Zur konkreten Unterstützung vor Ort gehören Aufforstungsmaßnahmen und Anlagen für erneuerbare Energien, aber auch die Initiierung einer Klimarisikoversicherung oder die Beratung bei der Formulierung von nationalen Klima-Aktionsplänen, berichtete Fass-Metz aus seiner Praxisarbeit.
Wie stellt sich die Situation für Länder in Südostasien dar – eine Region, die vom Klimawandel besonders betroffen ist?
Vietnam, schilderte Prof. Dr. Chinh Nguyen The, ist Vertragsstaat der COP21 und sieht sich in der Verantwortung, etwas beizutragen. So gibt es beispielsweise Aufforstungsprogramme. Große Chancen sieht Chinh in dem Aufbau einer Grünen Wirtschaft (Green Economy) durch internationale Zusammenarbeit. Seine Vision: ökologisch angebaute und qualitative hochwertige landwirtschaftliche Erzeugnisse aus den Tropen. Auch im Bereich erneuerbare Energien sind Potenziale vorhanden, wobei sich Chinh eine stärkere Kooperation mit den Nachbarländern wünscht.
Laos ist wirtschaftlich bislang noch stark von Landwirtschaft geprägt, daneben spielt der Abbau von Bodenschätzen eine Rolle, oft mit negativen Folgen für die Böden. „Natürlich“, so Ousavanh Thiengthevongsa, „könnten wir einfach nichts tun und im Einklang mit der Natur leben, wir haben viele Naturschutzgebiete und eine geringe Bevölkerungsdichte. Aber wir wollen auch an der Entwicklung teilhaben, an der Modernisierung und Technisierung. Und wir wollen das gerne umweltfreundlich machen, aber dazu wir brauchen Unterstützung“. Dass nicht jede Investition von außen nur positiv ist, zeigen die Monokulturen, die dabei in der Landwirtschaft entstanden sind und nun die Biodiversität beeinträchtigen. Lieber sehe er es, wenn Deutsche in dem Land Urlaub machten und Bioprodukte förderten.
In beiden Ländern ist die Hanns-Seidel-Stiftung mit Projekten im Klimaschutz präsent. In Laos konzipierte und verbreitete die Stiftung Lehrmaterialien für Mittelschulen u.a. zu den Themen Biodiversität und Klimawandel in Zusammenarbeit mit dem laotischen Umwelt- und Bildungsministerium. In Vietnam fördern wir gemeinsam mit unserem Partner ISPONRE den Gesetzgebungsprozess im Bereich Klimaschutz und –anpassung. Mehr dazu unter diesem Link.
Zu den weiteren Fragen aus dem Publikum zählte die Sorge, wie lange das positive Signal von Paris wohl anhalten mag und ob das 2°- Ziel überhaupt realistisch sei. Nach Einschätzung von Dröge ist durch die Finanzierungsverpflichtung, die Berichtspflichten und durch die Vorreiterrolle einzelne Staaten, zu denen auch etwa Frankreich und Großbritannien gehören, ein gewisser Druck da. Von großer Bedeutung ist die Haltung der USA. Eine Sorge bereitet ihr daher, welche Folgen die Präsidentschaftswahlen 2016 mit sich bringen werden.
Unsere Redner
Weitere Informationen:
Das nächste Entwicklungspolitische Forum findet zum Thema „Föderalismus und Entwicklung“ am 1. März 2016 statt.