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Heilige Zeiten – Welche religiösen Feste feiern Menschen in Deutschland?
Teil V: Das Pfingstfest

Das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens gelingt umso besser, je mehr wir voneinander wissen. In einer kleinen Reihe wollen wir Unwissen mit Wissen begegnen und neugierig machen auf verschiedene Feste, die in Deutschland gefeiert werden. Heute: Das Pfingstfest.

Von Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., wird der Satz überliefert: „Es gibt so viele Wege zu Gott, wie es Menschen gibt.“ Ausdruck dieser vielen Wege ist eine bunte Vielfalt religiöser Feste, die Menschen auf ihren Wegen zu Gott in ihren jeweiligen religiösen Gemeinschaften feiern. Auch bei uns in Deutschland, hier in Bayern.

Nun ist das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlichen Glaubens keine Selbstverständlichkeit. Das zeigt ein Blick in viele Länder dieser Erde. Es wird aber auch deutlich, dass das friedliche Zusammenleben besser gelingt, wenn mehr Menschen über den Glauben anderer Bescheid wissen. Denn Unwissenheit weckt Angst und schürt Vorurteile.

Dem will die Hanns-Seidel-Stiftung vorbeugen, in dem sie in loser Folge religiöse Feste vorstellt und erklärt, was und warum es gefeiert wird. Dafür haben wir Vertreter der verschiedenen Glaubensrichtungen gebeten, uns von ihren Festen zu erzählen.

Im fünften Teil unserer Reihe über religiöse Feiertage geht es um das Pfingstfest. Christen auf der ganzen Welt gilt das Fest der Sendung des Heiligen Geistes als Geburtsfest der Kirche. Mit ihm endet nach 50 Tagen die Osterzeit. Dementsprechend leitet sich der Begriff Pfingsten auch vom griechischen Wort „pentekoste“, der fünfzigste Tag, ab.  

An diesem Tag waren Juden aus allen Landesteilen und der Diaspora, darunter Römer, Ägypter, Kreter oder Araber, anlässlich des jüdischen Festes Shavuot in Jerusalem zusammengekommen. Sie wurden Zeugen der Ausgießung des Heiligen Geistes auf die ebenfalls anwesenden Apostel und Jünger Jesu Christi. Im 2. Kapitel der Apostelgeschichte im Neuen Testament der Bibel heißt es dazu:

„Als der Pfingsttag gekommen war […] kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt […]. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. […] Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden.“  

Bundesministerin a.D. Annette Schavan

Bundesministerin a.D. Annette Schavan

Laurence Chaperon

Eine Deutung dieses Pfingstwunders gibt uns die frühere Bundesbildungsministerin und Botschafterin Annette Schavan, die auch katholische Theologie studiert hat:

„Die Kirche hat am Pfingsttag begonnen. An diesem Tag hat sie sich für kulturelle Vielfalt entschieden.“ –  Dieses Wort von Papst Franziskus weist auf eine Stärke der Weltkirche hin, die uns am Pfingstfest bewusst werden kann: Die Kirche ist auf den fünf Kontinenten präsent, und sie ist kulturell vielfältig.

Die Apostelgeschichte berichtet, dass viele aus der Stadt wegen eines Sturms zusammenkommen. Sie machen dann eine überwältigende Erfahrung: Jeder spricht in seiner Sprache und alle verstehen einander. Das hat es noch nie gegeben. Da bricht eine neue Zeit an, die das Ende aller Uniformität bedeutet.

So ist das seit 2.000 Jahren: Es sprechen nicht alle die gleiche Sprache. Es setzen nicht alle die gleichen Prioritäten. Es sind in der Geschichte der Weltkirche immer wieder neue Wege gegangen und neue geistliche Traditionen begründet worden. Immer beginnt das Neue damit, dass Menschen sich bewegen lassen, weil sie den Reichtum der Tradition so gut kennen, dass sie Vielfalt und Neues wagen können. Kulturelle Vielfalt gehört zum Fundament der Kirche, das deshalb auch fest verankert bleibt in den Stürmen der Jahrhunderte.

Jetzt ist wieder so eine Zeit, in der wir spüren, in einer Zeitenwende zu leben, die uns umtreibt und stürmisch wirkt. Es ist eine Zeit, in der möglichst bald an die Stelle wachsender Empörungsrhetorik in Gesellschaft und Kirche die Kraft einer gelassenen Zukunftsorientierung wirksam werden sollte, die unsere Prioritäten auf ihre Tragfähigkeit hin prüft und dem pfingstlichen Geist traut, der Neues schafft.

Als Fest im Kirchenjahr wurde das Pfingstfest erstmals im Jahr 130 erwähnt. Heute wird es weltweit von 2,3 Milliarden Menschen gefeiert.

Wie Weihnachten und Ostern hat das Fest in Deutschland zwei Feiertage, die mit festlichen Gottesdiensten begangen werden. Auch wenn Liturgie und Brauchtum des Pfingstfestes bei weitem nicht so ausgeprägt sind wie dies in der Advents-, Weihnachts-, Fasten- und Osterzeit der Fall ist, so existieren in vielen Regionen doch spezielle Pfingstbräuche, die große Ähnlichkeit mit dem Maibrauchtum aufweisen. So machen sich in der Pfingstnacht mancherorts Junggesellen auf, um ihrer Liebsten eine Birke an die Hauswand zu stellen.

Als Pfingstsymbol gilt vor allem die Taube als Sinnbild für die dritte Person der göttlichen Dreieinigkeit, aber auch Feuerzungen und die Pfingstrose.

Gesprächspartnerin: Bundesministerin a.D. Annette Schavan war unter anderem 2014 bis 2018 Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl.